Die Entbindung von Schweigepflichten berühre den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in seiner Ausprägung als Recht der informationellen Selbstbestimmung. Die Selbstentfaltung des Einzelnen soll dadurch gewährleistet werden, dass er selbst über Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten bestimmte. Die Ungewissheit über die Verwendung und den Verbleib von Informationen könne zu Selbstbeschränkungen bis zum Verzicht von Grundrechtsausübung führen. Die Frage nach einer unangemessenen Benachteiligung bei der Kontrolle von AVB gem. § 9 AGBG/§ 307 BGB könne deshalb nur unter Erwägung dieses Rechts beantwortet werden.
In Anbetracht der Disponibilität dieses Grundrechts sei staatlicherseits Zurückhaltung bei der Durchsetzung angezeigt. Insoweit sei grundsätzlich jede privatautonome Entscheidung als Ausdruck der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG zu respektieren. Eine solchermaßen getroffene Entscheidung schließe als Grundrechtsverzicht bereits den Grundrechtseingriff aus. Aus der Parteienentscheidung sei in der Regel auf einen sachgerechten Interessenausgleich zu schließen bei dem beiderseits die Grundrechte in einem angemessenen Verhältnis zueinander zur Entfaltung gekommen seien. Insoweit sei eine gerichtliche Korrektur, die notwendig die allgemeine Handlungsfreiheit beider Kontrahenten einschränken würde, unzulässig.
Die Bedingungen der freien Selbstbestimmung als Voraussetzungen der Privatautonomie müssen jedoch tatsächlich vorliegen. Erst das Fehlen dieser Bedingungen ermöglicht die gerichtliche Überprüfung der proportionalen Entfaltung von Grundrechten innerhalb von Verträgen, denn dann liegt ein Eingriff vor. Die grundsätzlich verwehrte Kontrolle wandelt sich zu einer Schutzpflicht, wenn einer der Vertragspartner angesichts erheblich ungleicher Verhandlungspositionen den Vertragsinhalt faktisch einseitig bestimmen kann.
Zu dieser Einschätzung kam das BVerfG hier. Die grundsätzliche Selbstbestimmung habe sich zu einer Fremdbestimmung durch den Versicherer verkehrt. Die Vertragsbedingungen würden nicht zur Disposition gestellt. Zudem gebe es bezüglich der datenschutzrechtlichen Vertragsbedingungen zwischen den Versicherern keinen Wettbewerb, so dass sich dem Verbraucher keine Alternative biete.
Diese Wertung verwundert schon im Ansatz; denn es besteht insbesondere keine gesetzliche Pflicht, das Risiko der Berufsunfähigkeit zu versichern. Daher behilft sich das BVerfG mit einer sozialpolitischen Argumentation. Angesichts der gesetzlich vorgesehenen Leistungen im Falle der Berufsunfähigkeit, könne der Lebensstandard nur durch private Vorsorge gesichert werden. Ein Verweisen auf Sozialhilfe oder Verbrauch des Vermögens sei nicht zumutbar. Die beherrschende Stellung des Versicherungsunternehmens ergebe sich ferner daraus, dass die Versicherungsbedingungen nicht verhandelbar seien und ein Wettbewerb auf dem Gebiet des Datenschutzes nicht stattfinde. Für den informationellen Selbstschutz bestehe daher einzig die unzumutbare Alternative, den Vertragsschluss zu unterlassen bzw. nach Eintritt des Versicherungsfalls auf den Erhalt von Leistungen zu verzichten.
Es ist schon bemerkenswert, dass das BVerfG aus dem persönlichen Wunsch des Einzelnen nach Absicherung seines Lebensstandards den Schluss zieht, die Selbstbestimmung sei aufgehoben. Die darin zum Ausdruck kommende Bewertung der Notwendigkeit der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ist nicht überzeugend, schon gar nicht zwingend.
Dem Versicherungsnehmer ist schon bei Vertragsschluss bekannt, wie weit er sich wird offenbaren müssen, wenn er einen Leistungsantrag stellt. Ihm ist klar, dass er sich bei Behauptung des Versicherungsfalles wird "voll in die Karten gucken lassen" müssen. Das BVerfG verneint das Vorliegen des Freiwilligkeitskriteriums gleichwohl auch schon dort.
Gegenüber dem Staat wirken Grundrechte abwehrend und begründen nur ausnahmsweise Leistungsansprüche. Umso mehr gilt, dass sie einen Privaten nicht zum Vertragsschluss verpflichten. Ein Ausschluss der Freiwilligkeit ließe sich zwar damit begründen, dass die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung unbedingt notwendig ist, da sie ein grundlegendes Bedürfnis des Bürgers bedient. Das Gericht stützt sich insoweit auf die Erhaltung des Lebensstandards. Mit der gleichen Begründung wären aber die meisten Versicherungen als existentiell zu bewerten, weil sie darauf abzielen, im Schadensfall, das Vermögen des Versicherungsnehmers dem Werte nach zu erhalten.
Die Rechtsordnung hat bislang eine solche Einschätzung nicht vorgenommen. Beispielsweise erlaubt § 33 EStG, derartige außergewöhnlichen Aufwendungen vom zu versteuernden Einkommen abzuziehen, die eine außergewöhnliche Belastung darstellen. Das sind solche, die dem Grunde nach zwangsläufig entstanden sind. Hierzu zählen Versicherungsbeiträge nicht. Besonders bezeichnend ist dies, weil durch Schäden an eigenen Vermögensgegenständen verursachte Aufwendungen mangels Zwangsläufigkeit ebenso...