VVG § 61 (a.F.)
Leitsatz
Wer in seiner Wohnung einen Gartenschlauch zum Bewässern von Balkonpflanzen anschließt und ihn sodann über mehr als eine Stunde unbeaufsichtigt lässt, führt einen durch Abspringen der Quetschverbindung eingetretenen Wasserschaden grob fahrlässig herbei.
(Leitsatz der Schriftleitung)
LG Essen, Urt. v. 20.11.2007 – 12 O 375/05
Sachverhalt
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Erstattung von Entschädigungszahlungen, die sie auf einen Wasserschaden gezahlt hat, der sich am 7.8.2003 in der Eigentumswohnung des Beklagten im Hause Y-Straße in E ereignete. Das gesamte Gebäude ist durch den Rahmenversicherungsvertrag vom 25.4.2003 zwischen der Klägerin und der Hausverwalterin Fa. N gegen Leitungswasserschäden versichert. Der Beklagte ist als Wohnungseigentümer mitversichert. In dieser Wohnung, in welcher der Beklagte lebt, kam es am 7.8.2003 zu einem Wasserschaden. Der Beklagte hatte auf seinem Balkon Blumen gegossen. Dazu hatte er einen Schlauch benutzt, der an der Wasserzapfstelle der Abstellkammer der Wohnung angeschlossen war mithilfe einer Quetschverbindung des Herstellers Gardena. Am anderen Ende des Schlauches befand sich das Ventil. Der Beklagte wurde durch ein eingehendes einstündiges Telefonat unterbrochen und verließ sodann das Haus.
Aus den Gründen
“ … Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten aus §§ 812 Abs. 1, 398 BGB. Sie hat als Versicherungsunternehmen der versicherten Firma Hausverwaltung N auf den Wasserschaden Entschädigungszahlungen geleistet, die diese an den Beklagten durch die Finanzierung der Schaden beseitigenden Maßnahmen weitergeleitet hat. Der Beklagte ist als Wohnungseigentümer mitversichert und hinsichtlich seines Sondereigentums Repräsentant i.S.v. § 79 VVG, dessen Verhalten die Klägerin (Versicherer) der Versicherungsnehmerin (Fa. N) entgegenhalten kann. Weil der bereicherungsrechtliche Ausgleich grundsätzlich jeweils innerhalb der bereicherungsrechtlichen Rechtsverhältnisse erfolgt, kommt eine Durchgriffskondiktion nicht in Betracht. Die Klägerin hat sich deshalb den direkten Kondiktionsanspruch der Fa. N abtreten lassen.
Dass diese Abtretungsvereinbarung vom 17.8./6.9.2004 unwirksam wäre – wie der Beklagte meint – ist nicht festzustellen. Seine Mutmaßung, dass der Versicherungsvertrag eine solche Abtretung ausschließe, ist spekulativ und deshalb unsubstantiiert. Selbst wenn das so sein sollte, wäre eine das (mögliche) Abtretungsverbot aufhebende Vereinbarung in Betracht zu ziehen. Zumindest konkludent hätten die Klägerin und ihre Versicherungsnehmerin (Fa.N) ein vertraglich möglicherweise bestehendes Abtretungsverbot durch die Vereinbarung vom 17.8./6.9.2004 aufgehoben.
Die Leistung der Entschädigung der Fa. N an den Beklagten erfolgte ohne Rechtsgrund, weil dem Beklagten kein entsprechender Anspruch auf Ausgleich des am 7.8.2003 in seiner Wohnung entstandenen Wasserschadens zustand. Er hat durch grob fahrlässiges Verhalten den Versicherungsfall selbst herbeigeführt. Er hat den unter Druck stehenden Wasserschlauch unbeaufsichtigt in der Wohnung zurückgelassen. Durch den Wasserdruck ist die Quetschverbindung zwischen Schlauch und Zapfhahn abgesprungen. Das Wasser floss in ein unterhalb des Zapfhahns befindliches Becken, dessen Abfluss durch ein Tuch weitgehend verstopft war. In dieser Situation durfte der Beklagte seine unbeaufsichtigte Wohnung keinesfalls verlassen. Es ist allgemein bekannt, dass nicht feste Verbindungen im Bereich wasserführender Einrichtungen sich durch häufige Benutzung unter Wasserdruck lösen können. Das hatte der Beklagte anlässlich eines Wasserschadens im Jahre 2002 unmittelbar selbst erfahren, als das Endventil des gleichen Systems von dem Wasserschlauch absprang. Hinzu kommt, dass das Auffangbecken weitgehend verstopft war. Auch das hatte der Beklagte ohne Weiteres erkennen können und für Abhilfe sorgen müssen. Diese in zweifacher Weise festzustellende Nachlässigkeit ist in hohem Maße leichtfertig und führt deshalb gem. § 61 WG zum Verlust des Versicherungsschutzes. An dieser Bewertung ist festzuhalten auch unter Berücksichtigung der von dem Beklagten behaupteten emotionalen Erregung durch ein Telefonat. Das Gericht hat erhebliche Zweifel an dieser Darstellung, weil der Beklagte zu prozesstaktischem Verhalten neigt, wie sein anfängliches Bestreiten, die Wohnung überhaupt verlassen zu haben, zeigt und weil der Anlass für die Erregung kaum nachvollziehbar dargelegt ist. Die angebliche emotionale Ausnahmesituation hat auch nach der Darstellung des Beklagten nicht zu Wahrnehmungs- und Steuerungseinbußen bei dem Beklagten geführt, sodass darin schon objektiv kein Entschuldigungsgrund zu sehen ist. … “