Bei den entstandenen Rechtsverfolgungskosten ist daher abzugrenzen, welche Kosten bereits vor der Umstellung des Vorwurfs auf Vorsatz entstanden sind und welche erst zeitlich später. Lediglich letztere sind zu erstatten. Nun wird sich hierbei allerdings schwerlich damit argumentieren lassen, dass gebührenrechtlich bereits mit Beginn des jeweiligen Verfahrensabschnitts (Ermittlungsverfahren, amtsgerichtliches Verfahren, Hauptverhandlung) die jeweiligen Verfahrensgebühren bzw. die Terminsgebühr entstehen und daher selbst bei einer frühzeitigen Umstellung des Vorwurfes innerhalb des jeweiligen Stadiums die Gebühr vollständig unter Deckungsschutz bliebe. Diese Sicht würde nicht berücksichtigen, dass sich die Höhe der Gebühr innerhalb des vom Gesetz vorgesehenen Gebührenrahmens gem. § 14 RVG nicht unwesentlich auch nach (Umfang und Schwierigkeit) der Tätigkeit des Rechtsanwalts bestimmt. Daher dürfte eine Abgrenzung, welcher Gebührenanteil bei einem Wechsel des Vorwurfes von Fahrlässigkeit auf Vorsatz der jeweiligen Verteidigung zuzuordnen ist, entsprechend der jeweils entfalteten Tätigkeit sowie Schwere und Bedeutung der jeweiligen Vorwürfe nahe liegen, ähnlich wie bei einem Teilfreispruch gem. § 467 StPO.

In unserem (bewusst als Extremfall gebildeten) Beispielsfall käme frühestens auf Grund des rechtlichen Hinweises die Annahme einer Umstellung des Vorwurfes von Fahrlässigkeit auf Vorsatz in Betracht.[5] In diesem Fall hätte, falls der rechtliche Hinweis erst nach den Plädoyers erfolgt ist und sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung lediglich auf ihre bisherigen Plädoyers bezogen haben, der Verteidiger nach dem Hinweis praktisch keine abgrenzbare weitere Tätigkeit mehr entfaltet. Dementsprechend wären i.S.d. § 2 i aa S. 2 ARB 94/2000/2008 keinerlei Kosten "für die Verteidigung wegen des Vorwurfes eines vorsätzlichen Verhaltens" entstanden und folglich auch keinerlei Kosten zu erstatten. Auch i.S.d. § 20 Abs. 4 ARB 75 wären keinerlei Kosten erbracht worden oder auch nur entstanden, "nachdem dem Versicherungsnehmer ein vorsätzliches Verhalten zur Last gelegt wurde".

[5] Aus strafrechtlicher Sicht dürfte dies allerdings bereits zweifelhaft sein, denn der rechtliche Hinweis des Gerichts nach § 265 StPO bedeutet bei anderweitiger Anklage (wegen Fahrlässigkeit) weder, dass die Staatsanwaltschaft nunmehr den Tatvorwurf des vorsätzlichen Handelns erhebt, noch, dass das Gericht nunmehr von vorsätzlichem Handeln ausgeht. Es wird lediglich zur Ermöglichung des rechtlichen Gehörs darauf hingewiesen, dass auch eine Verurteilung wegen Vorsatzes in Betracht kommt.

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