[5] “I. Das Berufungsgericht (BG) meint, dass der Kläger zwar infolge eines postthrombotischen Syndroms nicht mehr in der Lage sei, als selbständiger Lkw-Fahrer im Fernverkehr zu arbeiten. Die Beklagte habe jedoch den Vergleichsberuf des Auslieferungsfahrers im Nahverkehr aufgezeigt, den der Kläger nach Ausbildung und Erfahrung ausüben könne und der seiner bisherigen Lebensstellung entspreche (§ 2 Abs. 1 BZB). Der vom LG beauftragte Sachverständige, der Orthopäde Dr. H, der u.a. die von dem Gefäßchirurgen Dr. K beim Kläger erhobenen Untersuchungsbefunde ausgewertet habe, habe überzeugend dargelegt, dass der Kläger aus medizinischer Sicht in der Lage sei, leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne häufiges schweres Heben und Tragen im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen vollschichtig auszuführen. Nach den Ausführungen der vom LG gehörten berufskundlichen Sachverständigen Ho. sei die Arbeit als Auslieferungsfahrer im Nahverkehr allenfalls als mittelschwer einzuordnen, da die im Güternahverkehr auszuliefernden Frachtstücke regelmäßig nicht schwerer seien als 10 kg. Die vom Kläger geltend gemachte Verschlechterung seines medizinischen Befundes – variköse Ekzeme und Unterschenkelgeschwüre – rechtfertige keine abweichende Beurteilung der gesundheitlichen Zumutbarkeit, wie der Sachverständige Dr. H in seinem Ergänzungsgutachten überzeugend ausgeführt habe. …
[8] II. Die Annahme des BG, bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit liege nicht vor, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
[9] 1. Gem. § 2 Abs. 1 BZB liegt vollständige Berufsunfähigkeit vor, wenn der Versicherte infolge von Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich länger als sechs Monate außer Stande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die auf Grund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Will der Versicherer den Versicherungsnehmer einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung im Streit um dessen Berufsunfähigkeit auf eine andere berufliche Tätigkeit verweisen, so muss er deren prägende Merkmale – erforderliche Vorbildung, übliche Arbeitsbedingungen wie Arbeitsplatzverhältnisse und Arbeitszeiten sowie übliche Entlohnung, erforderliche Fähigkeiten oder körperliche Kräfte, Einsatz technischer Hilfsmittel – substantiiert darlegen und konkretisieren (Senatsurteile VersR 1994, 1095 unter 2b und NJW-RR 1995, 20 unter 2a; vgl. auch OLG Saarbrücken VersR 2004, 1165). Hält der Tatrichter nach Bewertung des beiderseitigen Parteivortrags eine Beweisaufnahme für geboten, muss der medizinische Sachverständige, der sich zu der Frage äußern soll, ob der Versicherungsnehmer gesundheitlich in der Lage ist, den Verweisungsberuf auszuüben, wissen, welchen für ihn unverrückbaren außermedizinischen Sachverhalt er zu Grunde zu legen hat (BGHZ 119, 263, 266 f.).
[10] 2. a) Schon das Verfahren des LG genügte diesen Vorgaben nicht. Dabei kann auf sich beruhen, ob das Vorbringen der Beklagten zu den zahlreichen von ihr benannten Verweisungsberufen in jedem Fall den Anforderungen an eine hinreichende Substantiierung der dem Kläger angesonnenen anderen Tätigkeiten genügte. Jedenfalls was die berufliche Tätigkeit eines Auslieferungsfahrers im Nahverkehr anlangt, fehlte es vor der Einholung des ersten Gutachtens des medizinischen Sachverständigen an jedweder Substantiierung; der Beweisbeschluss des LG, der sich auf die Frage beschränkt, ob der Kläger seit dem 1.4.2001 berufsunfähig sei, verhält sich zu den Anforderungen von etwaigen Verweisungsberufen ebenso nicht. Demgemäß entbehren schon die gutachterlichen Äußerungen des Sachverständigen Dr. H vom 9.7.2003 – soweit sie sich auf andere in der Akte vorgeschlagene Verweisungstätigkeiten beziehen – mit Blick auf die Tätigkeit eines Auslieferungsfahrers im Nahverkehr einer ausreichenden tatsächlichen Grundlage.
[11] b) Selbst wenn man davon ausgeht, dass sich die Beklagte für den Verweisungsberuf des Auslieferungsfahrers im Nahverkehr die Ausführungen der berufskundlichen Sachverständigen Ho zur Darstellung dieser Tätigkeit zu Eigen gemacht hat, hätte sie ihrer Vortragslast nur dann genügt, wenn sich aus den Angaben der Sachverständigen die prägenden Merkmale dieser Tätigkeit ausreichend entnehmen ließen. Das ist indessen nicht der Fall. In ihrem schriftlichen Gutachten beschränkt sich die Sachverständige Ho. vielmehr auf die abstrakte Beschreibung denkbarer Einsatzmöglichkeiten eines Auslieferungsfahrers im Nahverkehr, ohne auf die konkreten Verhältnisse am Arbeitsplatz wie etwa die Arbeitsbelastung, die Arbeitsabläufe sowie die Arbeitszeiten einzugehen. Angesichts der denkbaren Bandbreite der beruflichen Einsatzmöglichkeiten war auch danach für einen medizinischen Sachverständigen eine Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang der Kläger die verschiedenen beruflichen Tätigkeiten gesundheitlich bewältigen kann, nicht möglich. Das Ergänzungsgutachten dieser Sachverständigen führte nicht zu der gebotenen ...