Die Rechtsbeschwerde konnte bereits deshalb keinen vollen Erfolg haben, weil bei der vom Kläger für notwendig gehaltenen Vertretung der beiden Beklagten durch einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten noch die Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV RVG angefallenen wäre.

I. Kosten eines eigenen Rechtsanwalts im Regelfall erstattungsfähig

Die Rechtsbeschwerde hatte aber deshalb keinen (Teil-)Erfolg, weil der BGH die Vertretung jedes Streitgenossen durch einen eigenen Prozessbevollmächtigten für notwendig angesehen hat. Die Führung eines Rechtsstreits gegen mehrere Beklagte kann somit – wie der Fall des BGH zeigt –  für den Kläger im Unterliegensfall zu einem hohen Kostenrisiko führen. Die jeweiligen Beklagten sind nämlich im Regelfall erstattungsrechtlich nicht gehalten, mit ihrer Rechtsverteidigung einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten zu bestellen. Dies gilt nicht nur in dem der Entscheidung des BGH zugrunde liegenden Fall, dass die Beklagten ihren Wohnsitz oder Sitz an verschiedenen Orten haben. Ferner beschränkt sich die Entscheidung des BGH nicht auf die Beklagtenseite. Vielmehr ist grundsätzlich auch die Vertretung jedes Klägers durch jeweils einen eigenen Rechtsanwalt als notwendig anzuerkennen, was jedoch in der Praxis kaum einmal vorkommt.

Das BVerfG (NJW 1990, 2124 = BVerfGE 81, 387) hatte einmal die Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten jedes Streitgenossen sogar in einem Fall bejaht, in dem zwei Rechtsanwälte gemeinsam unter wechselseitiger Bevollmächtigung und Vertretung Verfassungsbeschwerde erhoben hatten.

II. Ausnahmefälle

Ausnahmsweise sind die durch die Bestellung jeweils eigener Prozessbevollmächtigter entstandenen Mehrkosten dann nicht erstattungsfähig, wenn sich aus dem zwischen den Parteien bestehenden Prozessrechtsverhältnis, aus dem jede Partei nach Treu und Glauben verpflichtet ist, die Kosten ihrer Prozessführung möglichst niedrig zu halten, eine erstattungsrechtliche Verpflichtung ergibt, nur einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten zu bestellen. Dies hat beispielsweise der BGH (zfs 2004, 379 = RVGreport 2004, 188 (Hansens) = AGS 2004, 188 = NJW-RR 2004, 536) für den Kfz-Haftpflichtprozess unter Hinweis auf die AKB angenommen, in dem sich der neben dem Haftpflichtversicherer verklagte Halter/Fahrer des versicherten Fahrzeugs von dem von der Versicherung bestellten Prozessbevollmächtigten mit vertreten lassen muss. In einer anderen Fallgestaltung hat es der BGH (RVGreport 2007, 309 (Hansens) = AGS 2007, 541 = NJW 2007, 2257) ebenfalls nicht als notwendig angesehen, dass sich drei persönlich auf Zahlung von rückständigem Mietzins in Anspruch genommene Mietglieder einer Anwaltssozietät jeweils selbst vertreten hatten. In einem von meiner Beschwerdekammer entschiedenen Fall hatten beklagte Rechtsanwälte, die nicht in einer Sozietät verbunden waren, sich jeweils selbst vertreten. Gleichwohl sind die hierdurch angefallenen Mehrkosten nicht als erstattungsfähig angesehen worden, weil die Rechtsanwälte zunächst wörtlich identische Schriftsätze eingereicht hatten, sich im weiteren Verlauf des Rechtsstreits wechselseitig auf die Schriftsätze des anderen Streitgenossen bezogen hatten und in der mündlichen Verhandlung der eine Rechtsanwalt im eigenen Namen und als Vertreter für den anderen Anwalt aufgetreten waren.

III. Belehrungspflichten

Von solchen Ausnahmefällen abgesehen muss jedoch damit gerechnet werden, dass jeder Streitgenosse im Obsiegensfall die Kosten seines eigenen Prozessbevollmächtigten erstattet bekommt. Der Prozessbevollmächtigte des Gegners muss deshalb seinen Auftraggeber auf das sich hieraus ergebende Kostenrisiko hinweisen. Im Regelfall trifft diese Verpflichtung den Rechtsanwalt des Klägers, der meist vor Einleitung des Rechtsstreits nicht weiß, ob sich die künftigen mehreren Beklagten durch einen gemeinsamen oder durch jeweils einen eigenen Rechtsanwalt vertreten lassen werden, es sei denn, dies ergibt sich bereits aus der Vorkorrespondenz. Wohnen die Beklagten nicht am Sitz des Prozessgerichts, muss der Klägervertreter seinen Auftraggeber auch darüber belehren, dass jeder der auswärtigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu den Verhandlungsterminen anreisen kann und diese Reisekosten der Höhe nach nicht auf fiktive Terminsvertreterkosten beschränkt sind (so BGH zfs 2008, 226 m. Anm. Hansens = AnwBl. 2008, 215 = RVGreport 2008, 112 (Hansens)). In einem solchen Fall kann das Kostenrisiko ohne weiteres höher sein als die streitbefangene Hauptforderung.

Heinz Hansens

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