Schadenfälle im Ausland können nach Maßgabe der 4. Krafthaftpflicht-Richtlinie der EU (nachfolgend 4. KH Richtlinie) reguliert werden. In diesem Fall kann sich der Geschädigte nach der Rückkehr in sein Wohnsitzland an den dortigen Schadenregulierungsbeauftragten wenden. In der EU tätige Krafthaftpflichtversicherer sind verpflichtet, in allen anderen EU Staaten Schadenregulierungsbeauftragte zu benennen. Auskunft über den in Deutschland zuständigen Schadenregulierungsbeauftragte erhält der Geschädigte durch die deutsche Auskunftsstelle, deren Aufgaben vom Zentralruf der Autoversicherer wahrgenommen werden. Aus Sicht des Geschädigten hat das System der 4. KH-Richtlinie drei wesentliche Vorteile:
- eine wesentliche Erleichterung beim Ermitteln des Halters und zuständigen KH–Versicherers
- er kann seine Ansprüche in seinem Wohnsitzland in seiner Sprache geltend machen und
- die Schadenregulierung wird durch die gesetzlichen Fristen beschleunigt (der Schadenregulierungsbeauftragte unterliegt hier einer 3 Monatsfrist für die Vorlage eines Schadenersatzangebots bzw. einer mit Gründen versehenen Antwort).
Im hiesigen Beispielsfall liegt aus Sicht des deutschen Unfallbeteiligten ein 4. KH-Richtlinie Fall vor. Er kann sich in Deutschland nach seiner Rückkehr an den dortigen Schadenregulierungsbeauftragten der französischen Krafthaftpflichtversicherung wenden, um seinen Schaden geltend zu machen.
Das Recht, den Schadenfall direkt im Unfallland beim ausländischen Versicherer geltend zu machen, wird durch die 4. KH-Richtlinie nicht beschnitten. Vor allem bei schweren Körperschäden mag dies empfehlenswert sein.
Besonders wichtig ist die enge Kommunikation zwischen Schadenregulierungsbeauftragtem und beauftragendem Versicherer, um einen schnellen Informationsfluss hinsichtlich Deckung und Haftung – die sich ja nach den Grundsätzen des Unfalllandes richtet – zu gewährleisten.
Umstritten ist die Frage, ob der Schadenregulierungsbeauftragte Ansprüche, die im Wege der Legalzession auf Dritte, wie z.B. Sozialversicherungsträger übergegangen sind, mitregulieren muss. Im Ergebnis gilt die 4. KH-Richtlinie wohl nur für direkt Geschädigte. Im Wege der Praktikabilität mag es jedoch sinnvoll sein, dass der Schadenregulierungsbeauftragte alles aus einer Hand reguliert, d.h. auch die Ansprüche des Sozialversicherungsträgers. Seine Befugnisse diesbezüglich muss und kann der Schadenregulierungsbeauftragte jedoch mit dem Haftpflichtversicherer im Innenverhältnis vereinbaren.
Spiegelbildlich kann jeder grenzüberschreitende Schadenfall selbstverständlich immer zugleich Grüne Karte und 4. KH Richtlinie-Fall sein, je nachdem um welchen Geschädigten es sich handelt.