Der von Patientenseite häufig unspezifisch erhobene Vorwurf eines Kunst- bzw. Behandlungsfehlers findet dem medizinischen Fortschritt entsprechend in der Praxis mannigfaltige Ausprägung. Der Sorgfaltsmaßstab des Arzthaftungsrechts orientiert sich in ständiger Rechtsprechung an dem anerkannten und gesicherten Stand der ärztlichen Wissenschaft im Zeitpunkt der Behandlung, der objektiv typisierend anhand der im jeweiligen Fachgebiet des Arztes zu fordernden Sorgfalt – dem so genannten Facharztstandard – bestimmt wird. Aus diesem Grund wird im Prozess regelmäßig ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt. Richtlinien nach § 92 SGB V und/oder Leitlinien der AWMF geben nach der herrschenden Rechtsprechung den medizinischen Erkenntnisstand allenfalls deklaratorisch wieder. Sie begründen diesen allerdings nicht und sind auch nicht verbindlich, sie dienen gleichwohl als Orientierungshilfe für Rechtsprechung und Gutachter. Ob im konkreten Fall der medizinische Standard eingehalten wurde, kann im Regelfall daher nur ein Sachverständiger entscheiden.
1. Organisationsverschulden
Sowohl niedergelassene Ärzte als auch Krankenhausträger sind zu einer sachgerechten Organisation, Koordination und Überwachung der Behandlungsabläufe verpflichtet. Wird durch einen Verstoß gegen diese weit ausgelegte Pflicht bei einem Patienten ein Schaden verursacht, kommt eine Haftung unter dem Gesichtspunkt des Organisationsverschuldens in Betracht. So ist für eine ausreichende Versorgung mit Medikamenten und Blutkonserven zu sorgen, medizinische Geräte sind auf ihre Funktionsfähigkeit zu überprüfen und zu warten, potenzielle Sturz- oder Schadenquellen sind tunlichst abzustellen, sofern erforderlich ist für eine schnellstmögliche Verlegung in eine geeignete Klinik zu sorgen, es ist stets ausreichend qualifiziertes ärztliches und nichtärztliches Personal vorzuhalten. Verallgemeinert ausgedrückt ist ein koordinierter und möglichst schadenvermeidender Behandlungsablauf zu gewährleisten. Ob man dem organisatorisch gerecht wurde, ist von den Gerichten sachverständig beraten anhand des Einzelfalls zu entscheiden.
2. Diagnosefehler
Sich nachträglich als falsch herausstellende Diagnosen werden in der Rechtsprechung aufgrund der Schwierigkeiten einer zutreffenden Diagnosestellung nur sehr zurückhaltend als haftungsbegründend eingeordnet. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass Symptome zumeist nicht nur für eine bestimmte Krankheit typisierend sind, sondern aufgrund individueller Ausprägung auf unterschiedlichste Ursachen hindeuten können. Die Grenze zum Diagnosefehler ist allerdings dann überschritten, wenn eindeutige, auf eine bestimmte Krankheit hindeutende, Symptome ärztlicherseits nicht hinreichend berücksichtigt werden bzw. die Diagnose eine eindeutige, außerhalb des ärztlichen Ermessens lie...