BGB § 280 Abs. 1 § 311 Abs. 3 § 328 analog
Leitsatz
Zur Frage, ob ein Kraftfahrzeugsachverständiger, der ein Fahrzeug im Auftrag des Eigentümers begutachtet und zum Verkauf in eine Internet-Restwertbörse eingestellt hat, gegenüber dem Käufer, der das Fahrzeug aufgrund eines im Internet abgegebenen Gebots erwirbt, zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn das Fahrzeug einen Sachmangel aufweist.
BGH, Urt. v. 12.1.2011 – VIII ZR 346/09
Sachverhalt
Die Kl. ist als gewerbliche Restwertaufkäuferin tätig. Die Bekl. zu 2) und 3 betreiben als Gesellschafter der Bekl. zu 1) ein Kraftfahrzeug-Sachverständigenbüro. Die Bekl. zu 1) bot im Auftrag des Autohauses K (im Folgenden: Verkäuferin) einen unfallbeschädigten Pkw S in der Internet-Restwertbörse "A" zum Verkauf an. Auf einem der von der Bekl. zu 1) ins Internet gestellten Lichtbilder war eine Webasto Standheizung zu erkennen, die in der Fahrzeugbeschreibung nicht als Zusatzausstattung erwähnt wurde und nach dem Willen der Verkäuferin auch nicht verkauft werden sollte. Die Kl. gab auf das Fahrzeug ein Gebot i.H.v. 5.210 EUR ab, an das sie nach den Geschäftsbedingungen der A GmbH bis zum 1.9.2006 gebunden war. Die Verkäuferin nahm das Angebot der Kl. innerhalb dieser Frist an. Das Fahrzeug wurde von einem Mitarbeiter der Kl. am 24.8.2006 abgeholt. Die Standheizung war zuvor von der Verkäuferin ausgebaut worden. In dem bei Abholung unterzeichneten Kaufvertrag ist vermerkt:
"Standheizung (im Angebot A mit Foto festgehalten) wurde vom Autohaus ausgebaut! Dadurch zwei Löcher im Armaturenbrett beschädigt!"
Die Kl. nimmt die Bekl. auf Erstattung der Kosten für den Erwerb und den Einbau einer gebrauchten Webasto Standheizung, insgesamt 787,10 EUR nebst Zinsen, mit der Begründung in Anspruch, die Bekl. müssten dafür einstehen, dass das ihr übergebene Fahrzeug nicht über die im Internet abgebildete Standheizung verfüge. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Kl. mit ihrer vom BG zugelassenen Revision.
2 Aus den Gründen:
[3] „Die Revision hat keinen Erfolg.
[4] I. Das BG hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
[5] Der Kl. stehe kein Schadensersatzanspruch gegen die Bekl. zu. Die Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3, 241 Abs. 2 BGB seien nicht erfüllt. Zwar könne angenommen werden, dass zwischen der Kl. und der Bekl. zu 1) ein Schuldverhältnis nach § 241 Abs. 2 BGB gem. § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu Stande gekommen sei und die Bekl. zu 2) und 3 für etwaige Verpflichtungen der Bekl. zu 1) persönlich hafteten. Denn durch das Einstellen des Pkw in die Onlinebörse habe die Bekl. zu 1) im Auftrag der Verkäuferin eine invitatio ad offerendum abgegeben. Dies stellte die Aufnahme von Vertragsverhandlungen dar. Einem Schuldverhältnis zwischen den Parteien stehe nicht entgegen, dass die Bekl. zu 1) nicht Partei dieses Kaufvertrages habe werden sollen. Denn gem. § 311 Abs. 3 BGB könne ein Schuldverhältnis auch zu Dritten entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollten. Ein solches Schuldverhältnis entstehe insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nehme und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusse. Letzteres sei hier der Fall, da die Bekl. zu 1) mit ihren Gesellschaftern als Kfz-Sachverständige über besondere Sachkunde verfüge und deshalb besonderes Vertrauen in eine zutreffende Beschreibung des Fahrzeugs beim potenziellen Käufer bestehe.
[6] Es könne aber dahinstehen, ob die Bekl. zu 1) eine Pflichtverletzung dadurch begangen habe, dass sie ein Foto in die Onlinebörse eingestellt habe, auf der die Standheizung zu sehen gewesen sei, die nach dem Willen der Verkäuferin nicht Gegenstand des Kaufvertrags habe werden sollen. Selbst wenn man eine solche Pflichtverletzung bejahte, fehle es an einem Schaden der Kl., den sie gegenüber den Bekl. geltend machen könne. Wenn nämlich – wie hier unterstellt – die invitatio ad offerendum nach dem Empfängerhorizont den Pkw mitsamt der Standheizung zum Gegenstand gehabt habe, sei auch das Kaufangebot der Kl. auf das Fahrzeug mitsamt Standheizung bezogen gewesen und von der Verkäuferin angenommen worden. Dies habe zur Folge, dass die Verkäuferin aufgrund des mit der Kl. nach deren Angaben mündlich abgeschlossenen Kaufvertrags zur Übergabe und Übereignung des Pkw mit der Standheizung verpflichtet gewesen sei. Da die Verkäuferin nur ein Fahrzeug ohne Standheizung übergeben habe, habe das Fahrzeug nicht die vereinbarte Beschaffenheit gehabt und damit einen Mangel i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB aufgewiesen. Wegen dieses Mangels habe die Kl. die in § 437 BGB genannten Gewährleistungsrechte gehabt und zunächst Nacherfüllung nach § 439 BGB verlangen können. Bei Verweigerung oder Fehlschlagen der Nacherfüllung hätte sie mindern, vom Vertrag zurücktreten oder auch Schadensersatz verlangen können. Die Kl. müsse sich zunächst an ihre Vertragspartnerin, die Verkäuferin des Fahrzeugs, halten, wodurch ihr eigener etwaiger Schaden vollumfänglich abgedeckt sei. Ei...