Insgesamt sind jedoch die materiellen Schäden im Vergleich zum immateriellen Schaden viel ergiebiger und im Gesetz auch viel ausführlicher geregelt. Auch die Rechtsprechung ist hierzu wesentlich umfangreicher, wie ein Blick auf die jährliche Berichterstattung zur Rechtsprechung des VI. Zivilsenats in DAR zeigt. Ich kann hier nur in aller Kürze die Grundzüge darstellen. Allem voran steht die Generalklausel des § 249 Abs. 1 BGB, wonach der zum Schadensersatz Verpflichtete den Zustand herzustellen hat, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
Dazu gehören beim Personenschaden nicht nur die Heilbehandlungskosten, die häufig auf Träger der Sozialversicherung übergehen und deshalb hier nicht weiter erörtert werden sollen, sondern auch eigene Fahrtkosten im Rahmen der Behandlung sowie solche von Angehörigen – etwa für Krankenhausbesuche. Ersatz für Untersuchungs- und Behandlungskosten nach einem Unfall gibt es nur, wenn der Unfall tatsächlich zu einer Körperverletzung geführt hat. Das ist klar, weil es andernfalls an einer Rechtsgutsverletzung als Anspruchsgrundlage fehlt.
Ein wichtiger Anspruch geht auf Ersatz des Erwerbsschadens, den der Gesetzgeber im Deliktsrecht recht ausführlich geregelt hat. Nach § 842 BGB erstreckt sich die Verpflichtung zum Schadensersatz wegen einer gegen die Person gerichteten unerlaubten Handlung auf die Nachteile, welche die Handlung für den Erwerb oder das Fortkommen des Verletzten herbeiführt. Hierzu sagt grundlegend der BGH, dass der Erwerbsschaden alle wirtschaftlichen Beeinträchtigungen umfasst, die der Verletzte erleidet, weil und soweit er seine Arbeitskraft unfallbedingt nicht verwerten kann.
Der Schaden besteht aber nicht im Wegfall oder der Minderung der Arbeitskraft als solcher, sondern setzt voraus, dass sich die Beeinträchtigung im Erwerbsergebnis konkret und sichtbar ausgewirkt hat. Hat der Geschädigte aufgrund eigenen Willensentschlusses – z.B. durch eine Aufhebungsvereinbarung mit dem Arbeitgeber zwecks Änderung seiner beruflichen Position – selbst in den Geschehensablauf eingegriffen und dadurch die eigentliche Ursache für den geltend gemachten Schaden gesetzt, kann es am haftungsrechtlich erforderlichen Zurechnungszusammenhang fehlen. Beruft sich der Schädiger auf eine solche Zäsur, trifft ihn hierfür die Darlegungs- und Beweislast.
Beim Erwerbsschaden bedarf es oft einer Prognose zur künftigen Entwicklung des Schadens. Aus den zahlreichen Entscheidungen hierzu kann ich nur die wichtigsten Grundsätze herausgreifen. Danach ist bei dieser Prognose keine abstrakte Berechnung möglich ist, sondern es bedarf konkreter Anhaltspunkte. Sprechen keine Anhaltspunkte überwiegend für einen Erfolg oder Misserfolg, so liegt es nahe, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge von einem voraussichtlich durchschnittlichen Erfolg des Geschädigten in seiner Tätigkeit auszugehen und auf dieser Grundlage den Schaden nach § 287 ZPO zu schätzen, wobei verbleibenden Risiken durch Abschläge Rechnung getragen werden kann.
In einem der neueren Fälle hatte das Berufungsgericht fehlerhaft Parteivorbringen zu bisherigen beruflichen Misserfolgen des Geschädigten übergangen, die auch seine künftigen Erfolgsaussichten trüben konnten, sodass der Zukunftsschaden möglicherweise zu günstig beurteilt worden war. In einem anderen Fall zum Erwerbsschaden eines Zahnarztes hatte es seine Betrachtung fehlerhaft auf einen Zeitraum von nur zwei Jahren nach dem Unfall beschränkt, obwohl nach dem Parteivorbringen unfallbedingte Auswirkungen – etwa durch Verringerung des Patientenstamms oder durch das unfallbedingte Unvermögen, bestimmte lukrative Behandlungen durchzuführen – noch später eintreten konnten. Hier war also zu wenig veranschlagt worden.
Erwähnenswert auch ein Urteil aus dem Jahr 2010 zum Erwerbsschaden eines schon bei der Geburt Geschädigten, bei dem – sehr weit blickend – ein Abschlag von 20 % wegen des Risikos etwaiger Arbeitslosigkeit gebilligt wurde sowie ein weiteres Urteil zu einem Unfall in der Fortbildungsphase. In diesem Fall hatte das Berufungsgericht bei der Prognose der künftigen Entwicklung eine Verdienstausfallrente für einen zu langen Zeitraum veranschlagt, nämlich über den Zeitpunkt des mutmaßlichen Ausscheidens der Klägerin aus dem Erwerbsleben hinaus, was sich als fehlerhaft erwies.
Noch drei weitere Beispiele zum Erwerbsschaden aus der neueren Rechtsprechung: Erwerbsschaden i.S.d. § 842 BGB ist auch der Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld II sowie des auf unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit entfallenden Urlaubsentgelts. Auch der unfallbedingt entgangene Auslandsverwendungszuschlag kann einen ersatzfähigen Verdienstausfall darstellen.
Wird infolge einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit die Erwerbsfähigkeit des Verletzten aufgehoben oder gemindert oder tritt eine Vermehrung seiner Bedürfnisse ein, so ist ihm nach § 843 Abs. 1 BGB durch Entrichtung einer Geldrente Schadensersatz zu leisten. Nach...