VVG § 187 Abs. 1 S. 2 § 188 Abs. 1 S. 1; AUB 1961 § 8 § 11 § 13
Leitsatz
1. Erklärungen eines VR im Rahmen der Erstbemessungspflicht gem. § 11 AUB i.V.m. § 187 Abs. 1 S. 2 VVG stellen in der Regel kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis dar. Vielmehr wird damit dem VN lediglich eine Erfüllungsbereitschaft des Inhalts mitgeteilt, in welchem Umfang Ansprüche als berechtigt angesehen und entsprechend reguliert werden sollen.
2. Ein solches Abrechnungsschreiben führt nicht zu einer Umkehr der Beweislast zu Lasten des VR.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.1.2019 – 24 U 15/18
Sachverhalt
Der Kl. unterhält bei der Bekl. eine im Jahr 1964 geschlossene und mit Versicherungsschein vom 1.9.2012 geänderte Unfallversicherung. Versichert sind Invalidität mit 208.384 EUR und das Tagegeld ab dem 8. Tag mit EUR 51,48.
Der zum Unfallzeitpunkt 70-jährige Kl. zeigte der Bekl. an, dass er am 15. 6. 2013 während eines Aufenthalts auf Mallorca gestürzt und dabei auf die rechte Schulter gefallen sei. Am 6.2.2014 wurde beim Kl. eine stationäre arthroskopische Behandlung durchgeführt und eine Zusammenhangstrennung der Rotatorenmanschette im rechten Schultergelenk verschlossen. Bei dieser Operation wurden Läsionen der Supraspinatus- und der Infraspinatus-Sehne festgestellt.
Mit Schreiben vom 20.5.2015 teilte die Bekl. dem Kl. mit, dass aufgrund eines Gutachtens der Nachuntersuchung sich ein Invaliditätsgrad von 10,5 % ergäbe, aufgrund einer vom Gutachter festgestellten Vorinvalidität jedoch 3,5 % berücksichtigt werden müssten, was zu einer unfallbedingten Invalidität von 7 % führe. Sie errechnete eine Invaliditätssumme von 14.586,88 EUR. Unter Verweis auf § 8 Abs. 2 Nr. 7 AUB ermittelte sie eine Jahresrente von 1.957,12 EUR und leistete darauf ab dem 1.7.2015 vierteljährlich 489,28 EUR. Weiter wies sie den Kl. auf sein und auf ihr Recht zur Neubemessung hin. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das genannte Schreiben Bezug genommen.
Der Kl. war damit nicht einverstanden und begehrte die Zahlung auf Grundlage eines Invaliditätsgrades von 10,5 %. Zudem wandte er sich gegen die Rentenzahlung und meinte, dieses Vorgehen verstoße gegen § 19 AGG, weshalb eine Einmalzahlung geschuldet sei. § 8 Abs. 2 AUB sei durch seinen Verweis auf eine "Arbeitsunfähigkeit" intransparent, verstoße gegen §§ 307 ff. BGB und sei somit unwirksam.
Dem ist die Bekl. entgegengetreten. Das LG hat nach Anhörung des Kl., der Vernehmung von dessen Ehefrau als Zeugin und nach Einholung eines fachchirurgisch-traumatologischen Gutachtens des SV X die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eine Kausalität zwischen dem Sturz des Kl. und der Rotatorenmanschettenruptur nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit feststellbar sei.
2 Aus den Gründen:
"… Vielmehr hat das LG die Klage zu Recht abgewiesen."
1. Die Bekl. hat in dem Schreiben vom 20.5.2015 den Anspruch des Kl. nicht anerkannt. Sie ist somit nicht mit dem Einwand ausgeschlossen, die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Kl. seien nicht auf das Unfallgeschehen zurückzuführen.
Weder dieses Schreiben noch das vorangehende vom 30.9.2014 stellten sich als Angebot der Bekl. zum Abschluss eines bestätigenden (deklaratorischen) Schuldanerkenntnisvertrags, gerichtet auf einen bestimmten Invaliditätsgrad, dar. Ein derartiger Vertrag hätte zur Voraussetzung, dass das Schuldverhältnis insgesamt oder zumindest unter bestimmten Gesichtspunkten dem Streit oder der Ungewissheit entzogen und es insoweit endgültig festgelegt werden soll mit der Folge, dass dem anerkennenden Schuldner dahingehende Einwendungen gegen die Schuld abgeschnitten sind. Die jeweilige Tragweite einer solchen bestätigenden Wirkung ist durch Auslegung des zum Ausdruck gebrachten Parteiwillens zu ermitteln, wobei vor allem auf den mit dem Anerkenntnis verfolgten Zweck, die beiderseitige Interessenlage der Parteien und die allgemeine Verkehrsanschauung über die Bedeutung eines solchen Anerkenntnisses abzustellen ist. Von entscheidender Bedeutung ist, ob ein besonderer Anlass zum Abschluss eines Schuldbestätigungsvertrages bestand. Mit Blick auf seine oben erwähnte Zielsetzung – das Schuldverhältnis (ganz oder teilweise) dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien zu entziehen – ist die Annahme eines Schuldbestätigungsvertrages nur berechtigt, wenn zwischen den Parteien zuvor tatsächlich Streit oder Ungewissheit über das Bestehen des Schuldverhältnisses oder über einzelne rechtlich erhebliche Punkte herrschte (…).
a. Hier fehlt bereits die Zustimmung des Kl. zu einem deklaratorischen Schuldanerkenntnisvertrag, denn er hat sich mit den Abrechnungsschreiben nicht einverstanden erklärt, sondern ist diesen in dem Schreiben vom 26. Januar 2015 und durch seine Klageerhebung ausdrücklich entgegengetreten.
b. Anlass der Schreiben vom 30.9.2014 und vom 15.5.2015 war die in § 11 AUB i.V.m. § 187 Abs. 1 S. 2 VVG (Erstbemessungs-)Pflicht der Bekl., innerhalb von drei Monaten nach Eingang der Unterlagen zur Feststellung des Unfallhergangs, der Unfallfolgen sowie des...