1) Grundlage des Rechtsstreits war das "Eigenleben" der Bordelektronik des Neuwagens, die eine unberechtigte Warnmeldung im Display wiedergab, mit der grundlosen Aufforderung, das Fahrzeug zur Abkühlung der Kupplung abzustellen. Trotz des Erklärungsversuchs der Bekl. hinsichtlich der Unbegründetheit der Warnmeldung lag hierin ein Sachmangel, umso mehr, als nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine generelle Deutung der Warnmeldung als unbegründet dazu führen kann, dass eine – ausnahmsweise – berechtigte Warnmeldung nicht zum Anlass von Schutzmaßnahmen genommen wird.

2) Schwerpunkt des Rechtsstreits ist die Erörterung von Problemen der Nacherfüllung. Da der Kl. Nachlieferung gefordert hatte, war die eigenmächtige Nachbesserung durch den Verkäufer unerheblich gegenüber dem Anspruch auf Nachlieferung. Dieses Ergebnis gewinnt der BGH durch die Klärung des Verhältnisses von Nachbesserung und Nachlieferung. Als Schwachpunkt des Ersatzlieferungsanspruchs hatte die Rspr. den Einfluss von Modellwechseln auf den Ersatzlieferungsanspruch ausgemacht.

Wurde ein Kfz einer bestimmten Modellreihe nicht mehr produziert, und wies die neue Modellreihe durchgreifende Änderungen auf, war die Gattung, aus der die Ersatzlieferung bestritten werden sollte, untergegangen. Der Nachlieferungsanspruch war damit unmöglich geworden (vgl. Anm. zu LG Heidelberg zfs 2018, 91; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 13. Aufl., Rn 727). Auch der Dieselskandal hat zu Überlegungen zum Untergang der Gattung und folgerichtig zum Ausschluss des Nachlieferungsanspruchs geführt. Sind alle Pkw einer Gattung vom Abgasskandal erfasst, ist eine Nachlieferung eines fehlerfreien Pkw nicht möglich. Der Ersatzlieferungsanspruch ist unmöglich geworden. Angesichts der für den Käufer bei Durchsetzung des Ersatzlieferungsanspruchs bestehenden Vorteile ist eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des Ersatzlieferungsanspruchs nachteilig. Bei einer Ersatzlieferung muss der Käufer beim Verbrauchsgüterkauf keinen Gebrauchsvorteil ersetzen (vgl. EuGH NJW 21008, 1413; BGH NJW 2009, 427).

3) Ob der BGH für die Beurteilung des Ersatzlieferungsanspruchs auf den engen Gattungsbegriff durch Heranziehung eines bestimmten Herstellers abstellen wird und hierdurch vermehrt zu einer Unmöglichkeit der Ersatzlieferung gelangen wird, erscheint zweifelhaft. Der BGH favorisiert deutlich einen herstellerübergreifenden Vergleichsmaßstab (Rn 34; vgl. auch BGH NJW 2009, 2056, Rn 9 ff.; Kliebisch EWiR 2018, 751). Das Verhältnis von Nachbesserung und Nachlieferung einschließlich des Wechsels zwischen beiden Rechtsbehelfen wird in den ungewöhnlich ausführlichen Leitsätzen dargestellt. Nachdem der BGH einen Anspruch auf Erstattung der Kosten einer eigenmächtigen Mangelbeseitigung versagt hatte (vgl. BGH NJW 2005, 1348; BGH NJW 2006, 988, Rn 14), musste er zu der spiegelbildlich komplementären Situation der Mangelbeseitigung durch den Verkäufer Stellung nehmen. Im Zeitalter der Softwareupdates war das Kalkül des Verkäufers, durch Beseitigung des Mangels dem Anspruch des Kl. den Boden zu entziehen.

Dass der einmal begründete und schließlich gewählte Ersatzlieferungsanspruch durch die spätere behauptete Softwareaufspielung nicht berührt werden konnte, hat der BGH auch unter Erörterung des § 242 BGB überzeugend begründet. Bei der Überzeugungsbildung dürfte auch die Heimlichkeit des Vorgehens der Bekl. eine Rolle gespielt haben.

RiOLG a.D. Heinz Diehl

zfs 5/2019, S. 262 - 271

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