"Der Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 20.6.2018 ist rechtswidrig und verletzt den Kl. in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO)."
Der Kl. hat einen Rechtsanspruch auf die im Klageverfahren geltend gemachte Erfüllungsübernahme des Schmerzensgeldanspruchs durch den Bekl.
Nach Art. 97 Abs. 1 BayBG kann der Dienstherr auf Antrag die Erfüllung eines Schmerzensgeldanspruchs bis zur Höhe des festgestellten Schmerzensgeldbetrages übernehmen, sofern der Beamte oder die Beamtin wegen eines tätlichen rechtswidrigen Angriffs, den er oder sie in Ausübung des Dienstes oder außerhalb des Dienstes wegen der Eigenschaft als Beamter oder Beamtin erleidet, einen rechtskräftig festgestellten Anspruch auf Schmerzensgeld gegen einen Dritten hat, und die Erfüllungsübernahme zur Vermeidung einer unbilligen Härte notwendig ist. Der rechtskräftigen Feststellung steht ein Vergleich nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gleich, sobald er unwiderruflich und der Höhe nach angemessen ist.
Eine unbillige Härte liegt insbesondere vor, wenn die Vollstreckung über einen Betrag von mindestens 500 EUR erfolglos geblieben ist (Art. 97 Abs. 2 BayBG).
Die Übernahme der Erfüllung ist innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Jahren nach Rechtskraft des Urteils schriftlich unter Nachweis der Vollstreckungsversuche zu beantragen (Art. 97 Abs. 3 BayBG).
Die genannten Voraussetzungen einer Erfüllungsübernahme sind vorliegend erfüllt.
Der Kl. wurde unstreitig am 4.1.2016 während eines dienstlichen Einsatzes Opfer eines tätlichen rechtswidrigen Angriffs durch den Schädiger (…) (wird ausgeführt).
Das Ereignis vom 4.1.2016 wurde mit rechtskräftigem Bescheid des Landesamts für Finanzen als Dienstunfall anerkannt mit den Dienstunfallfolgen Ruptur vorderes Kreuzband linkes Kniegelenk mit Überdehnung des hinteren Kreuzbandes, Verletzung des Außenbandes am linken Kniegelenk mit Verletzung des lateralen Retinaculums und knöcherner schaliger Ausriss am lateralen Tibiakopf durch die Außenbandläsion (Segond-Fragment).
Der Kl. erhob mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 6.4.2017 gegen den Schädiger vor dem LG eine Schadensersatzklage u.a. mit dem Antrag den Schädiger zu verurteilen, an den Kl. ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens aber 25.000 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.3.2017 zu zahlen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem LG schlossen die Beteiligten des dortigen Verfahrens auf Vorschlag des Gerichts am 7.11.2017 einen Vergleich, in welchen sich der Schädiger verpflichtete, an den Kl. einen Betrag i.H.v. 16.360 EUR zu bezahlen. Der Vergleich wurde am 29.11.2017 wirksam, da der Schädiger von der ihm eingeräumten Widerrufsmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht hatte.
Der Kl. hat im Verwaltungsverfahren ein Vermögensverzeichnis gem. § 802c ZPO vorgelegt, das der Schädiger am 27.7.2017 in der Justizvollzugsanstalt abgegeben hat. Danach verfügt der Schädiger weder über Einkommen noch Vermögen.
Durch die Vorlage dieses Vermögensverzeichnissen hat der Kl. den Anforderungen des Art. 97 Abs. 3 S. 1 BayBG Rechnung getragen. Der Nachweis mindestens zweier Vollstreckungsversuche ist in dieser Konstellation nicht notwendig, da der Gerichtsvollzieher gem. § 802f S. 1 ZPO zur Abnahme der Vermögensauskunft dem Schuldner für die Begleichung der Forderung (erfolglos) eine Frist von zwei Wochen zu setzen hat. Die im Vermögensverzeichnis dokumentierte Vermögenslosigkeit des Schädigers, der auch über kein Einkommen verfügt, machte einen weiteren Vollstreckungsversuch entbehrlich (vgl. Buchard in BeckOK/Beamtenrecht Bayern, Stand 1.4.2019, Rn 40.1 zu Art. 97 BayBG).
Der rechtswirksam gewordene Vergleich ist auch der Höhe nach angemessen (Art. 97 Abs. 1 S. 2 BayBG).
Bei einem streitigen Endurteil trifft die zuständige Behörde weder eine Prüfkompetenz noch -pflicht hinsichtlich der Frage, ob die vom Gericht festgestellten Voraussetzungen gegeben waren und die Schmerzensgeldhöhe angemessen ist. Von diesem Grundsatz macht Art. 97 Abs. 1 S. 2 BayBG bei gerichtlichen Vergleichen (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) eine Ausnahme, indem er eine Art Mutwilligkeitsprüfung hinsichtlich der vereinbarten Schmerzensgeldhöhe vorsieht. Da der Dienstherr mangels Beteiligung am Zivilprozess keinen Einfluss auf das Ergebnis einer gütlichen Einigung hat, im Nachhinein aber unter Umständen als Dritter die Schmerzensgeldkosten und das Insolvenzrisiko des Schädigers im zivilrechtlichen Verfahren tragen muss, billigt ihm Art. 97 Abs. 1 S. 2 BayBG bei gütlichen Einigungen eine Angemessenheitsprüfung zu.
Diese missbrauchsvorbeugende Regelung zielt augenscheinlich auf Ausnahmekonstellationen ab, in denen der bekl. Schädiger durch Nichtgeltendmachung an sich bestehender anspruchsmindernder Einwendung einer (völlig) unangemessenen Schmerzensgeldhöhe zustimmt, sei es aus bloßer Gleichgültigkeit, psychischer oder prozessualer Überforderung, reinen Lästigkeitserwägungen oder dem Bewusstsein, ohnehin unter die Vollstreckungsschutzregelungen (§§ 850 ff. ZPO) z...