WGB 14.1.3 2.1.3; VVG § 85 Abs. 2
Leitsatz
1. Zu den Kosten der Instandsetzung eines durch einen versicherten Erdrutsch beschädigten Gebäudes gehören auch die Kosten der Wiederherstellung der Standsicherheit durch Rekonstruktion des Geländes, auf dem das Gebäude errichtet war.
2. Kosten für einen Sachverständigen, der mit der Beurteilung der Standsicherheit von Gebäuden nach einem Erdrutsch beauftragt worden ist, sind keine Schadenermittlungskosten, sondern Kosten zur Abwendung oder Minderung eines Schadens.
(Leitsätze der Schriftleitung)
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 1.10.2019 – 9 U 137/17
Sachverhalt
Der Kl. macht gegen die Bekl. Ansprüche aus einem Gebäudeversichemngsvertrag geltend. Der Kl. ist Eigentümer des Anwesens S. Das Grundstück ist bebaut mit einem Wohngebäude und landwirtschaftlichen Nebengebäuden. Entsprechend dem Versicherungsschein sind mitversichert die auf dem Grundstück befindlichen Nebengebäude, nämlich eine Maschinenhalle und ein Gebäude, das als Holzunterstand dient. Vereinbart wurden dabei Entschädigungsleistungen auch für sogenannte weitere Elementarschäden, insb. sollte der Kl. einen Entschädigungsanspruch haben, wenn versicherte Sachen durch Erdrutsch zerstört oder beschädigt werden.
Das Grundstück des Kl. liegt in unmittelbarer Nähe eines Bachlaufs. Am 11.7.2014 rutschten nach Starkregen erhebliche Teile der auf dem Grundstück des Kl. befindlichen Böschung am Rand des Bachlaufes ab. In die Maschinenhalle drangen erhebliche Mengen Erdreichs aus dem höher gelegenen Gelände ein. Ein Teil des Holzunterstandes rutschte mit der Böschung ab; weitere Teile des Holzunterstandes wurden beschädigt. Unstreitig ist eine Reparatur und Wiederherstellung des Holzunterstandes nur möglich, wenn vorher die abgerutschte Böschung in diesem Bereich wiederhergestellt wird. Über die Verpflichtung, diese Kosten zu übernehmen, streiten die Parteien.
2 Aus den Gründen:
"… Das LG hat dem Kl. zu Recht auch die notwendigen Kosten für die Erneuerung der Böschung zuerkannt, da ohne die Erneuerung der Böschung eine Reparatur des Holzunterstandes nicht möglich ist. Auch die Zuerkennung der Kosten für das private Sachverständigengutachten, welches der Kl. eingeholt hat, ist nicht zu beanstanden. (…)"
Der Anspruch des Kl. ergibt sich aus Ziff. 14.1.3 WGB S 01/05. Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass der Holzunterstand auf dem Grundstück des Kl. durch ein versichertes Ereignis (Erdrutsch) beschädigt wurde. Es handelt sich um Reparaturkosten, die zur Wiederherstellung des beschädigten Gebäudes (Holzunterstand) notwendig sind. Der für die Entscheidung des Senats maßgebliche Sachverhalt ist unstreitig. (…)
1.(…)
d) Die Entscheidung des LG ist auch insoweit nicht zu beanstanden, als die Bekl. für die Wiederherstellung der Böschung 37.495,90 EUR zu zahlen hat. (…)
aa) “Versicherte Sache' ist vorliegend der Holzunterstand. Zum Begriff des “Gebäudes' (vgl. Ziff. 14.1.3 WGB S 01/05) gehört im vorliegenden Fall auch der Boden des Grundstücks, soweit dieser Boden notwendige Bedingung für die Standsicherheit des Gebäudes ist. Maßgeblich für die Auslegung der Versicherungsbedingungen ist grds. die Verständnismöglichkeit eines durchschnittlichen VN (…).
Zum Gebäude gehört im allgemeinen Sprachgebrauch auch die Standsicherheit des Gebäudes. Ein Gebäude, bei dem die Fundamente nicht mehr standsicher sind, ist im allgemeinen Sprachgebrauch beschädigt. Für dieses Verständnis kommt es nicht darauf an, ob (erste Alternative) ein Teil des Fundaments weggebrochen oder verschwunden ist, oder ob (zweite Alternative) der Lastabtrag der Fundamente reduziert wurde, weil ein Teil des Bodens unter dem Gebäude nach einem Erdrutsch nicht mehr vorhanden ist. Eine Wiederherstellung des Untergrundes gehört zur notwendigen Reparatur, um das Gebäude wieder in einen ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen, nämlich dem Gebäude wieder die notwendige Standsicherheit zu verleihen.
Aus dem von der Bekl. in Auftrag gegebenen SV-Gutachten ergibt sich, dass auch der von der Bekl. beauftragte SV K. von einem solchen Begriff des “Gebäudes' ausgegangen ist. Der SV hat in seinem Gutachten die “Gebäudebeeinträchtigung' des Brennholzunterstandes beschrieben. Die “Gebäudebeeinträchtigung' hat er – unabhängig von den abgerutschten Teilen des Holzunterstandes – im Standsicherheitsverlust der Fundamente und im “Schaden am Fundament' gesehen. Die Wiederherstellung der Gründung des Holzunterstandes ist auch im Sprachgebrauch des SV ein wesentlicher Teil der Wiederherstellung des versicherten Gebäudes, wozu ein ordnungsgemäßer Lastabtrag der Fundamente gehört. Dass demgegenüber die Oberfläche des Grundstücks – soweit sie für die Standsicherheit des Gebäudes keine Rolle spielt – nicht zur versicherten Sache gehört, ist ohne Bedeutung. Denn es geht vorliegend nicht um eine Wiederherstellung der Grundstücksoberfläche, sondern um eine Wiederherstellung eines Teilbereichs des Geländes nur insoweit, als der Boden des Grundstücks eine wesentliche Funktion für die Gründung des Gebäudes hat.
bb) Dem Kl. stehen die für die...