Im Regelfall geht es dabei um Sachverständigengutachten, die erstellt werden, um die Höhe eines eingetretenen Schadens festzustellen. Hier würde der Versicherungsnehmer schlechter gestellt, wenn ihm ein solches Gutachten mit einem entsprechenden Zahlenwerk nicht zur Verfügung gestellt wird, der Versicherer aber selbst über die Höhe des eingetretenen Schadens informiert ist und der Versicherungsnehmer trotz des bereits bestehenden Gutachtens mit zusätzlichem Aufwand einen eigenen Sachverständigen einschalten müsste. Folgerichtig dienen die Feststellungen zur Schadenshöhe im Auftrag des Versicherers auch gerade dem Interesse des Versicherungsnehmers, der im Gegenzug die Kosten für ein eigenes Gutachten grundsätzlich nicht erstattet erhält.
Vor diesem Hintergrund ist in der Rechtsprechung für diese Gutachten zur Schadenshöhe auch die Verpflichtung des Versicherers entwickelt worden, ein solches Gutachten je nach den Umständen des Einzelfalls auch dem Versicherungsnehmer zur Verfügung zu stellen – entweder auf Grundlage des allgemeinen Rechtsgedankens nach Treu und Glauben nach § 242 BGB oder aber als nicht leistungsbezogene Nebenpflicht nach § 241 Abs. 2 BGB. Zumindest in den Fällen, bei denen der Versicherungsnehmer in dieser Weise auf die Schadensermittlung des Versicherers angewiesen ist, muss der Versicherer, damit seinerseits Waffengleichheit herrscht, grundsätzlich auch Einsicht in das Ergebnis des Sachverständigen erhalten. Für die Umsetzung in der Praxis gilt dabei Folgendes: Der Vollkaskoversicherer verletzt gegenüber dem Versicherungsnehmer zwar grundsätzlich weder eine versicherungsvertragliche noch eine leistungsunabhängige Rücksichts- oder leistungsbezogene Treuepflicht, wenn er dem Versicherungsnehmer ein ihm vorliegendes Schadensgutachten nicht unaufgefordert übersendet. Stellt der Vollkaskoversicherer das Schadensgutachten auf Anforderung dem Versicherungsnehmer aber nicht zur Verfügung, kann dies nach h.M. in der Rechtsprechung eine Treuepflichtverletzung darstellen.
Dabei ist aber auch zu beachten, dass einzelne Gerichte diese Vorlagepflicht auf den Fall einer Regulierungszusage des Versicherers beschränken, im Fall einer verweigerten Regulierung den Versicherungsnehmer dagegen auf die allgemeinen Beweislastgrundsätze verweisen und daher einen solchen Anspruch grundsätzlich ablehnen.