[11] B. Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus § 7 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG i.V.m. § 1 PflVG auf Erstattung des Wiederbeschaffungsaufwandes in der geltend gemachten Höhe.
[12] I. Zwischen den Parteien steht nicht im Streit, dass die Beklagte dem Grunde nach im vollen Umfang für die Folgen des Verkehrsunfalls einzustehen hat. Der Streit bezieht sich alleine auf die Frage, ob bei der fiktiven Abrechnung eines Totalschadens ein dem Geschädigten für Neufahrzeuge eingeräumter Großkundenrabatt zu berücksichtigen ist. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist dies zu verneinen, womit die Klage vollen Erfolg hat.
[13] II. Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre (§ 249 Abs. 1 BGB). Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen.
[14] 1. Übersteigen – wie hier – die Kosten der Reparatur des beschädigten Fahrzeugs die Kosten für die Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs erheblich, kann der Geschädigte nur Ersatz der für die Beschaffung eines gleichwertigen Fahrzeugs erforderlichen Kosten, also den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts, verlangen (BGH, Urt. v. 6.3.2007 – VI ZR 120/06, juris Rn 6). Der Wiederbeschaffungswert ist der nach den Verhältnissen auf dem Gebrauchtwagenmarkt zu ermittelnde Preis eines gebrauchten Kraftfahrzeugs, den der Geschädigte aufwenden muss, um von einem seriösen Händler einen dem Unfallfahrzeug entsprechenden Ersatzwagen zu erwerben (BGH, Urt. v. 23.5.2017 – VI ZR 9/17, juris Rn 8). Dieser Weg der Naturalrestitution ist vorgegeben, da es für Fahrzeuge regelmäßig einen funktionierenden Gebrauchtwagenmarkt gibt (vgl. BGH, a.a.O., Rn 11).
[15] 2. Weiter gilt für die Naturalrestitution das Wirtschaftlichkeitsgebot, nicht nur für die konkrete, sondern auch für die fiktive Schadensabrechnung (BGH, Urt. v. 29.10.2019 – VI ZR 45/19, juris Rn 12). Der Geschädigte kann vom Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig bzw. angemessen erscheinen (BGH, Urt. v. 20.12.2016 – VI ZR 612/15, juris Rn 9). Der Geschädigte ist demnach gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann (BGH, Urt. v. 29.10.2019 – VI ZR 104/19, juris Rn 13). Verursacht von mehreren zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten eine den geringeren Aufwand, so ist der Geschädigte grundsätzlich auf diese beschränkt. Nur der für diese Art der Schadensbehebung nötige Geldbetrag ist im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zur Herstellung erforderlich. Darüber hinaus findet das Wahlrecht des Geschädigten seine Schranke an dem Verbot, sich durch Schadensersatz zu bereichern. Er soll zwar vollen Ersatz verlangen können, aber an dem Schadensfall nicht verdienen (BGH, Urt. v. 18.10.2011 – VI ZR 17/11, juris Rn 6).
[16] Das Wirtschaftlichkeitsgebot gilt jedoch nicht absolut, sondern nur im Rahmen des dem Geschädigten Zumutbaren und unter Berücksichtigung seiner individuellen Lage (BGH, Urt. v. 29.10.2019 – VI ZR 45/19, juris Rn 10). Nimmt der Geschädigte nach Beschädigung seines Fahrzeugs die Schadensbehebung gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB selbst in die Hand, ist der zur (Wieder-)Herstellung erforderliche Aufwand folglich nach der besonderen Situation zu bemessen, in der sich der Geschädigte befindet. Es ist also Rücksicht auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (BGH, Urt. v. 25.6.2019 – VI ZR 358/18, juris Rn 17; BGH, Urt. v. 27.9.2016 – VI ZR 673/15, juris Rn 8; BGH, Urt. v. 13.1.2009 – VI ZR 205/08, juris Rn 9; BGH, Urt. v. 21.1.1992 – VI ZR 142/91, juris Rn 13).
[17] Diese "subjektbezogene Schadensbetrachtung" kann sich sowohl zugunsten des Geschädigten als auch zugunsten des Schädigers auswirken. Sind die Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten beschränkt oder bestehen gerade für ihn Schwierigkeiten, so ist hierauf zu seinen Gunsten Rücksicht zu nehmen; solche Umstände können also (nur) anspruchserweiternd wirken. Verfügt er hingegen über eine besondere Expertise, erhöhte Einflussmöglichkeiten oder sonstige Vorteile oder Erleichterungen, so ist hierauf zugunsten des Schädigers Rücksicht zu nehmen; diese Umstände können also anspruchsverkürzend wirken (BGH, Urt. v. 29.10.2019 – VI ZR 45/19, juris Rn 10). So kann es in der Situation des Geschädigten wirtschaftlich objektiv unvernünftig sein, im Rahmen der Schadensabwicklung eine vorteilhafte Möglichkeit ungenutzt zu lass...