"…Das LG hat der Klage auf (weitere) Versicherungsleistungen zu Unrecht stattgegeben. Nach dem … zugrunde zu legenden Sach- und Streitstand kann sich die Bekl. auf den in Ziff. 5.1.1 ihrer Versicherungsbedingungen (AUB 2008) enthaltenen Risikoausschluss berufen, der Unfälle der versicherten Person "durch Geistes- oder Bewusstseinsstörungen, auch soweit diese auf Trunkenheit beruhen", vom Umfang des Versicherungsschutzes ausnimmt und dessen Voraussetzungen hier nachweislich vorgelegen haben. Darüber hinaus ist die Bekl. aber auch wegen einer vorsätzlichen – sogar arglistigen – Verletzung der Aufklärungsobliegenheit anlässlich der Geltendmachung von Ansprüchen durch die als Betreuerin tätige Mutter der Kl. von ihrer Leistungspflicht freigeworden.
1. Als Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs auf (weitere) Invaliditätsleistung kommt … hier nur der zwischen den Parteien bestehende Unfallversicherungsvertrag … in Betracht, aus dem der Kl., wie zuletzt von den Parteien übereinstimmend vorgetragen wurde, bei Vollinvalidität ein Betrag in Höhe von 485.000,– EUR (= 1000 Prozent der Grundsumme) zzgl. eines Erhöhungsbetrages von weiteren 100.000,– EUR zusteht. Der Eintritt eines Versicherungsfalles – hier: ein Unfall im Sinne von Ziff. 1.3 AUB 2008 – ist unstreitig, ebenso wie – zuletzt – auch die Voraussetzungen, unter denen die Bekl. eine Invaliditätsleistung schuldet (Ziff. 2.1 AUB 2008). Bei der Kl. besteht infolge des Unfalles eine bedingungsgemäße Vollinvalidität, die auch fristgemäß ärztlich festgestellt und bei der Bekl. geltend gemacht worden ist.
2. Soweit das LG die Voraussetzungen des Risikoausschlusses gemäß Ziff. 5.1.1 AUB 2008 verneint, greift die Berufung die diesbezüglichen Feststellungen mit Erfolg an. Wie im Senatstermin eingehend erörtert, hat die Bekl. bei korrekter Würdigung des Ergebnisses der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme und aller weiteren Umstände des vorliegenden Falles den ihr obliegenden Nachweis einer unfallursächlichen Geistes- oder Bewusstseinsstörung erbracht.
[Geistes- bzw. Bewusstseinsstörung]
a) Gemäß Ziff. 5.1.1 AUB 2008 besteht für Unfälle der versicherten Person durch Geistes- oder Bewusstseinsstörungen, auch soweit diese auf Trunkenheit beruhen, kein Versicherungsschutz. Eine – vom VR nach Maßgabe des § 286 ZPO zu beweisende – Bewusstseinsstörung im Sinne der Ausschlussklausel liegt vor, wenn der Versicherte alkoholbedingt in seiner Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit in einem solchen Maße beeinträchtigt ist, dass die Gefahrenlage, in die er sich begeben hat, von ihm nicht mehr beherrscht werden kann (BGH VersR 1985, 583; VersR 1990, 1343; …). Das setzt nicht den Eintritt völliger Bewusstlosigkeit voraus, es genügen vielmehr solche gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit des Versicherten, die die gebotene und erforderliche Reaktion auf die vorhandene Gefahrenlage nicht mehr zulassen (BGH VersR 2008, 1683 …). Ist das der Fall, so ist das gewöhnliche Unfallrisiko in einem Umfang erhöht, dass der Unfallversicherer dafür nicht mehr einzustehen verspricht (…).
aa) Für Fälle der Trunkenheit im Straßenverkehr greift die Rspr – auch der Senat – seit langem auf die Grundsätze zurück, die zur alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit entwickelt worden sind. Ob ein Fahrzeugführer – wie hier die Kl. – infolge Alkoholgenusses nicht mehr in der Lage ist, sein Fahrzeug im Straßenverkehr sicher zu führen, ist eine Tatfrage, die der Tatrichter grundsätzlich in freier richterlicher Beweiswürdigung klären muss (BGH, VersR 2002, 1413). Allerdings unterliegt er dabei Einschränkungen, die die Rspr unter Heranziehung medizinisch gesicherter Erfahrungssätze entwickelt hat. So ist – ungeachtet aller individuellen Unterschiede in der Alkoholtoleranz – ab einer ordnungsgemäß festgestellten Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,1 Promille von dem zwingenden medizinischen Erfahrungssatz auszugehen, dass der Kraftfahrer nicht mehr in der Lage war, sein Fahrzeug sicher im Straßenverkehr zu führen (sog. absolute Fahruntauglichkeit: BGH, VersR 1990, 1177; VersR 2002, 1413). Unterschreitet der Alkoholisierungsgrad dagegen den maßgeblichen Grenzwert, so bedarf es weiterer äußerer Anzeichen, um eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit als Voraussetzung einer bedingungsgemäßen Bewusstseinsstörung anzunehmen. Als solche kommen vor allem typischerweise alkoholbedingte Fahrfehler in Betracht, aber auch sonstige Ausfallerscheinungen (BGH VersR 1988, 733; …).
[BAK-Bestimmung nach standardisierten Regeln]
bb) Bindungswirkung im vorbeschriebenen Sinne entfaltet die BAK-Bestimmung aber nur, wenn sie nach standardisierten Regeln getroffen worden ist, die einen hinreichend sicheren Ausschluss möglicher Mess- und Berechnungsfehler gewährleisten. Bei der Analyse einer Blutprobe muss deshalb das Messergebnis dem arithmetischen Mittelwert aus einer Mindestzahl voneinander unabhängiger Einzelmesswerte entnommen werden (vgl. BGH VersR 1988, 950; VersR 2002, 1413). Wurde diesen Anforderungen –...