Die Berufung ist begründet, weil die Klage unbegründet ist.

Der Senat hat den Kl. in seinem Hinweisbeschluss vom 15.8.2023 auf folgende vorläufige Einschätzung der Sach- und Rechtslage hingewiesen: …

Hinsichtlich der übrigen streitgegenständlichen Forderungen (…) fehlt es jedenfalls an einem direkten Anspruch des Kl. gegen die Bekl.

a) Ein direkter vertraglicher Anspruch ist nicht wirksam begründet worden. Ein solcher Anspruch käme unproblematisch in Betracht, wenn die "Sachverständigenverfahren" gemäß Klausel A. 2.6 AKB 2015 bzw. A.2.17 AKB 2008 konzeptionsgemäß einverständlich durchgeführt worden wären, wenn also die Bekl. von sich aus gemäß A.2.6.2. AKB 2015 dem Kl. den Auftrag erteilt gehabt hätte, für sie als Mitglied des Sachverständigenausschusses an dem jeweiligen Verfahren teilzunehmen. Die Parteien hätten dann jeweils einen direkten Vertrag über die Erbringung gutachterlicher Tätigkeit geschlossen, der in der Regel als Werkvertrag (vgl. BGH, Urt. v. 4.4.2006 – X ZR 122/05, juris) oder werkvertragsähnlicher Vertrag eigener Art (vgl. Bruck/Möller/Johannsen, VVG, § 84 Rn 42) einzuordnen wäre. Unabhängig von der in Klausel A.2.6.4. AKB 2015 (in Anlehnung an §§ 91, 92 Abs. 1 ZPO) enthaltenen Kostenregelung begründet ein solcher Vertragsschluss einen direkten Vergütungsanspruch des Sachverständigen gegen die ihn beauftragende Partei. Die jeweiligen Sachverständigenverfahren wurden indes nicht einverständlich durchgeführt. Der Kl. erhielt seinen jeweiligen Auftrag zur Teilnahme an den Sachverständigenverfahren nicht durch die Bekl.

b) Stattdessen machte der jeweilige VN (bzw. tatsächlich: der von diesem bereits benannte eigene Sachverständige H. als dessen jeweiliger Vertreter) von seinem in der Klausel A.2.6.2 Satz 2 AKB 2016 Recht gebraucht, den Kl. als den von der Bekl. in den Ausschuss zu entsendenden Sachverständigen zu bestimmen, nachdem die Bekl. binnen zwei Wochen nicht von sich aus einen Sachverständigen benannt hatte. Der Kl. erhielt seinen Auftrag mithin (mittelbar) von dem VN. Aus diesem Vorgang könnte der Schluss gezogen werden, dass dem Kl. allein gegenüber dem VN – die Wirksamkeit der von diesem jeweils erteilten Vollmachten zunächst einmal unterstellt – vertragliche Vergütungsansprüche zustehen.

c) Allerdings dürfte es der überwiegenden Auffassung jedenfalls in der versicherungsrechtlichen Literatur entsprechen, dass vertragliche Beziehungen zwischen beiden daran teilnehmenden Sachverständigen im Falle eines Sachverständigenverfahrens gemäß § 84 VVG nicht nur zu der sie jeweils benennenden Partei entstehen, sondern auch zu der jeweiligen "Gegenpartei" (vgl. Johannsen a.a.O. m.w.N.; BeckOK-VVG/Car, Stand 1.5.2023, § 84 Rn 41; Prölss/Martin/Voit, VVG, 31. Auf., § 84 Rn 37).

Zur Begründung eines solchen dreiseitigen Vertragsverhältnisses gibt es zwei Begründungsmöglichkeiten. Zum einen lassen sich die Willenserklärungen der Parteien dahin auslegen, dass der von einer Partei mit dem Sachverständigen geschlossene Vertrag zugleich einen Vertrag zugunsten der anderen Partei darstellt (so Bruck/Möller/Möller a.a.O. Rn 27; ablehnend insofern OLG Nürnberg, Urt. v. 19.6.2001 – 1 U 925/01, juris). Zum anderen lässt sich annehmen, dass die Parteien sich bei der Bestellung der Sachverständigen gegenseitig vertreten (so Heinrich, Sachverständigenverfahren, S. 116, zitiert nach Johannsen a.a.O.). Im Streitfall verhilft weder die eine noch die andere Begründung dem Kl. zu einem direkten vertraglichen Anspruch.

aa) Mit der erstgenannten Begründung – Vertrag zugunsten Dritter – lässt sich nur eine Einbeziehung der jeweils anderen Partei des Versicherungsvertrags in den Schutzbereich des Gutachtervertrages sowie ggf. auch ein eigener Erfüllungsanspruch der jeweils anderen Partei des Versicherungsvertrags gegen den von der anderen Partei benannten Sachverständigen begründen. Der Dritte – hier: die Bekl. – wird aber gerade nicht Vertragspartei und schuldet dem Versprechendem – hier: dem Kl. – daher auch keine Gegenleistung (vgl. unter anderem BGH, Urt. v. 8.2.2006 – IV ZR 205/04 juris Rn 39 …).

bb) Selbst wenn es anders wäre, wäre im Streitfall die Regelung des § 333 BGB in den Blick zu nehmen, wonach das Forderungsrecht des Dritten als nicht erworben gilt, wenn der Dritte es dem Versprechenden gegenüber zurückweist. Das dürfte hier geschehen sein. Insofern wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die nachstehenden Ausführungen unter cc) verwiesen.

cc) Auch der letztgenannte Begründungsansatz dürfte dem Kl. nicht zu einem vertraglichen Direktanspruch verhelfen.

(1) Es ist im Ausgangspunkt sicherlich gut vertretbar, die von der Bekl. immerhin selbst vorgegebene Klausel A.2. 6.2. Satz 2 AKB 2015, wonach die eine Partei auch den zweiten Sachverständigen benennen darf, wenn die andere Partei ihn auf eine entsprechende Aufforderung hin nicht fristgerecht benennt, dahin auszulegen, dass die Parteien sich für diesen Fall stillschweigend wechselseitig Vollmacht zum Abschluss des Gutachtervertrags auch mit dem zweiten Sachvers...

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