I. Der Kläger erlitt im Alter von 5 Jahren einen Schlaganfall. Die Behandler der Beklagten gingen anfangs von einem epileptischen Anfall aus. Ein Wach-EEG, das kurz nach Aufnahme im Hause der Beklagten gegen 12:27 Uhr gefertigt wurde, zeigte indessen keine epilepsietypischen Potentiale. Gleichwohl wurde erst um 20:14 eine MRT veranlasst, welche die Verdachtsdiagnose eines Mediainfarktes ergab. In der Zeit von 22:10 – 23:30 untersuchte man den Kläger im Wege der Angiografie mittels Katheter im Klinikum Ort2; diese Untersuchung erbrachte den Verdacht eines Infarktes infolge einer Vaskulititis. In der Folge wurde der Kläger dann im Universitätsklinikum Ort3 behandelt. Als Dauerschäden des Infarktes sind bei ihm eine Hemiparese, ein Spasmus und eine Dystonie verblieben.
Das Landgericht (LG Osnabrück, Urt. v. 26.4.2023 – 2 O 3573/20) hat ein neuropädiatrisches Gutachten des Sachverständigen FF eingeholt. Dieser hat die kinderärztliche Diagnose einer Epilepsie für vertretbar erachtet, weil ein Schlaganfall bei Kindern im Alter des Klägers eine absolute Rarität sei. Er hat allerdings einen groben Befunderhebungsfehler darin gesehen, dass man auf das Ergebnis des Wach-EEG nicht sofort eine MRT veranlasst habe. Dies sei neurologischer Facharztstandard. Er gehe davon aus, dass das EEG von Neurologen befundet worden sei. Der EEG – Befund spreche für eine lokale Funktionsstörung im Hirn, die drei Ursachen hätte haben können, nämlich einen Tumor, einen Hirninfarkt oder einen epileptischen Anfall. Da keine Hinweise auf epilepsietypischen Potenziale vorgelegen hätten, sei ein epileptischer Anfall eher unwahrscheinlich gewesen; mit Blick auf die Differenzialdiagnose Tumor oder Hirninfarkt hätte man bei diesem Befund sofort eine MRT anordnen müssen. Das Landgericht ist dieser Wertung des Sachverständigen gefolgt und hat die Klage aber gleichwohl abgewiesen, weil sich eine Ursächlichkeit nicht habe feststellen lassen.
Bei früherer Entdeckung des Infarktes hätten sich keine anderen Behandlungsoptionen ergeben; man hätte lediglich jene Therapie, die dann stattgefunden hat, früher durchführen können. Es lasse sich jedoch nicht feststellen, dass die Schäden des Klägers durch diese Verzögerung verursacht worden seien; dies gelte auch unter Berücksichtigung der Beweislastumkehr, die aus dem groben Befunderhebungsfehler folge.
Jene Schäden, für die der Kläger Schadensersatz begehrt, seien Sekundär- und nicht Primärschäden. Der Primärschaden sei hier darin zu sehen, dass der Schlaganfall von 12:27 bis 22:10 Uhr unbehandelt geblieben sei. Für den Sekundärschaden gelte das Beweismaß des § 287 ZPO, d.h. eine mindestens überwiegende Wahrscheinlichkeit müsse dafür bestehen, dass die Schäden durch den Primärschaden verursacht worden seien. Dies sei jedoch nicht festzustellen, weil der Sachverständiger ausgeführt habe, die Verzögerung habe sich, wenn überhaupt, dann nur minimal auf den heutigen Gesundheitszustand des Klägers ausgewirkt. In gleicher Weise habe der Sachverständige eine Mitursächlichkeit verneint; alle vom Kläger geschilderten Folgen seien auf den Mediainfarkt zurückzuführen, nicht jedoch auf die verspätete Diagnose. Etwas Anderes ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass ein grober Behandlungsfehler vorliege; denn an der Beweislastumkehr nähmen grundsätzlich nur die Primärschäden teil bzw. typische Sekundärschäden. Insoweit habe der Sachverständige indessen ausgeführt, dass es sich bei den eingetretenen Schäden um typische Folgen der Grunderkrankung handele und nicht um typische Folgen einer verzögerten Diagnosestellung. Auch unter dem Gesichtspunkt der Risikoerhöhung kämen für den Kläger keine Beweiserleichterungen in Betracht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Anträge weiter. Er wendet sich gegen die Wertung des Sachverständigen, die verzögerte Diagnosestellung sei mit Blick auf seine Schädigung folgenlos geblieben bzw. eine dadurch verursachte Verschlechterung sei jedenfalls nicht überwiegend wahrscheinlich. Er sieht einen Widerspruch darin, dass der Sachverständige bei seiner mündlichen Anhörung anfangs angegeben hatte, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür bestehe, dass die Beeinträchtigungen geringer gewesen wären, wenn man die Blutflüsse früher teilweise wiederhergestellt hätte, um dann indessen eine überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass der heutige Zustand besser gewesen wäre, wenn die Angiografie 8-10 Stunden früher stattgefunden hätte, zu verneinen. Es sei auch nicht richtig, wenn der Sachverständige festgestellt habe, die Folgen, unter denen er, der Kläger, heute leide, seien weit überwiegend auf den Schlaganfall als solchen zurückzuführen; er stellt die Frage, wie der Sachverständige dies festgestellt haben wolle. Der Kläger bezieht sich insoweit auf Äußerungen eines Privatgutachters, der bestätigt habe, dass eine größere Wahrscheinlichkeit bestanden hätte, dass er, der Kläger, geringere Folgen erl...