“… Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu, denn der Versicherungsvertrag, aus dem die Ansprüche allein hergeleitet werden können, ist infolge der wirksamen Anfechtung der Beklagten nichtig, §§ 123, 142 Abs. 1 BGB.
Der Kläger hat die Beklagte, indem er die befristete Baugenehmigung verschwieg, über den möglicherweise drohenden Abriss und damit insbesondere den Wert des zu versichernden Gebäudes arglistig getäuscht.
1. Die Anfechtbarkeit einer Willenserklärung setzt eine Täuschung zum Zweck der Erregung eines Irrtums voraus. Die Täuschung kann sowohl durch das Vorspiegeln oder Entstellen, als auch durch das Verschweigen von Tatsachen begangen werden. Kommt – so wie hier – nur eine Täuschung durch das Verschweigen eines nicht erfragten Umstandes in Betracht, so kann eine Täuschung nur bejaht werden, wenn eine Aufklärungspflicht bestand, die ihre Grundlage in § 242 BGB hat (st. Rspr. vgl. z.B. BGH VersR 2000, 1043 ff.). Eine derartige Pflicht zur Offenbarung hat die Rspr. für die einem Vertragsschluss vorhergehenden Verhandlungen (vgl. z.B. BGH NJW-RR 1991, 439 ff.) in Bezug auf solche Umstände angenommen, die zur Vereitelung des Vertragszwecks führen können und daher für die Entschließung des anderen Teils von wesentlicher Bedeutung sind. Die Offenbarungspflicht setzt stets voraus, dass das Verschweigen der in Rede stehenden Umstände gegen Treu und Glauben verstoßen würde und der Erklärungsgegner die Mitteilung der verschwiegenen Tatsache nach der Verkehrsauffassung erwarten durfte. Dies ist bei besonders wichtigen Umständen der Fall. Das sind solche, die für die Willensbildung des anderen Teils offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sind.
Nach diesen Maßstäben war der Kläger verpflichtet, die Beklagte – in der Person des Zeugen K – über den Inhalt der ihm durch den Bescheid vom 6.5.1999 erteilten (befristeten) Baugenehmigung zu unterrichten, denn diese beeinflusste die voraussichtliche restliche Nutzungsdauer des Gebäudes, die ihrerseits für den Wert des Gebäudes und damit auch für die Versicherungssumme bedeutsam war.
Durch die befristete Baugenehmigung war das Gebäude von vornherein dauerhaft entwertet. Eine dauerhafte Entwertung eines Gebäudes kann sich sowohl aus subjektiven als auch aus objektiven Tatsachen ergeben. Gründe, die außerhalb der Bausubstanz liegen und den Verkehrswert betreffen, können – sofern sie nicht nur vorübergehender Natur sind – eine objektive Entwertung begründen (vgl. Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 22 Rn 1). Die befristete Baugenehmigung stellt einen derartigen Grund dar. Auf Grund der Befristung war die öffentlichrechtliche Situation des Gebäudes ungesichert und damit die Restnutzungsdauer am konkreten Ort unklar. Dies minderte in erheblicher Weise den Verkehrswert des Gebäudes und war daher z.B. einem eventuellen Käufer zweifelsfrei mitzuteilen. Soweit der Kläger meint, eine entsprechende Offenbarungspflicht habe gegenüber der Beklagten nicht bestanden, ist dies letztlich nicht nachvollziehbar. Insoweit kommt es nicht entscheidend auf versicherungsrechtliche Fragen an – wie etwa auf die Frage, ob der Neuwert überhaupt Versicherungswert sein konnte, oder ob wegen dauernder Entwertung nur der gemeine Wert (vgl. § 5 Nr. 1c AFB 87) Versicherungswert war. Allein der Umstand, dass die baurechtliche Situation infolge der Befristung ungesichert war, war ein Wertfaktor, über den der Kläger redlicherweise hätte aufklären müssen. Ob und mit welchem Grad an Sicherheit der Kläger zur Zeit der Vertragsverhandlungen im Januar 2000 mit einer weiteren Verlängerung der bis zum 5.5.2001 befristeten Genehmigung rechnen durfte, ist unerheblich. Der Kläger hätte schließlich auch die insoweit gegebenen Umstände mitteilen können, aus denen er seine Erwartungen herleitete. Jedenfalls hätte er es der Beklagten überlassen müssen, welchen Einfluss die – offenbarten – Besonderheiten für ihre Bereitschaft zum Vertragsschluss hatten. Er durfte seine Bewertung nicht an die Stelle einer eigenen Beurteilung durch die Beklagte setzen.
Die Befristung der Baugenehmigung berührte nicht nur die Frage, welchen Wert das Gebäude hatte, sondern auch die Frage, für welchen Zeitraum es zu versichern war. Auch insoweit hatte die Beklagte keine Gelegenheit und keinen Anlass, die vereinbarte – sich bei fehlender Kündigung automatisch verlängernde – Laufzeit mit Rücksicht auf die bestehenden Besonderheiten zu prüfen. Ob und welche Konsequenzen die Beklagte bei entsprechender Aufklärung im Hinblick auf die Vertragsdauer, die Einschätzung des Zeitwerts, die Versicherung zum Neuwert und etwa erhöhte Risiken durch möglicherweise geringere Sorgfalt des Eigentümers bei der Erhaltung der Sache (vgl. hierzu in Einzelnen unter Ziffer 3) gezogen hätte, hatte der Kläger allein der Entschließung der Beklagten zu überlassen.
Soweit der Kläger meint, er sei durch die Übermittlung des Exposés und des darin enthaltenen Lageplans seiner Pflicht zur Offenbarung nachgekommen und die Beklagte habe von dem entscheidenden Ums...