“ … Es kann nicht mit der für eine Verneinung der hinreichenden Erfolgsaussichten ausreichenden Sicherheit davon ausgegangen werden, die Antragsgegnerin habe den Versicherungsvertrag wirksam gekündigt und sei leistungsfrei geworden.
1.) Ein möglicher Verstoß des Antragstellers gegen die im “Zusatzbaustein vertraglich vereinbarte Sicherheitsvorschriften zur Brandverhütung’ enthaltene Verpflichtung, elektrische Anlagen jährlich auf eigene Kosten durch eine vom Verband der Schadenversicherer e.V. anerkannte Überwachungsstelle zu prüfen und sich ein Zeugnis darüber ausstellen zu lassen, rechtfertigt die Kündigung gem. § 2 Ziff. 1 GKA-VFVB 2006.1 nicht
Die Klausel setzt – ebenso wie § 6 Abs.1 VVG – eine Obliegenheitsverletzung voraus. Obliegenheiten des Versicherungsnehmers müssen klar und ausdrücklich vereinbart sein (Römer, in: Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 6 Rn 16; Prölss, in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 6 Rn 2). Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt. Der Zusatzbaustein ist nach der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage (Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl. § 114 Rn 19) nicht Vertragsbestandteil geworden.
Der Versicherungsschein vom 3.8.2006 enthält keine Verweisung auf “Zusatzbausteine’. Eine ausdrückliche, individuelle Vereinbarung im Versicherungsvertrag fehlt.
Die besonderen Bedingungen zur Kompaktfirmenversicherung, auf die im Versicherungsschein verwiesen wird, sind, was die Einbeziehung von “Zusatzbausteinen’ angeht, unklar. Sie enthalten zunächst einen “Grundbaustein Sachwerte und Erträge/Mehrgefahren’, der mit “Begriffsbestimmungen’ endet. Das ergibt sich aus dem Inhaltsverzeichnis auf der ersten Seite. Daran schließen sich zwei “Zusatzbausteine’ an. Einer davon ist der hier in Rede stehende Zuatzbaustein. Für den verständigen, unvoreingenommenen Leser bleibt offen, in welchem Verhältnis Grundbaustein und Zusatzbausteine zueinander stehen. Es ist unklar, wie das vom Versicherer offensichtlich angewandte “Bausteinprinzip’ vertragsrechtlich umgesetzt sein soll. Denkbar sind zwei Möglichkeiten: (1) Der Versicherer fasst sämtliche, für das Versicherungsverhältnis geltenden Bedingungen, d.h. Grundbaustein und Zusatzbausteine, in einem einheitlichen Regelwerk (besondere Bedingungen) zusammen. Alle im Regelwerk enthaltenen Bestimmungen gelten gleichermaßen. (2) Der Versicherer sieht in den besonderen Bedingungen ein abgestuftes System vor, welches sich aus einem Grundbaustein und Zusatzbausteinen zusammengesetzt und aus dem die Vertragsparteien den Inhalt der Versicherungsbedingungen individuell auswählen können. Den Versicherungsbedingungen lässt sich nicht eindeutig entnehmen, welches der Modelle der Versicherer wählen wollte. Für Variante (1) spricht, dass es keinen Sinn macht, Vertragsbedingungen (Zusatzbausteine), die für den konkreten Vertrag nicht gelten sollen, in ein Regelwerk aufzunehmen. Für Variante (2) spricht hingegen, dass es sinnlos ist, in einem Klauselwerk, welches aus einheitlich geltenden Regelungen zusammengesetzt ist, überhaupt mit Begriffen wie “Grundbaustein’ und “Zusatzbaustein’ zu arbeiten, die auf Abstufung und individuelle Auswahl hindeuten. Mit anderen Worten, die Differenzierung in Grundbaustein und Zusatzbausteine ist nur vor Vertragsschluss, bei der Wahl des individuellen Versicherungsschutzes, verständlich. Die begriffliche Differenzierung innerhalb einheitlich und gleichrangig geltender Versicherungsbedingungen leuchtet hingegen nicht ein.
Der Versicherungsnehmer kann folglich das Regelwerk durchaus i.S.d. zweiten Variante verstehen: Der Grundbaustein wird immer Vertragsbestandteil. Die Zusatzbausteine stellen ein zusätzliches Angebot des Versicherers dar, über welches verhandelt wird und das gegebenenfalls individuell in den Vertrag aufgenommen werden kann. Allein die Möglichkeit dieser Sichtweise gebietet es – jedenfalls im Rahmen der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen summarischen Prüfung – von der zweiten, dem Antragsteller günstigen Vertragslage auszugehen.
2.) Die wirksame Einbeziehung des Zusatzbausteins unterstellt, konnte die Antragsgegnerin gleichwohl nicht wegen der Verletzung der dort enthaltenen Obliegenheit kündigen.
Die Klausel regelt die Pflicht zur jährlichen Prüfung. Nicht bestimmt ist, wann das in Bezug genommene Jahr beginnen bzw. enden soll. Jedenfalls ist anzunehmen, dass die Sicherheitsbestimmung noch nicht verletzt ist, so lange das Jahr noch nicht vollständig abgelaufen ist, eine den Sicherheitsvorschriften entsprechende Prüfung also noch in Betracht kommt. Der früheste Beginn des Jahres ist vorliegend der 1.11.2005. Das ist ausweislich des Versicherungsscheins vom 3.8.2006 der Beginn der Versicherung. … Der Versicherungsfall (Brandschaden) ist am 16.10.2006 eingetreten. Das ist weniger als ein Jahr nach dem 1.11.2005. Die Pflicht zur jährlichen Prüfung war folglich – noch – nicht verletzt. Nach Eintritt des Versicherungsfalles konnte die Pflicht nicht mehr erfüllt werden, da die Lagerhal...