BGB § 253; ZPO § 286 § 287
Leitsatz
1) Hat ein Auffahrunfall zu einer Primärverletzung des Geschädigten geführt, sind von ihm behauptete Bandscheibenvorfälle lediglich mit dem Beweismaß des § 287 ZPO nachzuweisen. § 287 ZPO ist nicht auf den Nachweis von Folgeschäden einer einzelnen Verletzung beschränkt, sondern erfasst auch neben der feststehenden Körperverletzung entstehende weitere Schäden aus derselben Schädigungsursache.
2) Bei der Prüfung der Ursächlichkeit eines Auffahrunfalls für einen behaupteten Bandscheibenvorfall sind sowohl der Unfallmechanismus auf seine Eignung für diese Unfallfolge wie auch die gesicherten unfallnah aufgetretenen und ärztlich dokumentierten Beschwerden, Auffälligkeiten und Befunde zu würdigen.
3) Ist ein Unfallmechanismus gesichert, wonach bei einem Auffahrunfall der Kopf relativ zum Rumpf nach kurzer anfänglicher Reflexionsbewegung im Wesentlichen eine kurze Translationsbewegung nach hinten ausführt und der Kopf gegen die Kopfstütze gerät, spricht dies gegen die Annahme einer Ursächlichkeit des Auffahrunfalls für einen Bandscheibenvorfall. Nur bei einer Überflexion kann der Faserring der Bandscheibe reißen oder sich von der Endplatte lösen.
(Leitsätze der Schriftleitung)
OLG Frankfurt/M., Urt. v. 1.4.2009 – 7 U 163/08 (nicht rechtskräftig)
Sachverhalt
Der Kläger hat die Verurteilung der beklagten Haftpflichtversicherung zur Zahlung von Schmerzensgeld, Ersatz von Verdienstausfall und auf Feststellung der Ersatzpflicht übergegangener Ansprüche wegen eines Unfallereignisses aus dem Jahre 2004 verfolgt. Der bei der Beklagten haftpflichtversicherte Pkw war auf einen Kastenwagen aufgefahren, der auf das Heck des von dem Kläger gesteuerten Pkw aufgeschoben wurde. Das eingeholte Kraftfahrzeuggutachten bezüglich des von dem Kläger gesteuerten Fahrzeuges wies einen substanziellen Anstoß im Heckbereich mit Schwerpunkt Fahrzeugmitte aus. Der damals 37 Jahre alte Kläger begab sich nach dem Unfall nach Hause und suchte am Folgetag seinen Hausarzt auf. Sieben Tage später begab er sich zu einem Orthopäden, der bei der Untersuchung eine schmerzhafte Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule mit Druckschmerz in Höhe C ¾ links und eine diffuse Sensibilitätsstörung der Finger der linken Hand feststellte. Die Röntgenuntersuchung der Halswirbelsäule ergab keine knöchernen Verletzungen. Es erfolgte eine Überweisung zum Neurologen, der eine radikuläre Läsion der Armnerven ausschloss. Von dem Kläger angeführte anhaltende Beschwerden wurden bei einer Kernspintomografie der Halswirbelsäule untersucht. Sie ergab am 2.11.2004 Bandscheibenvorfälle im Bereich C 5 und 6 und C 6/7. Eine spätere Untersuchung ergab eine Rückbildung der Bandscheibenvorfälle. Der Kläger hat zur Begründung seiner geltend gemachten Ansprüche behauptet, auf Grund der Beschleunigungsverletzung Bandscheibenvorfälle an den Wirbeln C 5/C 6 und C 6/C 7 erlitten zu haben. Er leide auf Grund seiner darauf zurückzuführenden chronischen Schmerzen unter Schlafstörungen, Schwindel, Gereiztheit, Minderbelastbarkeit, Gedächtnisstörungen und Kopfschmerzen. Weiterhin bestünden Verschleißerscheinungen der Lendenwirbelsäule und der Kniegelenke, die belastungs- und witterungsabhängig zu wiederkehrenden Schmerzen mit eingeschränkter Belastbarkeit führten. Den Anspruch auf Ersatz behaupteten Verdienstausfalls hat er darauf gestützt, durch den Auffahrunfall erwerbsunfähig geworden zu sein.
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages bestritten, dass der Auffahrunfall für die behaupteten Verletzungen ursächlich geworden sei. Mit der Zahlung von 3.000 EUR sei das dem Kläger zustehende Schmerzensgeld ausgeglichen.
Das LG hat nach Einholung eines Zusammenhangsgutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. C die Klage wegen nicht nachgewiesenen Ursachenzusammenhangs zwischen Auffahrunfall und den Bandscheibenvorfällen abgewiesen. In der Berufungsverhandlung hat der Sachverständige sein Gutachten mündlich erläutert.
Die Berufung, mit der der Kläger seine abgewiesenen Ansprüche weiter verfolgt hat, hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen
Aus den Gründen: „Die zulässige, insbesondere frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat mit Recht das Bestehen der mit der Klage verfolgten Ansprüche auf Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes, auf Ersatz des Verdienstausfalls und auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Ersatzpflicht künftiger aus dem Verkehrsunfall herrührender übergangsfähiger Schäden gem. § 3 Nr. 1 PflVersG a.F. verneint. Der Kläger hat nicht den ihm obliegenden Nachweis der Ursächlichkeit des Auffahrunfalls für die von ihm behauptete schädigende Folge zweier Bandscheibenvorfälle geführt. Da der Auffahrunfall nach dem unstreitigen Sachverhalt zu einer Primärverletzung des Klägers geführt hatte, die ansonsten nach § 286 ZPO im Wege des Vollbeweises nachzuweisen war, waren die von dem Kläger behaupteten Bandscheibenvorfälle mit dem Beweismaß des § 287 Abs. 1 ZPO nachzuweisen, der nicht auf Folgeschäden einer einze...