Das OLG Naumburg war – wie in seiner vergleichbaren Entscheidung RVGreport 2008, 215 (Hansens) – irrtümlich davon ausgegangen, dass es um eine Vergütungsfestsetzung gem. § 11 RVG geht. Deshalb war auch der vom OLG Naumburg als abweichende Entscheidung bezeichnete Beschluss des BGH NJW 1991, 2084 = AnwBl. 1991, 600 nicht einschlägig. Darin hatte nämlich der BGH für die Festsetzung der im Mahnverfahren entstandenen Vergütung eines Rechtsanwalts nach § 19 BRAGO (= § 11 RVG) nicht das Gericht des Mahnverfahrens, sondern das Gericht für zuständig erklärt, das nach § 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO das zuständige Prozessgericht des ersten Rechtszuges geworden wäre.
I. Der Meinungsstand
Welches Gericht hingegen für die nachträgliche Titulierung der vom Antragsgegner dem Antragsteller zu zahlenden Anwaltskosten des Mahnverfahrens zuständig ist, ist in der Rspr. seit jeher umstritten:
- Das OLG Koblenz JurBüro 1985, 780 hat die Auffassung vertreten, die nachträgliche Titulierung könne im Kostenfestsetzungsverfahren nach den §§ 103 ff. ZPO vorgenommen werden. Dem hat das LG Berlin JurBüro 1987, 1827 = Rpfleger 1988, 123 mit Anm. Sonderhüsken widersprochen, weil der Vollstreckungsbescheid nicht die für die Kostenfestsetzung erforderliche Kostengrundentscheidung enthalte. Ebenso hat das KG JurBüro 1995, 428 = Rpfleger 1995, 424 entschieden. Auch der BGH hat in dieser Entscheidung die Kostenfestsetzung nicht als zulässig angesehen.
- Nach Auffassung des BayObLG JurBüro 2004, 320 = Rpfleger 2004, 234; NJW-RR 2005, 1012 für die nachträgliche Verzinsung; AGS 2007, 153 = Rpfleger 2006, 418 für die Kosten der vollstreckbaren Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids bei Rechtsnachfolge sowie des OLG Köln NJW-RR 1999 = JurBüro 1999, 365 für die Festsetzung der dem Antragsgegner nach Rücknahme des Mahnbescheids zu erstattenden Kosten ist für die Kostenfestsetzung das Streitgericht zuständig.
- Nach wiederum anderer Auffassung sind die Kosten des Mahnverfahrens vom Mahngericht nachträglich in den Vollstreckungsbescheid aufzunehmen, so KG AGS 2001, 232 = KGR 2001, 69; ebenso OLG München NJW-RR 1997, 895 = JurBüro 1997, 256, das die Ergänzung auch in der Form eines Kostenfestsetzungsbeschlusses für zulässig ansieht; OLG Schleswig JurBüro 1985, 781.
Der BGH hat sich der letztgenannten Auffassung angeschlossen und das AG Aschersleben als Mahngericht für die nachträgliche Titulierung der Anwaltskosten für zuständig erklärt.
II. Praktische Auswirkungen
Für die nachträgliche Titulierung von in den Vollstreckungsbescheid nicht aufgenommenen Kosten ergeben sich somit folgende Zuständigkeiten:
1. Zuständigkeit des Mahngerichts
Für die nachträgliche Titulierung von Kosten des Mahnverfahrens – selbst wenn diese in den Mahnbescheid nicht aufgenommen worden waren – ist somit dann das Mahngericht zuständig, wenn die Sache nicht auf Grund eines Widerspruchs gegen den Mahnbescheid oder eines Einspruchs gegen den Vollstreckungsbescheid an das Prozessgericht abgeben wurde. Das Mahngericht hat dann den Vollstreckungsbescheid entsprechend zu ergänzen. Dies kommt insbesondere wegen irrtümlich nicht mit beantragter Kosten des Mahnverfahrens (Gerichts- und Anwaltskosten), wegen einer Terminsgebühr für Besprechungen zur Vermeidung oder Erledigung des Mahnverfahrens oder wegen einer Einigungsgebühr, die durch Abschluss einer Teilzahlungsvereinbarung angefallen ist, in Betracht. Im letzteren Fall hat jedoch der Antragsgegner seine Verpflichtung zur Zahlung der Einigungsgebühr ausdrücklich anzuerkennen, so KG RVGreport 2005, 383 (Hansens) = AGS 2006, 65.
2. Zuständigkeit des Prozessgerichts
Ist die Sache an das Prozessgericht abgegeben worden und wird dort das Streitverfahren nicht weiter betrieben, ist für die Ergänzung des Vollstreckungsbescheids das Prozessgericht zuständig. Bei dessen Zuständigkeit bleibt es auch dann, wenn das Prozessgericht über die im Mahnverfahren geltend gemachte Forderung beispielsweise durch Urteil entscheidet. Dann kommt im Regelfall keine Ergänzung des Vollstreckungsbescheids in Betracht. Jedoch können die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der des vorangegangenen Mahnverfahrens auf Grund der in diesem Urteil ergangenen Kostenentscheidung durch Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzt werden.
3. Zuständigkeit des Prozessgerichts für die Vergütungsfestsetzung
Eine Ausnahme besteht lediglich für die Festsetzung der Vergütung des Rechtsanwalts gegen den eigenen Auftraggeber. Hier kommt natürlich keine Ergänzung des Vollstreckungsbescheids in Betracht, der nur die Kostenerstattung zwischen den Parteien des Mahnverfahrens betrifft. Vielmehr erfolgt die Vergütungsfestsetzung in einem gesonderten Vergütungsfestsetzungsbeschluss. Zuständig hierfür ist der Rechtspfleger des Prozessgerichts. Dies ist das Streitgericht, das für den etwa nachfolgenden Rechtsstreit gem. § 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO zuständig wäre, wenn Widerspruch gegen den Mahnbescheid oder Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid eingelegt worden wäre. Ist die Hauptsache nach Durchführung des Mahn...