AUB 88 § 8
Der Unfallversicherer kann seine Leistung nach § 8 AUB 88 kürzen, wenn degenerative Verschleißerscheinungen zu mindestens 25 % an der durch ein Unfallereignis hervorgerufenen Gesundheitsschädigung oder deren Folgen mitgewirkt haben, auch wenn diese unfallunabhängige Vorschädigung bis zum Unfallereignis klinisch stumm verlaufen ist und den Versicherten nicht spürbar beeinträchtigt hat.
LG Dortmund, Urt. v. 28.1.2010 – 2 O 235/09
Aus den Gründen:
“… Die Klage auf Zahlung von Unfalltagegeld über die von der Beklagten bereits erbrachten Leistungen hinaus hat keinen Erfolg, weil der Kläger nicht bewiesen hat, dass bei ihm eine weiter gehende unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit vorgelegen hat.
Der Sachverständige M hat dazu in seinem schriftlichen Gutachten vom 11.9.2009 ausgeführt, dass der Kläger am 14.1.2008 auf Basis des von ihm geschilderten Unfallablaufes ein Distorsionstrauma seines linken Kniegelenkes erlitten hat. Infolge dieses Unfalls ist es zu einer Arbeitsunfähigkeit gekommen, die allerdings in ihrem Verlauf nicht nur ausschließlich auf das Unfallereignis und die dabei erlittene Distorsion des Kniegelenkes zurückgeführt werden kann. Denn beim Kläger haben nach den Ausführungen des Sachverständigen auch unfallunabhängige Kniebinnenschäden vorgelegen wie ein Meniskushinterhornriss und ein Knorpelschaden 2. Grades. Mit fortschreitender Dauer der Arbeitsunfähigkeit hat einerseits der Unfall als Ursachenanteil abgenommen und haben andererseits die degenerativen Vorschäden als Ursachenanteil zugenommen. Dem Rechnung tragend hat der Sachverständige den unfallbedingten Anteil der Arbeitsunfähigkeit wie folgt festgelegt …
Auch der Innenmeniskusriss war nach den Erläuterungen des Sachverständigen eindeutig degenerativer Natur. Dies folgt zum einen daraus, dass traumatische Risse des Meniskus eher im Vorderhornbereich auftreten, während der beim Kläger vorliegende Hinterhornmeniskusriss typischerweise degenerativer Natur ist. Vor allem aber hat der Sachverständige kein adäquates Trauma feststellen könne, das zu einer isolierten Meniskusschädigung hätte führen können, sodass für den Sachverständigen keine Zweifel bestanden, dass auch der Innenmeniskusschaden degenerativer Natur war.
Der Sachverständige hat die Angaben des Klägers, dass ihm die degenerativen Vorschädigungen im Knie keinerlei Schmerzen bereitet haben und er durch diese in der Funktionsfähigkeit des Knies bis zum Unfall nicht beeinträchtigt war, für durchaus glaubhaft erachtet. Daraus folgt indes nicht, dass keine Krankheiten oder Gebrechen vorgelegen hätten, die die Beklagte zu einer Leistungsminderung nach § 8 AUB 88 berechtigt haben. Diese zwischen den Parteien vereinbarte Regelung bestimmt, dass die Leistung des Versicherers entsprechend dem Anteil der Krankheit oder der Gebrechen gekürzt wird, die an den Folgen einer durch ein Unfallereignis hervorgerufenen Gesundheitsschädigung mitwirken, wenn dieser Anteil mindestens 25 % beträgt.
Dem Kläger ist zuzugeben, dass das OLG Hamm mit Urt. v. 5.8.2008 – 20 U 57/09, zustimmend Lücke, VK 2010, 22, in einem vergleichbaren Fall eine 75 %-ige Mitwirkung degenerativer Vorschäden am Knorpel eines bei einem Unfall verdrehten Kniegelenkes bei der Invaliditätsleistung unberücksichtigt gelassen hat, weil der Knorpelschaden weder behandlungsbedürftig war noch die Funktionsfähigkeit des Kniegelenkes bis zum Unfall beeinträchtigt hatte. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass unter einer Krankheit i.S.v. § 8 AUB nur bei einem regelwidrigen Körperzustand gesprochen werden könne, der ärztlicher Behandlung bedürfe. Da eine solche Behandlungsbedürftigkeit nicht vorlag, hat der Senat das Vorliegen einer Krankheit abgelehnt. Unter einem Gebrechen i.S.v. § 8 AUB hat der Senat einen dauerhaften abnormen Gesundheitszustand verstanden, der die Ausübung normaler Körperfunktionen jedenfalls teilweise hindert. Da das Kniegelenk beim Kläger jenes Rechtsstreites bis zum Unfall voll funktionsfähig war, hat der Senat auch die Annahme eines Gebrechens abgelehnt und dem Kläger trotz der 75 %-igen Mitwirkung unfallunabhängiger Ursachen die volle Invaliditätsleistung zugesprochen.
Das erkennende Gericht folgt den vom Senat gezogenen Schlussfolgerungen nicht. Diese stehen im Widerspruch zu BGH VersR 2009, 1525 (vgl. dazu Langheid/Müller-Frank, NJW 2010, 344, 348). In dem dort veröffentlichten Beschluss hat der BGH ausgeführt, dass immer dann ein Gebrechen i.S.v. § 8 AUB vorliegt, wenn eine früher erlittene Körperverletzung auch ohne zwischenzeitliche Beschwerden zur Verstärkung der gesundheitlichen Folgen eines späteren Unfalles beiträgt. Dies folge aus dem Wortlaut der entsprechenden Regelung in den AUB, die der durchschnittliche Versicherungsnehmer dahin verstehen müsse, dass unfallfremde Krankheiten und Gebrechen grundsätzlich zu seinen Lasten gehen, nämlich zu einer Kürzung des Anspruchs oder zu einem Abzug von der Gesamtinvalidität. Das erkennende Gericht hält diese Auslegung des BGH für überzeugend und hält eine Leistungs...