StVG § 3 Abs. 1 S. 1; FeV § 46 Abs. 1; Anlage 4 zur FeV Ziff. 9.2.2
Leitsatz
Ein im Blut festgestellter THC-Wert von 1,6 mg/l rechtfertigt die Annahme eines zeitnahen Cannabiskonsums mit einer entsprechenden Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit und belegt zugleich das fehlende Trennungsvermögen i.S.v. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV.
VG des Saarlandes, Urt. v. 25.2.2011 – 10 K 955/10 (rechtskräftig)
Sachverhalt
Der Kl. wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis.
Dem 1982 geborenen Kl. wurde am 9.3.2000 die Fahrerlaubnis der Klassen B, M und L erteilt.
Am 23.1.2009 teilte die Polizeiinspektion L. dem Bekl. gem. § 2 Abs. 12 StVG mit, dass der Polizei Informationen über Tatsachen vorlägen, die auf nicht nur vorübergehende Mängel hinsichtlich der Eignung oder auf Mängel hinsichtlich der Befähigung des Kl. zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen ließen. Gegen den Kl. sei ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts einer Trunkenheitsfahrt gem. § 24a StVG eingeleitet worden, weil er unter der Wirkung eines der in der Anlage zu § 24a StVG genannten berauschenden Mittel im Straßenverkehr ein Kfz geführt habe. Der Kl. sei am 18.12.2008 einer Verkehrskontrolle unterzogen worden, wobei sich erste Hinweise auf eine Beeinflussung durch berauschende Mittel ergeben hätten. Ein von dem Kl. vor Ort freiwillig durchgeführter Drogen-Vortest habe positiv auf Tretrahydrocannabinol (THC) reagiert. Der Mitteilung beigefügt war ein toxikologisches Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität des Saarlandes vom 13.1.2009, nach dessen Inhalt die dem Kl. anlässlich der Verkehrskontrolle am 18.12.2008 entnommene Blutprobe Werte von 0,0016 mg/l Tretrahydrocannabinol, Spuren von Hydroxy-THC und 0,011 mg/l Tetrahydrocannabinol-Carbonsäure aufwies. Der Beurteilung des Gutachters zufolge sei aufgrund der toxikologischen Untersuchung des Blutes des Kl. davon auszugehen, dass dieser Cannabis aufgenommen habe, sowie zusätzlich festzustellen sei, dass der in § 24a StVG geforderte sichere THC-Nachweis im Blut habe geführt werden können.
Nachdem das gegen den Kl. eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts einer Straftat nach § 316 StGB von der Staatsanwaltschaft unter dem 7.5.2009, 60 Js 354/09, eingestellt worden war, entzog der Bekl. dem Kl. durch Bescheid v. 4.3.2010 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung gem. § 3 Abs. 1 StVG die ihm am 9.3.2000 erteilte Fahrerlaubnis, forderte ihn zugleich auf, den Führerschein spätestens eine Woche nach Zustellung des Bescheides abzugeben und drohte ihm für den Fall der nicht fristgerechten Abgabe die Anwendung unmittelbaren Zwangs durch Wegnahme an. …
Hiergegen legte der Kl. mit Schreiben v. 19.3.2010 Widerspruch ein, zu dessen Begründung er geltend machte, dass es für den erforderlichen sicheren Nachweis des Führens eines Kfz unter Drogeneinfluss die Feststellung eines deutlich über dem Ergebnis der Blutprobe liegenden Wertes von 0,011 mg/l Tretrahydrocannabinol-Carbonsäure bedurft hätte. Dieser Sichtweise habe sich auch die Staatsanwaltschaft angeschlossen, indem sie das gegen ihn eingeleitete Strafverfahren schon vor über zehn Monaten eingestellt habe. Zwischenzeitlich liege der Vorfall annähernd 15 Monate zurück. Angesichts dieses Zeitablaufs könne ohne weitere Aufklärung nicht mehr davon ausgegangen werden, dass er geneigt sei, Betäubungsmittel zu konsumieren.
Mit aufgrund mündlicher Verhandlung v. 24.6.2010 ergangenem Widerspruchsbescheid vom 5.8.2010 wies der Kreisrechtsausschuss des Bekl. den Widerspruch des Kl. zurück. Zur Begründung wurde dargelegt, dem Kl. sei die Fahrerlaubnis gem. § 3 Abs. 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV zu entziehen gewesen, weil er sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr erwiesen habe. Der Kl. habe am 18.12.2008 ein Kfz geführt, obwohl er Cannabis, ein Betäubungsmittel im Sinne von § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG), konsumiert habe. …
Am 10.9.2010 hat der Kl. Klage erhoben, zu deren Begründung er sich darauf beruft, dass der Bekl., obwohl er bereits am 23.1.2009 davon Kenntnis erlangt habe, dass er ein Kfz im Straßenverkehr nach Genuss von Cannabis geführt habe, erst am 4.3.2010, mithin über 13 Monate nach Kenntniserlangung, die ihm erteilte Fahrerlaubnis entzogen habe. Dem Bekl. sei vorzuwerfen, dass er ohne weitere Aufklärung seine fortbestehende Ungeeignetheit zum Führen eines Kfz unterstellt habe. Dabei habe der Bekl. weder dem relevanten Zeitablauf irgendeine Bedeutung beigemessen, noch den Umstand gewürdigt, dass er jedwede Drogen letztmalig vor der Verkehrskontrolle am 18.12.2008 konsumiert habe und in der Folgezeit völlig drogenfrei geblieben sei. Der Bekl. hätte seinem Hinweis auf die bei ihm bestehende Drogenfreiheit nachgehen und eine entsprechende Untersuchung anordnen müssen, zumal er seine Bereitschaft hierzu signalisiert gehabt habe. …
2 Aus den Gründen:
„ … Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
Der Bescheid des Bekl. vom 4.3.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Kreisrechtsausschusses des Bekl. vom 5.8.2010 ist rechtmäßig und verletzt...