Das Gegenstück zum Schwerstschaden bildet der Bagatellschaden. Für diesen war im Gesetzgebungsverfahren zunächst ausdrücklich eine Schwelle bzw. Bagatellgrenze dergestalt vorgesehen, dass ein Schmerzensgeld – ausgenommen bei Vorsatz – nur anfallen sollte, wenn der Schaden unter Berücksichtigung seiner Art und Dauer nicht unerheblich sei. Damit sollte unter im Hinblick auf die zunehmende Ressourcenknappheit eine Konzentration der zur Verfügung stehenden Mittel auf schwerere Verletzungen erreicht werden und zwar durch das Aufgreifen der im Schadensersatzrecht bereits bekannten Schwelle aus § 84 AMG. Diese Schwelle ist aber nicht Gesetz geworden, wobei die Streichung nicht zuletzt dem VI. Zivilsenat zu verdanken ist. Dieser hat nämlich in seiner Stellungnahme zum Gesetzesentwurf auf sein Urteil aus dem Jahr 1992 hingewiesen, wonach bei Bagatellverletzungen unter dem Blickpunkt der Billigkeit von einem Schmerzensgeld abgesehen werden kann.
In jenem Fall waren nach einem Störfall in einer chemischen Fabrik Dämpfe mit starker Geruchsbelästigung in das Haus des Klägers eingedrungen und hatten bei diesem psychische und körperliche Beeinträchtigungen in Form von Kopfschmerzen und Schleimhautreizungen verursacht. Der Senat hat die Versagung von Schmerzensgeld durch die Vorinstanz mit der Begründung gebilligt, dass diese Beeinträchtigungen zwar den Tatbestand der Körperverletzung erfüllten. Der Tatrichter halte sich jedoch im Rahmen des ihm durch § 287 ZPO eingeräumten Ermessens, wenn er bei geringfügigen Verletzungen ohne wesentliche Beeinträchtigung der Lebensführung und ohne Dauerfolgen prüfe, ob es sich nur um vorübergehende, im Alltagsleben typische und häufig auch aus anderen Gründen als einem bestimmten Schadensfall entstehende Beeinträchtigungen handele, die im Einzelfall weder unter dem Blickpunkt der Ausgleichs noch der Genugtuungsfunktion die Gewährung von Schmerzensgeld als billig erscheinen ließen.
Diese Rechtsprechung hat ersichtlich auch den Gesetzgeber überzeugt, denn er hat die Streichung der ursprünglich vorgesehenen Bagatellgrenze damit begründet, dass eine ausdrückliche Festschreibung dieser Grenze nicht erforderlich sei, weil die Rechtsprechung bereits auf der Grundlage des geltenden Rechts zu angemessenen Ergebnissen gelange. Erwähnen möchte ich noch, dass die Bagatellgrenze, wie der Senat sie in dem Haustür-Urteil entwickelt hat, denkbar niedrig liegt und nur die dort beschriebenen Minimalbeeinträchtigungen umfasst, sodass der Einspareffekt sich in Grenzen halten dürfte. Ob er bei Einführung der Bagatellgrenze größer gewesen wäre und ob die Einsparungen wirklich zu höheren Schmerzensgeldern bei schweren Verletzungen geführt hätten, lasse ich ausdrücklich dahingestellt.