Dass ein Geschädigter, der anstelle seines verunfallten gebrauchten Pkw einen anderen gebrauchten Pkw erwirbt, nicht länger als bis zu dem Zeitpunkt, an dem ihm der Ersatzwagen zur Verfügung steht, eine Nutzungsausfallsentschädigung verlangen kann, liegt auf der Hand. Dass an diesem Ergebnis auch die Tatsache nichts zu ändern vermag, dass der verunfallte Wagen mit einer umfangreichen Sonderausstattung versehen war, über die das Ersatzfahrzeug nicht verfügte, hat der Senat zutreffend unter Hinweis darauf begründet, dass das neue wie das alte Fahrzeug zu Fortbewegungs- und Transportzwecken genutzt werden konnte und das Ersatzfahrzeug geeignet war, die Funktionen des beschädigten Fahrzeugs ohne Einschränkungen zu erfüllen. Was dies allerdings mit der "wirtschaftlichen Gleichwertigkeit" zu tun hat, auf die das Urteil im Vorfeld dieser Erörterungen und unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des BGH, die sich gerade nicht mit dem Nutzungsausfallschaden, sondern mit dem Umfang des Anspruchs auf Ersatz des Sachschadens auseinandersetzt, rekurriert, erschließt sich dem kundigen Leser nicht.
Man könnte diesen Umstand übergehen, wenn nicht die "wirtschaftliche Gleichwertigkeit" von beschädigtem und Ersatz-Fahrzeug auch zur Begründung des zweiten Leitsatzes herangezogen worden wäre. Danach soll mit der Anschaffung des Ersatzfahrzeuges eine Risikoverlagerung einhergehen. Weist das Ersatzfahrzeug alsbald nach der Anschaffung Defekte auf, liege dies, so der Senat, nicht mehr im Verantwortungsbereich des Schädigers, sondern gehöre zum allgemeinen Risiko des Geschädigten.
Warum eigentlich? Hat der Schädiger nicht die Ursache für den Fahrzeugwechsel gesetzt? Und muss er nicht für alle Unfallfolgen einstehen? Wenn das beschädigte Fahrzeug den konkreten Defekt nicht hatte und wenn der Geschädigte aller Voraussicht nach mit dem beschädigten Fahrzeug zu dem konkreten Zeitpunkt nicht Schiffbruch erlitten und ein weiteres Mal eine Werkstatt hätte aufsuchen müssen, warum sollte der weitere Nutzungsausfall dann nicht ersatzfähig sein?
Die wirtschaftliche Gleichwertigkeit beider Fahrzeuge beseitigt den Kausalzusammenhang jedenfalls nicht. Sie hat dogmatisch auch in diesem Kontext nichts zu suchen. Der rechtlich weiterführende Ansatz könnte nur die Frage sein, ob der an sich gegebene Kausalzusammenhang zwischen Unfall und Nutzungsverlust dadurch unterbrochen wird, dass die Anschaffung des Ersatzfahrzeuges auf einer eigenen Willensentschließung des Geschädigten beruht. Es ließe sich argumentieren, dass der Geschädigte mit der Anschaffung des Ersatzfahrzeuges auch die Verantwortung für dessen weiteres Schicksal übernimmt. Dies könnte auch den weiteren Leitsatz stützen.
Dagegen lässt sich allerdings einwenden, dass nach allgemeiner Dogmatik ein einmal gegebener Zurechnungszusammenhang durch eine eigene Willensentschließung des Geschädigten nur dann unterbrochen wird, wenn diese Entscheidung von dem Schädiger nicht herausgefordert worden ist oder wenn der Schädiger für diese Entscheidung keinen berechtigten Anlass geschaffen hat. Eben dieser, zur eigenen Willensentschließung berechtigende, Anlass dürfte aber in der Unfallverursachung liegen, die ihrerseits erst die Notwendigkeit begründet hat, sich um ein Ersatzfahrzeug zu kümmern. Auch das Ergebnis will nicht so recht einleuchten: Es ist doch der Schädiger, der die Verantwortung dafür trägt, dass der Geschädigte, der für seinen Gebrauchtwagen nur einen bestimmten Preis erhält, sich auf dem allgemeinen örtlichen Markt nach einem Fahrzeug umsehen muss und dort u.U. nur Fahrzeuge findet, die dem seinen nur in etwa entsprechen und mit anderen Risiken behaftet sind. Trotzdem soll, wenn sich diese Risiken realisieren, nicht der Schädiger die Verantwortung tragen, sondern der Geschädigte, der nur das Seine getan hat, den status quo ante herzustellen. – Es ist zu hoffen, dass in dieser Frage mit diesem Urteil das letzte Wort nicht gesprochen ist.
VRiOLG a.D./RA Dr. Hans-Joseph Scholten
zfs 6/2021, S. 323 - 325