[25] II. 1. Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg. Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung eines Hinterbliebenengeldes, das den vom Landgericht für angemessen erachteten Betrag in Höhe von insgesamt 12.000 EUR übersteigt.
[26] a) Die gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten aus § 10 Abs. 3 StVG in Verbindung mit § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 4 VVG dem Grunde nach steht zwischen den Parteien außer Streit. Die Berufung betrifft nur noch die Bemessung der Anspruchshöhe.
[27] aa) Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 StVG, der durch Art. 8 des Gesetzes zur Einführung eines Anspruchs auf Hinterbliebenengeld vom 17.7.2017 (BGBl I 2017 S. 2421) Eingang in das Straßenverkehrsgesetz gefunden hat, inhaltlich dem durch Art. 1 des vorgenannten Gesetzes eingeführten § 844 Abs. 3 BGB entspricht und gemäß Art. 229 § 43 Nr. 7 EGBGB vorliegend Anwendung findet, hat der Ersatzpflichtige dem Hinterbliebenen, der zur Zeit der Verletzung zu dem Getöteten in einem besonders engen Näheverhältnis stand, für das dem Hinterbliebenen zugefügte seelische Leid eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten.
[28] (1) Die Bemessung der Entschädigungshöhe ist im Gesetz nicht festgeschrieben.
[29] Der Gesetzgeber, der sich bewusst gegen die Vorgabe eines Betrages oder Betragskorridors entschieden und entsprechenden Vorschlägen (vgl. die Übersicht bei Doukoff, in: jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl. BGB § 844 Rn 154) eine Absage erteilt hat (vgl. BT-Plenarprot. 18/221 S. 22193 [C], 22195 [C]), hat diese Aufgabe ausdrücklich den Gerichten überantwortet und damit den Weg für eine an den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ausgerichtete Bemessung eröffnet. In diesem Zusammenhang hat er hervorgehoben, dass Ziel und Zweck des Hinterbliebenengeldes darin bestehen, den Hinterbliebenen in die Lage zu versetzen, ihre durch den Verlust eines besonders nahestehenden Menschen verursachte Trauer und das ihnen zugefügte seelische Leid zu lindern (vgl. BT-Drucks 18/11397 S. 8, 14). Dabei hat der Gesetzgeber betont, dass eine Bewertung des verlorenen Lebens oder des – in Geld nicht bemessbaren – Verlustes des besonders nahestehenden Menschen für den Hinterbliebenen nicht in die Bemessung einfließt (BT-Drucks 18/11397 S. 14); die Entschädigung soll und kann keinen Ausgleich für den Verlust des Lebens darstellen (BT-Drucks 18/11397 S. 8).
[30] Für die damit eröffnete Bemessung der Anspruchshöhe, der Erwägungen der Angemessenheit zugrunde zu legen sind und bei der § 287 ZPO anzuwenden ist (BT-Drucks 18/11397 S. 14), hat der Gesetzgeber schließlich angemerkt, dass "die Höhe des Schmerzensgeldes bei Schockschäden und die insoweit von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze … eine gewisse Orientierung geben [könnten]", wobei "allerdings zu berücksichtigen [ist], dass der Anspruch auf Hinterbliebenengeld keine außergewöhnliche gesundheitliche Beeinträchtigung voraussetzt" (BT-Drucks 18/11397 a.a.O.).
[31] Rückschlüsse dazu, welche Vorstellungen zur Höhe des Schmerzensgeldes bei Schockschäden der vom Gesetzgeber in den Raum gestellten Orientierung zugrunde liegen, lassen sich der Gesetzesfolgenbewertung in der Begründung des Regierungsentwurfes entnehmen. Darin werden die "durchschnittlichen Beträge von etwa 10.000 EUR, die derzeit von den Gerichten bei der Tötung eines Angehörigen als Entschädigung für sog. Schockschäden, die über das gewöhnliche Maß an Trauer und seelischem Leid hinausgehen, zugesprochen werden" als Rechengröße für die Ermittlung der jährlichen Gesamtkosten durch die Zahlung von Hinterbliebenengeld herangezogen (BT-Drucks 18/11397 S. 11; den genannten Betrag im Ansatz als unzutreffend kritisierend: Jaeger, VersR 2017, 1041, 1056; Huber, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, 4. Aufl., § 844 Rn 164; ders., JuS 2018, 744, 748).
[32] (2) (a) Die hieraus für die Bemessung des Hinterbliebenengeldes zu ziehenden Schlüsse werden unterschiedlich bewertet. Zwar hat die zugunsten der am Einzelfall ausgerichteten Anspruchsbemessung getroffene Entscheidung des Gesetzgebers dazu geführt, dass Forderungen nach auffällig hohen Ersatzbeträgen (vgl. die Übersicht bei Doukoff, in: jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl. BGB § 844 Rn 154) nicht mehr erhoben werden. Doch lässt sich im Einzelnen ein diffuses Meinungsbild feststellen, dass im Wesentlichen auf eine Unstimmigkeit in der Begründung des dem Gesetz zugrunde liegenden Regierungsentwurfes zurückzuführen ist. Denn darin wird einerseits der für Schockschäden auf durchschnittlich 10.000 EUR bezifferte Betrag für die Schätzung des mit der Einführung des Hinterbliebenengeldes zu erwartenden jährlichen Regulierungsaufwandes herangezogen, während andererseits betont wird, dass das Hinterbliebenengeld im Gegensatz zu einem Schockschaden keine Gesundheitsbeeinträchtigung von Krankheitswert voraussetze, was eigentlich nahe legt, dass das Hinterbliebenengeld im Regelfall niedriger ausfällt als die Entschädigung bei einem Schockschaden (vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 31.8.2020 – 12 U 870/20 –, NJW 2021, 168, ...