[1] I. Die Parteien streiten über die Höhe des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs auf Hinterbliebenengeld.
[2] 1. Die am xx.xx 2001 geborene Klägerin nimmt die Beklagten im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall vom 3.9.2020, den die Beklagte zu 1) mit dem bei der Beklagten zu 2) versicherten Pkw verursachte und durch den der Vater der Klägerin zu Tode kam, auf Zahlung von Hinterbliebenengeld in Anspruch. Die umfassende Haftung der Beklagten dem Grunde nach steht außer Streit.
[3] Wegen der getroffenen Feststellungen und der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf das angegriffene Urteil des Landgerichts (Bl. 71 ff. eA-LG) Bezug genommen.
[4] Nachdem die Beklagte zu 2) auf das von der Klägerin vorgerichtlich in Höhe von 30.000 EUR geltend gemachte Hinterbliebenengeld eine Zahlung in Höhe von 7.500 EUR erbracht hat, ist Gegenstand der Klage die aus Sicht der Klägerin bestehende Restforderung nebst Zinsen sowie die Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
[5] Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,
[6] 1. die Beklagte als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein angemessenes Hinterbliebenengeld gemäß § 844 Abs. 3 BGB von mindestens 22.500 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 15.12.2020 zu zahlen;
[7] 2. die Beklagten zu verurteilen, sie von den außergerichtlich angefallenen Anwaltskosten der Anwaltskanzlei A & Collegen in Höhe von 629,63 EUR freizustellen.
[8] Die Beklagte hat (auf Bl. 35 eA-LG) im Wesentlichen unter Hinweis auf die Gesetzgebungsmaterialien den Standpunkt vertreten, dass nach dem Willen des Gesetzgebers für das Hinterbliebenengeld grundsätzlich eine Obergrenze von 10.000 EUR bestehe und im vorliegenden Fall ein Anspruch in Höhe von 7.500 EUR angemessen sei.
[9] 2. Das Landgericht hat einen Anspruch aus § 10 Abs. 3 StVG in Höhe von insgesamt 12.000 EUR für angemessen erachtet und – unter Berücksichtigung der vorgerichtlich erfolgten Zahlung – der Klage in Höhe von 4.500 EUR nebst Rechtshängigkeitszinsen entsprochen bei gleichzeitiger Klageabweisung im Übrigen. Seine Entscheidung hat es – soweit für die Berufung von Interesse – im Wesentlichen wie folgt begründet:
[10] Für die Bemessung des Anspruchs auf Hinterbliebenengeld, die der Gesetzgeber ausdrücklich und unter Hinweis auf § 287 ZPO den Gerichten überlassen habe, sei auf den Normzweck und auf in der Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen zugesprochene Beträge abzustellen. Während der Gesetzgeber den als Orientierung genannten Schockschaden mit durchschnittlich 10.000 EUR beziffert habe, hätten andere Gerichte unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls Hinterbliebenengeld in Höhe von 8.000 EUR bis 15.000 EUR zugesprochen.
[11] Vor diesem Hintergrund sei vorliegend ein Hinterbliebenengeld in Höhe von 12.000 EUR angemessen. Dabei komme es konkret auf die Intensität des erlittenen Leids und auf die Intensität der persönlichen Beziehung zu dem Verstorbenen an; auch müsse sich der Betrag im Ergebnis in die für andere immaterielle Beeinträchtigungen gewährten Beträge einfügen. Dabei sei hier zu berücksichtigen, dass die Klägerin zum Unfallzeitpunkt noch bei ihren Eltern gewohnt habe und davon auszugehen sei, dass die Klägerin einen engen Kontakt und eine enge Beziehung zu ihrem Vater gepflegt habe. Auch sei zu berücksichtigen, dass die mit der Abnabelung aus dem elterlichen Umfeld verbundene Verselbstständigungsphase noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Dies rechtfertige eine moderate Erhöhung des vom Gesetzgeber als Orientierungspunkt genannten Betrages (10.000 EUR). In diesem Zusammenhang unerheblich seien die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers, eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Klägerin, etwaige Auswirkungen auf den älteren Bruder der Klägerin sowie die ursprüngliche Ablehnung der strafrechtlichen Verantwortung durch die Beklagte zu 1). Die von der Klägerin geforderte Orientierung an den von der Bundesregierung im Fall von Terroranschlägen an Opferangehörige gezahlten Beträge (30.000 EUR) sei mit den Vorstellungen des Gesetzgebers nicht vereinbar, denn dieser habe auf die für Schockschäden gewährten Beträge abgestellt. Auch handle es sich bei Leistungen an Opfer extremistischer bzw. terroristischer Taten um Härteleistungen, auf die ein Rechtsanspruch nicht bestehe. Aufgrund der unterschiedlichen Zwecksetzungen ergebe sich, dass diese pauschal gewährten Härteleistungen nicht für die Bemessung des Hinterbliebenengeldes herangezogen werden könnten.
[12] Vor diesem Hintergrund erweise sich entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung § 844 Abs. 3 BGB nicht wegen eines Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) als verfassungswidrig. Ein Verstoß lasse sich auch nicht aus den in der Rechtsprechung ausgeurteilten unterschiedlichen Beträgen herleiten, denn dies sei Folge der – wie bei der Schmerzensgeldbemessung – gebotenen Einzelfallbetrachtung.
[13] 3. Hiergegen wendet sic...