VVG § 115; AKB Ziffer A. 1.5.6
Leitsatz
1. Vermietet jemand ein Fahrzeug an eine Person (Firma), die hieran einen Schaden mit einem fremden Fahrzeug verursacht, welches bei einem Dritten gemietet und haftpflichtversichert ist, greift der Haftungssauschluss nach A.1.5.6 AKB 2015 nicht, weil nicht dasselbe Versicherungsvertragsverhältnis betroffen ist. Der Fahrer des fremden Fahrzeuges ist nicht mitversicherte Person im Verhältnis zum Vermieter oder Eigentümer.
2. A.1.5.6 AKB 2015 steht nur dem Direktanspruch gegen den VR nach § 115 VVG entgegen. Die Haftung des Schädigers nach den allgemeinen Vorschriften bleibt davon unberührt.
OLG Celle, Urt. v. 30.3.2022 – 14 U 143/21
Sachverhalt
Die Kl. nimmt die Bekl. aus abgetretenem Recht aus einem Verkehrsunfall in Anspruch, der sich am 17.7.2017 in T. ereignete.
Der Bekl. zu 2) beschädigte bei einem Beladevorgang mit dem Lkw, X der über die Firma C. F. S. bei der Bekl. zu 1) haftpflichtversichert war, einen Lkw im Eigentum der D. AG (Zedentin) mit … Die alleinige Verantwortlichkeit des Bekl. zu 2) ist zwischen den Parteien unstreitig. Beide Fahrzeuge waren zum Unfallzeitpunkt an die Firma B. T. GmbH vermietet. Die Zedentin trat ihre Ansprüche an die Kl. ab.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Kl. habe gegen die Bekl. zu 1) keinen Direktanspruch aus § 115 Abs. 1 VVG, weil im Deckungsverhältnis der Leistungsausschluss für eine mitversicherte Person nach Ziffer A.1.5.6 AKB eingreife. Der Bekl. zu 2) habe als mitversicherte Person die B. T. GmbH als Halterin beider Fahrzeuge geschädigt.
2 Aus den Gründen:
a) Die Kl. hat gegen die Bekl. Anspruch auf Zahlung von 6.670,84 EUR aus §§ 7 Abs. 1, 18 StVG, 115 VVG i.V.m. § 1 PflichtVersG, § 398 BGB …
bb) Die Haftung des Bekl. zu 2) folgt aus § 18 Abs. 1 Satz 2 StVG.
(1) Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 StVG ist in den Fällen des § 7 Abs. 1 StVG der Führer des Kraftfahrzeugs oder des Anhängers zum Schadensersatz nach den Vorschriften der §§ 8 bis 15 StVG verpflichtet. Nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den Schaden zu ersetzen, der daraus entsteht, dass bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers, der dazu bestimmt ist, von einem Kraftfahrzeug mitgeführt zu werden, ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt wird.
(2) Der Bekl. zu 2) hat als Fahrer eines Lkw eine Sache, nämlich den weiteren Lkw der Zedentin beschädigt. Dies geschah bei Betrieb, nämlich dem Rückwärtsfahren an eine Beladerampe. Dabei hielt er sich zu weit links, wodurch er den daneben stehenden Lkw der Zedentin als fremde Sache beschädigte. Eine Exkulpation nach § 18 Abs. 1 Satz 2 StVG ist nicht ersichtlich. Ein Verursachungsanteil im Sinne einer mitwirkenden Betriebsgefahr auf Seiten des geschädigten Lkw ist nicht ersichtlich, so dass es auch unter Berücksichtigung von § 18 Abs. 3, 17 Abs. 1 StVO bei einer alleinigen Haftung des Bekl. zu 2) bleibt.
(3) Ein Haftungsausschluss nach A.1.5.6 der AKB 2015 (entspricht A.1.5.6 AKB 2008 und § 11 Nr. 2 AKB a.F.) greift im Verhältnis zu dem Bekl. zu 2) nicht ein. Hiernach besteht kein Versicherungsschutz für Sach- oder Vermögensschäden, die eine mitversicherte Person Ihnen [dem VN], dem Halter oder dem Eigentümer durch den Gebrauch des Fahrzeugs zufügt.
Dieser Anspruchsausschluss ist in § 4 Nr. 1 KfzPflVV zugelassen und auch darüber hinaus nicht zu beanstanden, insbesondere nach dem Maßstab allgemeiner Geschäftsbedingungen rechtlich wirksam (BGH zfs 2008, 629). Entgegen der Auffassung der Kl. steht auch § 117 VVG nicht entgegen, weil bei Risikoausschlüssen von vornherein kein Versicherungsschutz besteht, der nach § 117 VVG zugunsten eines Dritten bestehen bleiben könnte (…).
Die vom LG angeführte Kommentierung von Reichel (in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl., AKB 2015, Stand: 24.6.2019, Rn 28) wonach Risikoausschlüsse auch im Außenverhältnis gegenüber dem Geschädigten wirken, darf insoweit nicht missverstanden werden. Eine solche Wirkung im Außenverhältnis liegt bereits deshalb vor, weil neben dem VN auch vertragsfremde Dritte, wie z.B. der Eigentümer und Halter erfasst sind. Darüber hinaus betreffen die AKB nur den Versicherungsvertrag und können insoweit nur Ansprüche in diesem Verhältnis regeln, mithin nur (Direkt-)Ansprüche gegen den VR. Die Wirkung des Risikoausschlusses nicht nur gegenüber dem VN und/oder der mitversicherten Person, sondern auch gegenüber dem geschädigten Dritten, hat zur Folge, dass der Direktanspruch gem. § 115 VVG gegen den VR von vornherein nicht besteht (Elsner, in: Höra, MÜAHB Versicherungsrecht, 4. Aufl. 2017, § 13, Rn 55, beck-online; Böhme/Biela/Tomson, Kraftverkehrs-Haftpflicht-Schäden, 26. Aufl. 2018, Kap. 16, Rn 40), während der Anspruch gegenüber dem Haftpflichtigen bestehen bleibt (Stiefel/Maier/Maier, 19. Aufl. 2017, AKB 2015, Rn 207). Mehr kann ersichtlich nicht gemeint sein, weil es keine sachliche Rechtfertigung dafür gibt, sämtliche, insbesondere deliktische, Schadensersatzansprüche auszuschließen, weil eine Sache nich...