Der Kl. begehrt die Feststellung der Unwirksamkeit mehrerer Tariferhöhungen in seiner privaten Kranken- und Pflegeversicherung sowie Rückzahlung auf diese Prämienerhöhungen geleisteter Beiträge nebst Nutzungen und Zinsen.
In § 8b AVB/KK
(1) Im Rahmen der vertraglichen Leistungszusage können sich die Leistungen des VRs z.B. wegen steigender Heilbehandlungskosten, einer häufigeren Inanspruchnahme medizinischer Leistungen oder aufgrund steigender Lebenserwartung ändern. Dementsprechend vergleicht der VR zumindest jährlich für jeden Tarif die erforderlichen mit den in den technischen Berechnungsgrundlagen kalkulierten Versicherungsleistungen und Sterbewahrscheinlichkeiten. Ergibt diese Gegenüberstellung für eine Beobachtungseinheit eines Tarifs eine Abweichung von mehr als dem gesetzlich oder tariflich festgelegten Vomhundertsatz, werden alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit vom VR überprüft und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders angepasst. […].
(2) Von einer Beitragsanpassung kann abgesehen werden, wenn nach übereinstimmender Beurteilung durch den VR und den Treuhänder die Veränderung der Versicherungsleistungen als vorübergehend anzusehen ist.
In den zugehörigen Tarifen ist unter Ziff. 7.11 geregelt:
Zitat
Zu § 8b MB/KK 2009: Beitragsanpassung
Ergibt die vorgesehene Gegenüberstellung der erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen nach den Vorschriften des VAG und der Krankenversicherungsaufsichtsverordnung (KVAV) für eine Beobachtungseinheit eine Abweichung von mehr als 10 %, so überprüfen wir alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit und passen sie, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders an.
Bei einer Abweichung der erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen nach den Vorschriften des VAG und der KVAV für eine Beobachtungseinheit von mehr als 5 % können wir alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit überprüfen und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders anpassen.
Ergibt die vorgesehene Gegenüberstellung der erforderlichen mit den kalkulierten Sterbewahrscheinlichkeiten nach den Vorschriften des VAG und der KVAV für eine Beobachtungseinheit eine Abweichung von mehr als 5 %, haben wir alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit zu überprüfen und mit Zustimmung des Treuhänders anzupassen.
Bei der Beitragsanpassung zum 1.1.2019 im Tarif PN, Beobachtungseinheit Kinder, betrug die Veränderung der Versicherungsleistungen, mit der die Anpassung begründet wurde, 8,42 %. Bei der Beitragsanpassung zum 1.1.2020 im Tarif TG 366/110 betrug die Veränderung der Versicherungsleistungen, mit der die Anpassung begründet wurde, 5,12 %. Sämtlichen Beitragserhöhungen hat ein Treuhänder zugestimmt. Der Kläger hat vor dem LG die Auffassung geäußert, die Mitteilungen des Bekl. über die streitgegenständlichen Beitragserhöhungen erfüllten die gesetzlichen Mindestanforderungen an die Begründung gemäß § 203 Abs. 5 VVG nicht und seien deshalb formal unwirksam. Zwar teile der Bekl. mit, dass in dem betroffenen Tarif die Beiträge aufgrund veränderter Versicherungsleistungen angepasst werden müssten, lege aber nicht dar, ob diese Veränderungen von nicht nur vorübergehender Natur seien. Dies ergebe sich auch nicht aus den weiteren Unterlagen. Diejenigen Prämienneufestsetzungen, die durch eine Schwellenwertabweichung bei der Rechnungsgrundlage Versicherungsleistungen ausgelöst worden seien, die den gesetzlich festgelegten Wert von 10 % unterschritten, vorliegend die Erhöhung des Tarifs PN zum 1.1.2019, und die Erhöhung des Tarifs TG 366/110 zum 1.1.2020, seien endgültig unwirksam, da es keine wirksame Rechtsgrundlage für diese Neufestsetzungen gebe. § 8b MB-KK 2009 sei mit den gesetzlichen Bestimmungen unvereinbar und damit unwirksam. Das Gesetz verlange als Voraussetzung für die Prüfung der Rechnungsgrundlagen und eventuelle Anpassung der Prämien nicht nur eine Abweichung von den gesetzlich oder tariflich festgelegten Schwellenwerten, sondern auch, dass diese Abweichung nicht als nur vorübergehend anzusehen sei. Der Wortlaut der Regelung in § 8b Abs. 2 MB-KK 2009 eröffne jedoch einen Entscheidungsspielraum des VRs, ob er bei einer nur als vorübergehend anzusehenden Abweichung anpasse oder nicht. Auch § 8b Abs. 1 MB-KK 2009 könne keinen eigenständigen Bestand haben, da nach dem Wortlaut der verbleibenden Klausel durch Wegfall des zweiten Absatzes das Anpassungsrecht nun auch bei nur vorübergehenden Veränderungen sogar ohne jede Ermessensobliegenheit bestehe.