Öffentlicher Personennahverkehr
Gesetz zur Finanzierung des sog. 9-Euro-Tickets
Am 20.5.2022 hat der Bundesrat dem erst am 19.5.2022 vom Bundestag beschlossenen Siebten Gesetz zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes zugestimmt, das der Finanzierung des sog. 9-Euro-Tickets dient, mit dem in den Monaten Juni, Juli und August 2022 der gesamte öffentliche Nahverkehr in Deutschland für 9 EUR monatlich genutzt werden kann. Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses war das Gesetz noch nicht im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. In einer begleitenden Entschließung bemängelt der Bundesrat, dass die vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel zur Finanzierung des Tickets und zur Vermeidung von Preiserhöhungen nach Ablauf des 9-Euro-Tickets nicht ausreichten.
Quelle: BundesratKOMPAKT v. 20.5.2022
Verfassungsschutzrecht
Bayerisches Verfassungsschutzgesetz teilweise verfassungswidrig (BVerfG, Urt. v. 26.4.2022 – 1 BvR 1619/17)
Mit Urt. v. 26.4.2022 (1 BvR 1619/17) hat der Erste Senat des BVerfG entschieden, dass mehrere Vorschriften des BayVSG mit dem GG unvereinbar sind, weil die dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz darin eingeräumten Befugnisse teilweise gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) in seiner Ausprägung als Schutz der informationellen Selbstbestimmung, teilweise in seiner Ausprägung als Schutz der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme, teilweise gegen das Fernmeldegeheimnis (Art. 10 Abs. 1 GG) und teilweise gegen die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) verstoßen. Die Vorschrift des Art. 15 Abs. 3 BayVSG ("Auskunft über Verkehrsdaten aus Vorratsdatenspeicherung") erklärte das BVerfG wegen eines Verstoßes gegen das Gebot der Normenklarheit für nichtig. Das BVerfG beanstandete ferner die Regelungen über die Wohnraumüberwachung (Art. 9 Abs. 1 S. 1 BayVSG), die Online-Durchsuchung (Art. 10 Abs. 1 BayVSG), die Ortung von Mobilfunkendgeräten (Art. 12 Abs. 1 BayVG), den Einsatz verdeckter Mitarbeiter (Art. 18 Abs. 1 BayVSG) und die Observation außerhalb der Wohnung (Art. 19a Abs. 1 BayVSG). Diese Vorschriften hat das BVerfG für mit der Verfassung unvereinbar erklärt; sie gelten mit Blick auf die betroffenen Grundrechte mit einschränkenden Maßgaben bis zum Ablauf des 31.7.2023 fort.
Quelle: Pressemitteilung des BVerfG Nr. 33/2022 v. 26.4.2022
COVID-19-Pandemie
"Einrichtungsbezogene Impfnachweispflicht verfassungsgemäß (BVerfG, Beschl. v. 27.4.2022 – 1 BvR 2649/21)"
Mit am 19.5.2022 veröffentlichten Beschluss v. 27.4.2022 (1 BvR 2649/21) hat der Erste Senat des BVerfG eine Verfassungsbeschwerde gegen die in § 20a, § 22a und § 73 Abs. 1a Nr. 7e bis 7h IfSG geregelte und auf bestimmte Einrichtungen und Unternehmen des Gesundheitswesens und der Pflege bezogene Pflicht, eine COVID-19-Schutzimpfung, eine Genesung von der COVID-19-Krankheit oder eine medizinische Kontraindikation für eine Impfung nachzuweisen, zurückgewiesen. Die angegriffenen Vorschriften verletzten die Beschwerdeführenden nicht in ihren Rechten insbesondere aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG. Eingriffe in die genannten Grundrechte seien verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Der Gesetzgeber habe im Rahmen seines Einschätzungsspielraums einen angemessenen Ausgleich zwischen dem mit der Nachverfolgung verfolgten Schutz vulnerabler Menschen vor einer Infektion mit dem Coronavirus und den Grundrechtsbeeinträchtigungen gefunden.
Quelle: Pressemitteilung des BVerfG Nr. 42/2022 v. 19.5.2022
Rückzahlung von Monatsbeiträgen bei coronabedingter Schließung eines Fitnessstudios (BGH, Urt. v. 4.5.2022 – XII ZR 64/21)
Mit Urt. v. 4.5.2022 hat der BGH entschieden, dass ein Kunde eines Fitnessstudios nach §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4, 346 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung der für den Zeitraum der coronabedingten Schließung entrichteten Monatsbeiträge hat. Der Zweck des Fitnessstudiovertrags liege regelmäßig in der sportlichen Betätigung und damit in der Erreichung bestimmter Fitnessziele oder zumindest in der Erhaltung von Fitness und körperlicher Gesundheit. Die vom Betreiber geschuldete Leistung könne für die Zeit der Schließung wegen Zeitablaufs nicht mehr erreicht werden. Ein Fall der lediglich vorübergehenden Unmöglichkeit liege nicht vor. Der Betreiber des Fitnessstudios könne den Kunden daher nicht nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB auf eine Verlängerung des Fitnessstudiovertrages verweisen.
Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 056/2022 v. 4.5.2022
Autor: Karsten Funke
Karsten Funke, Richter am Landgericht, München
zfs 6/2022, S. 302