Zitat
[10] II. Die sofortige Beschwerde des Klägers gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, 569 ZPO ist zulässig. Insbesondere übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR, § 567 Abs. 2 ZPO. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Im Ergebnis zutreffend hat das LG die zu berücksichtigenden Reisekosten des Klägers mit insgesamt 394,50 EUR festgesetzt.
[11] 1. Gemäß § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO sind die von einer Partei angesetzten Kosten glaubhaft zu machen. Die Glaubhaftmachung im Sinne des Nachweises einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit erstreckt sich sowohl auf die Entstehung der Kosten als auch auf die Frage der Notwendigkeit i.S. des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO (BGH, Beschl. v. 13.4.2007 – II ZB 10/06, zfs 2007, 469 m. Anm. Hansens = AGS 2007, 366 = RVGreport 2007, 275 (Hansens)). Abgesehen von der Glaubhaftmachung des Kostenansatzes findet im Kostenfestsetzungsverfahren – auch in der Beschwerdeinstanz – eine Beweiserhebung nicht statt (vgl. OLG Nürnberg, Beschl. v. 16.7.2020 – 8 W 2303/20, JurBüro 2020, 486). Vorliegend fehlt es nach diesem Maßstab an einer hinreichenden Glaubhaftmachung für die geltend gemachte Höhe der anwaltlichen Reisekosten.
[12] 2. Die Beurteilung der Frage, ob aufgewendete Prozesskosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren, hat sich daran auszurichten, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen, die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte zu ergreifen. Sie trifft lediglich die Obliegenheit, unter mehreren gleich gearteten Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen (std. Rspr., vgl. BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, AGS 2003, 97 = BRAGOreport 2003, 13 (Hansens); Zöller/Herget, ZPO, 34. Aufl., § 91 Rn 12 m.w.N.).
[13] Beauftragt die Prozesspartei einen außerhalb des Gerichtsbezirks ansässigen und auch dort wohnenden Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung, ist hinsichtlich der von ihr geltend gemachten Reisekosten gemäß § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 ZPO zunächst die Notwendigkeit der Hinzuziehung dieses Prozessbevollmächtigten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung zu prüfen. Nur wenn die Notwendigkeit bejaht wird, sind die tatsächlichen Reisekosten des auswärtigen Prozessbevollmächtigten zu erstatten. Dabei ist anerkannt, dass die Hinzuziehung im Regelfall dann notwendig ist, wenn die Partei ihren Wohnort beziehungsweise ihren Sitz selbst außerhalb des Gerichtsbezirks hat und einen an ihrem Wohnsitz ansässigen Rechtsanwalt beauftragt. Demgegenüber fehlt die Notwendigkeit regelmäßig, wenn die Partei ihren Wohnsitz innerhalb des Gerichtsbezirks hat und einen außerhalb des Bezirks ansässigen Rechtsanwalt mandatiert (vgl. BGH, Beschl. v. 20.5.2008 – VIII ZB 92/07, JurBüro 2008, 481; Beschl. v. 13.9.2011 – VI ZB 9/10, AGS 2012, 47 = RVGreport 2011, 468 (Hansens); Beschluss v. 25.10.2011 – VIII ZB 93/10, RVGreport 2012, 112 (ders.); Beschl. v. 4.12.2018 – VIII ZB 37/18, AGS 2019, 41 = RVGreport 2019, 106 (ders.)). So liegt der Fall hier. Der Kläger hat nicht im Sinne von § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO glaubhaft gemacht, dass er bei Erhebung der Klage seinen Wohnsitz außerhalb des Landgerichtsbezirks Bamberg in räumlicher Nähe zum beauftragten Prozessbevollmächtigten in München hatte.
[14] a) Zwar bedarf es nach allgemeinen Grundsätzen (hierzu MüKo/ZPO-Schulz, 6. Aufl., § 104 Rn 14 m.w.N.) regelmäßig keiner gesonderten Glaubhaftmachung des der Geltendmachung von Kosten zugrunde gelegten Wohnsitzes einer Partei, soweit dieser im Prozess nicht streitig ist und sich aus den im Verfahren eingereichten Schriftsätzen ergibt. Vorliegend behauptet der Kläger jedoch im Kostenfestsetzungsverfahren einen anderen Wohnort, als er von ihm selbst im Prozess angegeben wurde. Bereits in der Klageschrift vom 19.12.2014 war die ladungsfähige Anschrift des Klägers mit "… straße … , Gemeinde X" angegeben. Obwohl der Kläger offensichtlich bereits seit geraumer Zeit seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Thailand hat, hat er noch mit Schriftsatz vom 31.5.2022 vortragen lassen, dass die Adresse in X nach wie vor die aktuelle Anschrift des Klägers in Deutschland sei. Für eine nach Prozessbeginn oder auch zu einem früheren Zeitpunkt erfolgte Wohnsitznahme in München bestand daher im gesamten Verfahren kein Anhaltspunkt.
[15] b) Soweit im Anschluss im Kostenfestsetzungsverfahren ein Wohnsitz des Klägers in München für den Zeitpunkt der Klageerhebung anwaltlich versichert wurde, hat das Landgericht dieses zu Recht nicht als hinreichende Glaubhaftmachung erachtet. Aus dem Gegenschluss zu § 104 Abs. 2 S. 2 ZPO ergibt sich, dass außerhalb der Auslagen nach Nr. 7001 VV RVG eine anwaltliche Versicherung zwar zulässiges Mittel der Glaubhaftmachung, aber nicht zwangsläufig ausreichend ist (vgl. OLG Köln, Beschluss v. 18.12.2013 – 2 Ws 686/13, RVGreport 2014,105 (Hansens) = NStZ-RR 2014, 64 für Kopierkosten e...