"… II. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet."
Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der VGH beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass die Entscheidung des VG zu ändern oder aufzuheben wäre.
Nach § 3 Abs. 1 S. 1 des StVG v. 5.3.2003 (BGBl I S. 310) und § 46 Abs. 1 S. 1 der FeV v. 13.12.2010 (BGBl I S. 1980), beide zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses zuletzt geändert durch Gesetz v. 2.3.2023 (BGBl 2023 I Nr. 56), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kfz ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 3 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 2 Abs. 8 StVG, § 46 Abs. 3 FeV). Nach § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 FeV kann die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach § 11 Abs. 1 und 2 FeV angeordnet werden bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er das geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf nach § 11 Abs. 8 S. 1 FeV auf die Nichteignung geschlossen werden. Der Schluss auf die Nichteignung ist allerdings nur zulässig, wenn die Anordnung der Begutachtung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (stRspr, vgl. BVerwG, Urt. v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 [zfs 2017, 474 =] BVerwGE 156, 293 = juris Rn 19). Dies ist hier der Fall.
Die Beschwerde gründet sich ausschließlich auf die Bindungswirkung des Strafurteils v. 31.1.2023. Streitig ist, ob das Strafgericht die Fahreignung des Antragstellers beurteilt hat und die Antragsgegnerin deshalb an diese Beurteilung gebunden ist.
Nach § 3 Abs. 4 S. 1 StVG kann die Fahrerlaubnisbehörde – will sie in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist – zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Dabei gilt die in § 3 Abs. 4 S. 1 StVG angeordnete Bindungswirkung nicht nur für die Maßnahme der Entziehung selbst, sondern nach ihrem Sinn und Zweck für das gesamte Entziehungsverfahren unter Einschluss der vorbereitenden Maßnahmen, sodass in derartigen Fällen die Behörde schon die Beibringung eines Gutachtens nicht anordnen darf (BayVGH, Urt. v. 17.4.2023 – 11 BV 22.1234 – BayVBl. 2023, 667 Rn 28; Beschl. v. 28.1.2022 – 11 CS 21.2171 – juris Rn 13). Allerdings ist die Verwaltungsbehörde an die strafgerichtliche Entscheidung nach Maßgabe des § 3 Abs. 4 S. 1 StVG grundsätzlich nur dann gebunden, wenn der Strafrichter im Rahmen des § 69 StGB die Fahreignung zu beurteilen hatte und nachprüfbar tatsächlich auch beurteilt hat (BVerwG, Urt. v. 27.9.1995 – 11 C 34.94 [zfs 1996, 77 =] BVerwGE 99, 249 = juris Rn 12). So tritt eine Bindungswirkung nicht ein, wenn das Strafurteil keine Ausführungen zur Kraftfahreignung enthält oder in den schriftlichen Gründen unklar bleibt, ob das Gericht die Fahreignung eigenständig beurteilt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.7.1988 – 7 C 46.87 – BVerwGE 80, 43 = juris Rn 10 ff.; Beschl. v. 11.10.1989 – 7 B 150.89 – juris Rn 2; Beschl. v. 1.4.1993 – 11 B 82.92 – Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 89 = juris Rn 3; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl. 2023, § 3 StVG Rn 59 m.w.N.). Um den Eintritt einer Bindung überprüfen zu können, verpflichtet § 267 Abs. 6 S. 2 StPO den Strafrichter zu einer besonderen Begründung, wenn er im Urteil von der Entziehung der Fahrerlaubnis absieht, obwohl sie nach der Art der Straftat in Betracht gekommen wäre. Dies gilt auch, wenn das Gericht – wie hier – von der Möglichkeit, die Gründe gemäß § 267 Abs. 4 StPO abzukürzen, Gebrauch macht (BayVGH, Beschl. v. 21.3.2021 – 11 CS 20.2867 – juris Rn 24; Beschl. v. 8.1.2015 – 11 CS 14.2389 – SVR 215, 232 = juris Rn 15). Fehlt es an der besonderen Begründung, entfällt die Bindung nach § 3 Abs. 4 S. 1 StVG, da die strafgerichtliche Entscheidung in solchen Fällen die erforderliche Eindeutigkeit und Bestimmtheit vermissen lässt (BayVGH, Beschl. v. 7.8.2008 – 11 CS 08.1854 – BayVBl 2009, 111 = juris Rn 40). Verhängt ein Strafgericht anstelle einer in Betracht kommenden Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB) ein Fahrverbot (§ 44 StGB) oder sieht es trotz Antrags der Staatsanwaltschaft davon ab, die Fahrerlaubnis zu entziehen, ist dies regelmäßig nicht schon für sich genommen Ausdruck einer stillschweigenden Prüfung un...