Die Klage ist im Hauptantrag – Vorschusszahlung – zwar zulässig, jedoch unbegründet. Die hilfsweise erhobene Feststellungsklage ist bereits unzulässig.

I. Der Kl. steht aus dem Versicherungsverhältnis kein Anspruch gegen die beklagte Versicherung auf eine Vorschusszahlung zu. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus Vertrag noch aus Gesetz. Die Kl. verlangt auch keine Abschlagszahlung i.S.d.. § 14 VVG. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten oder Vorgehen der Bekl. ist nicht ersichtlich. Der geltend gemachte Vorschussanspruch scheiterte auch daran, dass die Kl. bei ihren Berechnungen vom Ersatz der Neuwertspanne ausgeht, wofür die Voraussetzungen mittlerweile entfallen sind. Schließlich vermag sich die Kl. nicht auf § 249 Abs. 2 BGB zu berufen. Im Einzelnen:

1. Eine vertragliche Grundlage für Vorschusszahlungen vermochte die Kl. nicht zu benennen. Eine Durchsicht und Auswertung der … Vertragsunterlagen, insbesondere der … (VGB 2000), gibt nichts für einen Vorschussanspruch her. Soweit ersichtlich, ist dort an keiner Stelle von einer Vorschusszahlung die Rede, wobei eine solche Klausel auch nähere Voraussetzungen und Modalitäten enthalten würde, wie zum Beispiel die Schlussabrechnung und Rückzahlungsverpflichtungen. Zudem ist aus den einschlägigen Klauseln und deren konkreter Formulierung kein Anhaltspunkt für eine Auslegung dahin zu entnehmen, dass es nicht darauf ankäme, ob Sanierungsleistungen oder Reparaturen bereits erbracht wurden.

Hierin liegt der maßgebliche Unterschied zu einem 2013 vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall (BGH, Urt. v. 19.6.2013 – IV ZR 228/12, juris), in dem aufgrund einer konkreten und besonderen Klauselgestaltung ein Anspruch auf Aufwendungsersatz hergeleitet wurde, ohne dass diese Aufwendungen bereits erbracht oder zumindest entsprechende Zahlungsverpflichtungen begründet sein mussten. Zudem bezog sich der dort geltend gemachte Anspruch auf Abschlagszahlungen (!) nur auf ausdrücklich geregelte Schadensminderungskosten und Aufräumungs- wie Abbruchkosten, nicht – wie im vorliegenden Fall – auf den Hauptschaden selbst und dessen vollständige Deckung.

Es fehlt ersichtlich an einer expliziten Versicherungsbedingung wie zum Beispiel im Falle der Vorschusspflicht in der Unfallversicherung. Ziff. 9.3 AUB 2008 bestimmt im Kontext von Fälligkeitsregelungen: "Steht die Leistungspflicht zunächst nur dem Grunde nach fest, zahlen wir – auf Ihren Wunsch – angemessene Vorschüsse." Vergleichbares gilt für die Vorschussregelung im Kaskoversicherungsrecht.

Ein verständiger VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse, auf dessen Horizont es bei Auslegung der geltenden Versicherungsbedingungen ankommt, wird jedenfalls nicht davon ausgehen dürfen, dass seine Versicherung ohne spezifische Grundlage bei einem Streit um das Schadensausmaß in Vorleistung tritt, mit allen damit verbundenen Risiken (s. hierzu Weidner, jurisPR-VersR 9/2013 Anm. 1).

2. Darüber hinaus ergibt sich ein Vorschussanspruch auch nicht unmittelbar aus dem Gesetz. Das einschlägige Versicherungsrecht gibt hierfür nichts her. Im Gegenteil werden Vorschussansprüche nur vereinzelt und als Ausnahme gesetzlich geregelt, jeweils mit weiteren Modalitäten. Hierfür steht exemplarisch § 187 Abs. 2 S. 2 VVG, eine Spezialregelung im Unfallversicherungsrecht. Diese isolierten Regelungen betreffen spezifische Bereiche, in denen ein Anspruch auf angemessene Vorschussleistung etwa aufgrund existenzieller Bedürfnisse gerechtfertigt erscheint, wie die Unfallversicherung. Derartige Bedürfnisse und Interessenlagen sind im Falle einer Gebäudeversicherung nicht gegeben.

Vor dem Hintergrund vereinzelter ausdrücklicher gesetzlicher Regelungen – mit Ausnahmecharakter – lässt sich e contrario argumentieren, dass für den Bereich der Wohngebäudeversicherung gerade kein Vorschuss notwendig erscheint und vorgesehen ist. Es scheidet zugleich eine Einzel- oder Gesamtanalogie aus, zumal keinerlei regelungswidrige Gesetzeslücke erkennbar ist.

3. Ergänzend sei angemerkt, dass die Kl. keine bloßen Abschlagszahlungen im Sinne des § 14 Abs. 2 VVG verlangt, vielmehr ausdrücklich einen Vorschuss. Zudem begehrt sie diesen Vorschuss in voller Höhe auf der Grundlage von Voranschlägen, während eine Abschlagszahlung sich qua definitionem nur auf einen Teil der anfallenden Kosten bezieht. Es kann daher offenbleiben, ob die spezifischen Voraussetzungen für eine etwaige Abschlagszahlung gegeben wären.

4. Der BGH hat zudem jüngst klargestellt (Beschl. v. 19.4.2023 – IV ZR 204/22, juris):

"Sollte die Bekl. dem Grunde nach einstandspflichtig sein, ist der vom Berufungsgericht angenommene Abschlagsanspruch aus § 14 Abs. 2 Satz 1 VVG nicht auf den Betrag gerichtet, den der VR voraussichtlich zu zahlen hat. Vielmehr kann im Rahmen eines Abschlagsanspruchs allein dasjenige verlangt werden, was dem VN mit Sicherheit endgültig zusteht. Der VR ist nicht verpflichtet, Vorschüsse unter dem Vorbehalt einer Schlussabrechnung zu zahlen (BGHZ 96, 88; vgl. auch VersR 2013, 1039 Rn 31)."

5. Die Kl. verma...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge