Die Kl. hat einen Anspruch auf Feststellung des Fortbestands der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Der Vertrag ist durch die Rücktrittserklärung der Bekl. vom 23.7.2020 nicht wirksam gemäß § 19 Abs. 2 VVG beendet worden, da es jedenfalls an einer mindestens grobfahrlässigen Verletzung der Anzeigepflicht fehlt (§ 19 Abs. 3 VVG) und die Bekl. überdies selbst geltend macht, den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen zu haben (§ 19 Abs. 4 S. 1 VVG).
1. Im Ergebnis kann dahinstehen, ob die Kl. eine Anzeigepflicht nach § 19 Abs. 1 VVG verletzt hat, weil das Rücktrittsrecht der Bekl. jedenfalls nach § 19 Abs. 3 VVG mangels grober Fahrlässigkeit ausgeschlossen ist.
a) Hinsichtlich der nicht angegebenen Rückenbeschwerden nach dem Unfall in dem Bus würde es allerdings bereits an einer Pflichtverletzung fehlen, soweit es sich hierbei um eine nicht anzeigepflichtige Bagatellbeschwerde handelte. Hinsichtlich des von der Bekl. angeführten Wirbelsäulenleidens der Kl. ist den vorgelegten Behandlungsunterlagen … nur zu entnehmen, dass die Kl. nach dem Unfall an einer vorübergehenden Verspannung der Nackenmuskulatur und einem endgradigen Schmerz beim Drehen des Kopfes litt. Ärztlicherseits war insoweit Schonung und lokale Wärmeanwendung empfohlen worden. Nachuntersuchung war hierzu ohne Befund: "Kopfrotation frei, Nackenmuskulatur nicht verspannt". Entgegen dem Vorbringen der Bekl. trifft es auch nicht zu, dass die Kl. wegen HWS-Beschwerden noch im Jahr 2011 bei dem Neurologen in Behandlung gewesen wäre. Nach dessen Erklärung hat sich die Kl. bei ihm nur am 12.11.2010 einmalig vorgestellt. Im Jahr 2011 hat der Arzt lediglich die Rechnung für diese Behandlung gestellt.
Soweit es demnach um einen kurzzeitigen Verspannungsschmerz geht, der keine weiteren ärztlichen Maßnahmen veranlasste, läge keine Gefahrerheblichkeit nach § 19 Abs. 1 Satz 1 VVG vor, weil dies für den Entschluss des VR, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, nicht relevant wäre (vgl. OLG Frankfurt a.M., NVersZ 2000, 130, 131; Bruck/Möller/Rolfs, VVG, 9. Aufl., § 19 Rn 60). Ob etwas anderes gilt, weil die Kl., wie sie in ihrer Anhörung vor dem Senat von sich aus ergänzend mitgeteilt hat, wegen Rückenbeschwerden doch immerhin auch physiotherapeutische Behandlung erhalten hat, kann indes dahinstehen.
b) Jedenfalls nicht mehr als Bagatelle können zwar die Kopfschmerzen angesehen werden, an denen die Kl. auch noch mehrere Wochen nach dem Unfall litt und wegen derer sie wiederholt bei Ärzten vorstellig wurde. Insoweit stellt sich aber die Frage, ob die Bekl. in dem Antragsformular nicht nur nach längerfristig wiederkehrenden, chronischen Kopfschmerzen gefragt hat.
Grundsätzlich trifft den VN keine Obliegenheit, ungefragt Gefahrumstände mitzuteilen; eine Anzeigepflichtverletzung setzt voraus, dass nach den verschwiegenen Umständen in Textform gefragt worden ist (§ 19 Abs. 1 Satz 1 VVG). Ziff. 6.9. des Antragsformulars fragt nicht nach jeglichem, und auch nicht nach jedem längeranhaltenden erheblichen Kopfschmerz, sondern nach Kopfschmerzen mit einer Schmerzdauer von mehr als 5 Stunden täglich, die häufiger als zweimal pro Monat auftreten. Auch unter Berücksichtigung des dem Antragsformular vorangestellten Hinweises, wonach die Beispiele nicht vollständig alle möglichen Erkrankungsbegriffe aus dem jeweiligen Antwortbereich umfassen, wird damit nicht nur im Sinne eines Beispiels Kopfschmerz mit der genannten Dauer und Häufigkeit aufgeführt und darüber hinaus noch nach allen übrigen erheblichen Kopfschmerzen gefragt, sondern sind die genannten Qualifikationen aus Sicht des verständigen VN Voraussetzung der Mitteilungspflicht. Wie sie zu verstehen sind, kann dem verständigen VN unter Umständen nicht eindeutig klar sein: Auch in Anbetracht des allerdings nicht nur kurzfristigen Kopfschmerzes, den die Kl. nach dem Unfall hatte, der dann aber zum Jahresende folgenlos ausklang, kann zweifelhaft erscheinen, ob es sich um Kopfschmerzen im Sinne der Antragsfrage, also solche, die öfter als zweimal pro Monat auftreten, handelte.
Denn letztere Anforderung kann auch nahe legen, dass nur chronisch wiederkehrende Kopfschmerzen gemeint sind, solche also, die in einem längeren Zeitraum Monat für Monat auftreten und nicht nur einmalig in einem Zeitraum von sei es auch insgesamt etwa zwei Monaten vorliegen, dann aber ausklingen und nicht wiederkehren. Für die Annahme eines chronischen Schmerzleidens würde ein singulär gebliebener, beendeter Schmerzzeitraum, auch wenn dieser nicht kurz war, noch nicht genügen. Soweit die Antragsfrage unterschiedlich weit verstanden werden kann, braucht der VN nur das anzugeben, wonach zweifellos gefragt ist (Bruck/Möller/Rolfs, VVG, § 19 Rn 29).
c) Über die Auslegung der Frage und Reichweite der Anzeigepflicht braucht hier aber nicht entschieden zu werden, da es auch dann, wenn die von der Kl. erlittenen Kopfschmerzen von einem verständigen VN in jedem Fall als von der Frage erfa...