[…] II. Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 80 Abs. 1 OWiG zuzulassen.
Gegen den Betroffenen ist eine Geldbuße von nicht mehr als 250 EUR verhängt worden. Nach § 80 Abs. 1 OWiG darf die Rechtsbeschwerde daher nur zugelassen werden, wenn es geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Urteils zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagen des rechtlichen Gehörs aufzuheben ist. Ein solcher Fall liegt hier vor, da nach Auffassung des Senats das rechtliche Gehör des Betroffenen in entscheidungserheblicher Form verletzt worden ist.
Die in zulässiger Weise ausgeführte Gehörsrüge beanstandet zu Recht, dass das AG sich nicht mit den Einwendungen des Betroffenen hinsichtlich des in der Akte befindlichen Messprotokolls, datierend auf den 15.11.2022, auseinandergesetzt hat.
Dem liegt folgender Verfahrensgang zu Grunde: Der mit Beschluss des AG vom 24.7.2023 von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung vom 24.7.2023 ordnungsgemäß entbundene Betroffene ist im Hauptverhandlungstermin am 24.7.2023 nicht erschienen. Auch der mit einer Vertretungs- und Verteidigungsvollmacht ausgestattete Verteidiger hat den Termin nicht wahrgenommen. Das Amtsgericht hat daher die Hauptverhandlung in Abwesenheit gemäß § 74 Abs. 1 S. 1 OWiG durchgeführt.
Der Betroffenen hatte zuvor mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 19.7.2023 Einwendungen gegen die Ordnungsgemäßheit der Messung erhoben. Insbesondere hat der Betroffene beanstandet, dass seitens der Bußgeldbehörde zunächst ein zwar von den beiden Messbeamten (OPB A, OPB B) unterschriebenes, aber nicht ausgefülltes Blankomessprotokoll vorgelegt worden ist und erst auf Anforderung der StA Marburg vom 29.3.2023 ein zwar ausgefülltes, auf den XX.XX.2022 datierendes Messprotokoll zur Akte gereicht worden ist, dieses aber nur eingescannte Unterschriften der beiden Messbeamten enthält. Ausweislich des am 24.7.2023 fertiggestellten Protokolls der Hauptverhandlung hat das AG (u.a.) dieses Messprotokoll zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht, verlesen und erörtert. Eine Vernehmung der Messbeamten als Zeugen ist nicht erfolgt. Sodann erging das angefochtene Sachurteil.
Diese Verfahrensweise war fehlerhaft.
Für das Abwesenheitsverfahren ist § 74 Abs. 1 S. 2 OWiG verpflichtend zu beachten (vgl. hierzu Göhler/Seitz/Bauer, OWiG § 74 Rn 11). Danach sind frühere Vernehmungen des Betroffenen und seine schriftlichen oder protokollierten Erklärungen durch Mitteilung ihres wesentlichen Inhalts oder Verlesung in die Hauptverhandlung einzuführen. Dadurch wird sichergestellt, dass alle wesentlichen Erklärungen, die der Betroffene in irgendeinem Stadium des Bußgeldverfahrens zu der gegen ihn erhobenen Beschuldigung abgegeben hat, bei der Entscheidung berücksichtigt werden. Die Verlesung bzw. die Bekanntgabe gehört dabei zu den wesentlichen Förmlichkeiten i.S.d. § 274 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG, deren Beachtung nur durch das Protokoll bewiesen werden kann (BayObLG NZV 1996, 211). Die durch einen Schriftsatz des vertretungsberechtigten Verteidigers vorgetragenen Angaben des Betroffenen können ebenfalls so bekanntgegeben und berücksichtigt werden, wenn Betroffener und Verteidiger in der Hauptverhandlung ausbleiben (vgl. hierzu Göhler/Seitz/Bauer § 71 Rn 11a, OLG Frankfurt NZV 1993, 281). Dies ist hier – was zutreffend gerügt wird – ausweislich des Protokolls nicht erfolgt, enthält dieses doch keinen Hinweis darauf, dass sich die auf das Messprotokoll vom XX.XX.2022 beziehenden Beanstandungen des Betroffenen bzw. des vertretungsberechtigten Verteidigers zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht worden sind. Das Rügevorbringen erschöpft sich auch diesbezüglich – anders als dies die Generalstaatsanwaltschaft bewertet – nicht darin, lediglich die Unvollständigkeit/Unrichtigkeit des Protokolls zu rügen (unzulässige Protokollrüge), auf der das Urteil nicht beruhen kann (vgl. hierzu Meyer-Goßner/Schmitt, StPO § 272 Rn 30, § 344 Rn 26). Die Ernsthaftigkeit des Sachvortrags, dass das Amtsgericht diese Einwendung verfahrensfehlerhaft tatsächlich nicht in die Hauptverhandlung eingeführt und bei seiner Entscheidung verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt hat, wird hier durch die Formulierung im Zulassungsantrag "ausweislich des Protokolls", welcher als bloßer Hinweis auf das geeignete Beweismittel (§ 273 Abs. 1 S. 1 StPO) zu verstehen ist, für den Senat im vorliegenden Einzelfall nicht in Frage gestellt (vgl. hierzu BGH StV 1997, 515, Rdnr.4; OLG Hamm StraFo 1997, 210).
Aus den durch die Erhebung der Sachrüge zugänglichen Urteilsgründen ergibt sich, dass sich das AG Marburg mit den Einwendungen hinsichtlich des lediglich mit eingescannten Unterschriften versehenen Messprotokolls nicht auseinandergesetzt, dieses aber gleichwohl zu Lasten des Betroffenen der Verurteilung zugrunde gelegt hat, um u.a. die ordnungsgemäße Inbetriebnahme des stationären Messgerätes des Typs TRAFFIPAX TraffiStar S 330 entsprechend der gültigen Gebr...