StVO § 12 § 41 Abs. 2 Zeichen 283; SPolG § 8 Abs. 1 (polizeiliche Generalklausel)
Leitsatz
1. Angesichts der vielfältigen Anforderungen, die in straßenverkehrsrechtlicher und sonstiger Hinsicht an den Straßenraum gestellt werden, ist eine wesentliche Einschränkung der Effizienz der Gefahrenabwehr zu befürchten, wenn die Vorlaufzeit zur Vollstreckung auch von vorübergehend angeordneten Verkehrsregelungen zu lang bemessen wird. Den unterschiedlichen Auffassungen gemeinsam sei, dass jeweils versucht wurde, die entsprechende Vorlaufzeit an den Bedürfnissen des Verkehrs vor dem Hintergrund des Fehlens einer in der StVO geregelten Pflicht, ein abgestelltes Fahrzeug in regelmäßigen Abständen zu kontrollieren, zu bemessen. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht unproblematisch, eine abstrakte Festlegung vorzunehmen, die die Umstände wie etwa die Schwere der verursachten Gefahr oder die Erkennbarkeit der Gefahrenverursachung außer Acht lassen würde.
2. Die Frage, ob ein Verkehrszeichen zum Zeitpunkt des Abstellens des Fahrzeugs tatsächlich aufgestellt war oder nicht kann z.B. dann offen bleiben, wenn die Umstände des Einzelfalles – etwa die Erkennbarkeit einer Baustelle – dazu geführt hätten, dass sich ein Verkehrsteilnehmer, der sein Fahrzeug abstellt, nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen in die Verkehrsregelung zum Zeitpunkt des Abstellens berufen kann.
(Leitsätze der Schriftleitung)
VG des Saarlandes, Urt. v. 27.9.2007 – 6 K 359/07 – rechtskräftig
Sachverhalt
Die Klägerin wendet sich gegen einen Erstattungsbescheid, durch den sie zur Zahlung von Abschleppkosten und einer Verwaltungsgebühr in Anspruch genommen wird. Zur Durchführung von Bauarbeiten war zu der Zeit durch ein mobiles Verkehrszeichen (Zeichen 283 der StVO) ein absolutes Haltverbot eingerichtet. Die Klägerin sowie ein Zeuge hatten sich an die Beklagte gewandt und darauf verwiesen, dass bereits am Einsatztag die Mehrzahl der Personen, die von der Abschleppmaßnahme betroffen waren, unabhängig voneinander ihre Zweifel an der Beschilderung mitgeteilt hätten. Weiter ist ausgeführt, fünf der Betroffenen seien der festen Überzeugung, dass am Montag (24.4.2006) zu der Zeit als sie ihre Fahrzeuge dort abstellten, keine Haltverbotsbeschilderung aufgestellt gewesen sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.1.2007 wies das Innenministerium den Widerspruch zurück. Zur Begründung ist in dem Bescheid ausgeführt, die Klägerin habe beim Abstellen ihres Fahrzeugs gegen die Bestimmungen des §§ 1 Abs. 2, 12 Abs. 1 Nr. 6a und Abs. 4 StVO verstoßen. Da in jedem Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Normen gleichzeitig eine Störung der öffentlichen Sicherheit i.S.d. § 8 Abs. 1 SPolG liege, seien die Beamten der Beklagten zum Einschreiten berechtigt gewesen. Die Maßnahme sei auch verhältnismäßig gewesen, weil wegen des verbotswidrig abgestellten Fahrzeuges an der Örtlichkeit anstehende Bauarbeiten nicht hätten durchgeführt werden können. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass andere Kraftfahrer durch dieses Parkverhalten zu einem gleichermaßen verbotswidrigen Verhalten veranlasst werden. Das Abschleppen sei die einzig geeignete, aber auch erforderliche Maßnahme zur Beseitigung dieser Störung der öffentlichen Sicherheit gewesen. Ihre Behauptung, am Abschlepptag sei, als sie ihr Fahrzeug abgestellt habe, keine entsprechende Beschilderung vorhanden gewesen, sei durch die Stellungnahme der eingesetzten Polizeibeamten widerlegt. Ob sie die Schilder tatsächlich wahrgenommen habe, sei unerheblich. Die Klägerin sei daher gem. § 5 SPolG i.V.m. § 46 Abs. 1 SPolG zur Erstattung der Abschleppkosten in Höhe von 97,44 EUR sowie gem. § 90 SPolG i.V.m. § 1 Nr. 4 der Polizeikostenverordnung zur Zahlung einer Gebühr für die polizeiliche Amtshandlung in Höhe von 55,-- EUR verpflichtet und habe außerdem nach § 9a SaarlGebG i.V.m. den Richtlinien vom 30.1.2002 eine Widerspruchsgebühr von 31,70 EUR, die Zustellungsgebühr von 5,62 EUR und die eigenen Auslagen zu tragen.
Aus den Gründen
“Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg.
Der Erstattungsbescheid der Beklagten vom 22.6.2006 und der Widerspruchsbescheid des Ministeriums für Inneres, Familie, Frauen und Sport vom 26.1.2007 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
Nach der mündlichen Verhandlung steht zur Überzeugung des Gerichts nicht fest, dass die Beschilderung nach den Umständen des konkreten Falles vor der durchgeführten Maßnahme so aufgestellt war, dass der Erstattungs- und Kostenbescheid recht-, insbesondere verhältnismäßig ist.
Angesichts der vielfältigen Anforderungen, die in straßenverkehrsrechtlicher und sonstiger Hinsicht an den Straßenraum gestellt werden, ist eine wesentliche Einschränkung der Effizienz der Gefahrenabwehr zu befürchten, wenn die Vorlaufzeit zur Vollstreckung auch von vorübergehend angeordneten Verkehrsregelungen zu lang bemessen wird.
Der VGH Mannheim (NJW 1991, 1698 [Leits. in zfs 1992, 72]) hat eine Frist von nur zwei Tagen für zu kurz bemessen angesehen. Nach Auffassung des OVG Hamburg (DÖV 1995, 784 [Leits....