a) Dem IV. Zivilsenat lag eine von der 5. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart mit Urt. v. 18.12.2007 zugelassene Revision vor. Das Urteil betraf die Leistungspflicht des Teilkasko-Versicherers nach einem Marderbiss. Der unterlegene Versicherungsnehmer hat die bereits begründete Revision aber noch vor der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zurückgenommen. Es gibt also kein Senatsurteil, über das hier zu berichten wäre. Gleichwohl ist die Sache interessant und von gewisser Breitenwirkung, so dass der Fall dennoch vorstellt werden soll. Seine Lösung gründet sich natürlich (nur) auf die Auffassung des Autors zu den zu entscheidenden Rechtsfragen.
b) Aus dem Sachverhalt ist – soweit hier relevant – nicht viel darzustellen: Der Pkw des Klägers war durch Marderbiss beschädigt worden. Betroffen war u.a. eine sog. Achsmanschette in Form eines "Faltenbalgs", für deren Austausch ein Betrag von circa 300 EUR anfiel. Die vereinbarten AVB hatten unter § 12 (1) I – soweit einschlägig – folgenden Wortlaut:
"Die Teilversicherung umfasst Schäden"
(…) e) durch Marderbiss an Kabeln, Schläuchen und Leitungen von als Pkw, Campingfahrzeugen oder Krafträdern zugelassenen Fahrzeugen. Folgeschäden aller Art, insbesondere weitergehende Schäden am Fahrzeug selbst, sind vom Versicherungsschutz ausgenommen;
(…)“.
Der Kläger hatte die Auffassung vertreten, die Achsmanschette sei als Schlauch i.S.d. Klausel versichert, der Versicherer müsse also leisten. Damit hatte er vor dem Amtsgericht noch Erfolg. Die Klausel schließe Beschädigungen an der Achsmanschette ein; es handele sich um ein Gummiteil, an dem sich die typische Gefahr von Marderbissen verwirklicht habe. Das Berufungsgericht hat die Klage dagegen insoweit abgewiesen. Es hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass nach Angaben des gerichtlichen Sachverständigen die Achsmanschette nicht als Schlauch oder Leitung angesehen werde. Auch ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer werde unter einem Faltenbalg/einer Achsmanschette nicht einen Schlauch verstehen, selbst wenn diese(r) aus Gummi hergestellt werde. Mit dieser Auffassung stand das Berufungsgericht im Ergebnis nicht allein; in seinem Sinne hatten bereits das Landgericht Lüneburg und das Amtsgericht Tostedt entschieden.
c) Wie zu erkennen, geht es um die Auslegung des hier vereinbarten § 12 (1) I e AVB und genauer um den dort verwendeten Begriff Schlauch: Ist die Achsmanschette (in Form eines Faltenbalgs) ein Schlauch i.S.d. Klausel?
Nach der Rechtsprechung des IV. Zivilsenats sind Allgemeine Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an.
Der Versicherungsnehmer geht regelmäßig zunächst vom Wortlaut der Klausel aus. Maßgeblich ist dabei – wenn, wie hier, andere Anhaltspunkte in der Klausel fehlen – der allgemeine Sprachgebrauch des täglichen Lebens, nicht etwa ein fachwissenschaftlicher oder technischer Sprachgebrauch. Schon unter diesem Blickwinkel überzeugt es nicht ganz, wenn das Berufungsgericht den Klauselinhalt aus Sicht eines technischen Sachverständigen bestimmen will, denn die Klausel verweist nicht etwa darauf, dass technische Begriffe aus der Kraftfahrzeugtechnik Verwendung finden sollen. Den Begriff Schlauch gibt es weit über diesen Bereich hinaus. Aber was ist ein "Schlauch" im allgemeinen Sprachgebrauch? Die Sichtung von Nachschlagewerken hat zu erstaunlichen Erkenntnissen geführt, die ich Ihnen jedenfalls teilweise vorstellen will.
Als "Schlauch" wird ein flexibler, eher länglicher und eher enger Hohlkörper aus elastischem Material verstanden, der dem Durchleiten (z.B. Wasserschlauch) oder Halten (z.B. Fahrradschlauch, Weinschlauch, Schlauchboot) von Medien, typischerweise Flüssigkeiten oder Gasen dient. Es gibt aber auch "Schrumpfschläuche", die zum Schutz etwa von Kabelverbindungen über diese gestreift werden. Das Durchleiten von Flüssigkeiten oder Gasen ist also schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht zwingende Voraussetzung für die Annahme eines Schlauchs. Der allgemeine Sprachgebrauch verbindet mit einem Schlauch einen eher langen und engen Hohlkörper, wie etwa die Verwendung des Wortes "Schlauch" im übertragenen Sinne für lange enge Räume oder Kleidungsstücke (Schlauchkleid) belegt. Das deutet darauf hin, dass bei einem typischen Schlauch dessen Länge wesentlich größer ist als dessen Durchmesser. Darauf beschränkt sich der allgemeine Sprachgebrauch jedoch nicht. Auch Hohlkörper mit einem Vergleich zu Länge eher großen und uneineinheitlichen Durchmesser werden noch als "Schlauch" bezeichnet (z.B. Weinschlauch). Gerade bei letzterem ist der Durchmesser der Öffnung funktionsbedingt typischerweise wesentlich kleiner als der Durchmesser in der Mitte des Hohlkörpers ("s...