VVG § 67Abs. 2 a.F.
Leitsatz
§ 67 Abs. 2 VVG a.F. ist analog auch auf Partner einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft anwendbar.
BGH, Urt. v. 22.4.2009 – IV ZR 160/07
Sachverhalt
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz im Regresswege nach § 67 Abs. 1 S. 1 VVG a.F.
Der Versicherungsnehmer hielt bei der Klägerin eine Kfz-Vollversicherung für einen geleasten Pkw, der bei einem von der Beklagten als Fahrerin verursachten Verkehrsunfall einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitt. Im Unfallzeitpunkt stand der Pkw im Eigentum des Leasingunternehmens. Leasingnehmerin und als Halterin eingetragen war eine GmbH, deren Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer der Versicherungsnehmer war. Diese GmbH hatte den Pkw dem Versicherungsnehmer zur geschäftlichen und privaten Nutzung überlassen. Auf Grund des Versicherungsvertrags zahlte die Klägerin nach rechtskräftiger Verurteilung an den Versicherungsnehmer einen Betrag von 15.906,90 EUR und nimmt die Beklagte nun in derselben Höhe in Regress.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte habe den Unfall grob fahrlässig verursacht. Sowohl dem Versicherungsnehmer als auch dem Leasingunternehmen hätten deswegen Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zugestanden, die nach geleisteter Zahlung auf sie, die Klägerin, gem. § 67 Abs. 1 S. 1 VVG a.F. übergegangen seien.
Die Beklagte meint, ein Anspruchsübergang sei nach § 67 Abs. 2 VVG a.F. ausgeschlossen, weil sie als Familienangehörige des Versicherungsnehmers, ihres Lebensgefährten, angesehen oder zumindest wie eine solche behandelt werden müsse. Sie beruft sich darauf, dass sie und der Versicherungsnehmer seit Jahren einen gemeinsamen Hausstand führen und ein 1999 geborenes gemeinsames Kind haben, das sie gemeinsam aufziehen.
Aus den Gründen
Aus den Gründen: [8] „… Zwar geht das BG zutreffend davon aus, dass nicht eheliche Lebensgemeinschaften in analoger Anwendung des § 67 Abs. 2 VVG a.F. einen Ausschluss des Forderungsübergangs begründen können. Vom Bestehen einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft zwischen der Beklagten und dem Versicherungsnehmer durfte das BG indes nicht ohne Beweisaufnahme ausgehen.
[9] 1. § 67 Abs. 2 VVG a.F. ist analog auf Partner einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft anwendbar; sie stehen insoweit “Familienangehörigen’ im Sinne dieser Vorschrift gleich.
[10] a) Ein einheitlicher Inhalt des Begriffs “Familienangehöriger’ lässt sich aus der Gesetzessprache nicht herleiten. Er ist deshalb für jede Regelung mit Blick auf deren Sinn und Zweck unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs zu ermitteln ( … ). Sinn und Zweck der Vorschrift des § 67 Abs. 2 VVG a.F. ist es, zu verhindern, dass der Versicherungsnehmer – oder der Versicherte – auf dem Umweg über einen Rückgriff gegen den in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen selbst wirtschaftlich in Mitleidenschaft gezogen wird (Senat VersR 2008, 634 Tz. 9; VersR 1994, 85 unter II 1, jeweils m.w.N.). Darüber hinaus soll im Interesse des häuslichen Familienfriedens verhindert werden, dass Streitigkeiten über die Verantwortung von Schadenszufügungen gegen Familienangehörige ausgetragen werden (BGHZ 102, 257, 259). Der Begriff des Familienangehörigen i.S.d. § 67 Abs. 2 VVG a.F. ist daher nicht auf Eheleute, Verwandte oder Verschwägerte im Rechtssinn beschränkt. Er kann auch Personen umfassen, die ohne familienrechtliche Verbindung, sei es auf Grund vertraglicher Vereinbarung oder auch rein tatsächlich, mit anderen in einer Weise zusammenleben, die einem Familienverband ähnlich ist und daher wegen der damit verbundenen wirtschaftlichen Zusammengehörigkeit den Schutz des § 67 Abs. 2 VVG a.F. erfordern (BGH VersR 1980, 526 unter I 2a).
[11] b) Die Frage, ob § 67 Abs. 2 VVG a.F. auch Partner einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft erfassen kann, wird in Rspr. und Literatur unterschiedlich beantwortet.
[12] aa) In dem vorgenannten Urteil hat der BGH dies noch ausdrücklich offen gelassen (a.a.O. unter II 2a aa). Mit Urt. v. 1.12.1987 hat er eine Erstreckung des Familienprivilegs des § 116 Abs. 6 SGB X auf die Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft ausdrücklich abgelehnt, da eine solche Ausdehnung dieser Vorschrift in der praktischen Rechtsanwendung zu Unsicherheiten führen würde, die wegen des nicht nur in der Privatversicherung, sondern auch in der Sozialversicherung besonders großen Bedürfnisses nach Berechenbarkeit und leicht feststellbaren, typisierenden und pauschalierenden Tatbeständen nicht hinnehmbar erschienen. Zwar möchten Sachgründe ausreichen, eine analoge Anwendung des Familienprivilegs auf die Lebensgemeinschaft von Mann und Frau etwa wegen herausgehobener Ähnlichkeit mit einer ehelichen Lebensgemeinschaft zu begrenzen. Dabei wäre aber eine Eingrenzung auf solche Lebensgemeinschaften geboten, die bereits eine gewisse Verfestigung gefunden hätten, die sich insbesondere in dem Grad der Verknüpfung der Lebenssphären beider Partner und ihrer Anlage auf Dauer ausdrücke. Selbst wenn sich hierfür sachangemessene Maßstäbe finden ließen, müssten diese de...