Prof. Dr. Roland Rixecker
VVG § 12 Abs. 1 a.F.; BGB § 199 Abs. 1
1. Treten im Anschluss an die Regulierung eines Versicherungsfalles in der Gebäudeversicherung weitere Folgeschäden auf, beginnt für diese der Lauf der Verjährungsfrist gem. § 12 Abs. 1 VVG a.F. erst ab dem Zeitpunkt, in dem der Versicherer auch insoweit die nötigen Erhebungen abgeschlossen hat.
2. War das Gebäude bei Eintritt des Versicherungsfalles bereits vorgeschädigt, ist die Versicherungsentschädigung um den auf die Vorschäden entfallenden Anteil, der gem. § 287 ZPO geschätzt werden kann, zu verringern.
OLG Dresden, Urt. v. 11.3.2010 – 4 U 846/09
Aus den Gründen:
“ … Dem Kläger steht nur in dieser Höhe ein Anspruch aus der bei der Beklagten gehaltenen Gebäudeversicherung gem. §§ 1, 4 Nr. 1b, 6 VGB C. zu. Die weiter gehende Klage war hingegen abzuweisen.
1. Allerdings ist das LG zu Unrecht von einer Verjährung des Gesamtanspruches ausgegangen. Unstreitig ist es im August 2003 zu einem versicherten Wasserschaden im Haus des Klägers gekommen, den dieser mit Schreiben vom 25.8.2003 an die Beklagte gemeldet hat. In der Folge hat die Beklagte auf diesen Schaden insgesamt 1640 EUR geleistet, die Prüfung des Schadensfalls war für sie mit dem Vergleichsangebot vom 29.9.2003 beendet, sodass die Entschädigung für die mit Schreiben vom 25.8.2003 angemeldeten Schäden spätestens zu diesem Zeitpunkt fällig wurde (§ 11 VVG a.F.). Dies folgt auch aus dem Schreiben vom 17.10.2003, in dem die Beklagte entgegen der Auffassung des Klägers unter Bezug auf die fehlende Möglichkeit weiterer Feststellungen zur Schadenshöhe darüber hinausgehende Zahlungen ablehnte. Mit der Schadensaufnahme durch einen Vertreter am 9.8.2003 auf dem Grundstück des Klägers hatte die Beklagte ihrer Ermittlungspflicht im Rahmen des § 11 VVG genügt. Die Verjährungsfrist des § 12 Abs. 1 VVG, die an diese Fälligkeit anknüpft, begann damit zum 31.12.2003 zu laufen und war mit Ablauf des 31.12.2005 verstrichen, wie auch das LG im Ausgangspunkt zutreffend angenommen hat. Eine Hemmung der Verjährung durch Verhandlungen nach § 203 BGB ist durch die Anmeldung weiterer Folgeschäden mit Schreiben des Klägers vom 1.7./3.7.2005 nicht eingetreten. Zwar wird die Verjährung eines mit Zugang der Leistungsablehnung fällig gewordenen Versicherungsanspruchs gehemmt, wenn der Versicherer später zu erkennen gibt, dass er die Frage seiner Leistungspflicht wieder als offen betrachtet und daher erneut abschließend entscheiden will (OLG Hamm r+s 2000, 118). Ein derartiger Wille ist dem Schreiben der Beklagten vom 20.7.2005, in dem diese lediglich mitteilt, dass eine vorausgegangene Prüfung an der Ablehnung weiterer Entschädigungsansprüche nichts ändere, indes nicht zu entnehmen. …
Das LG hat jedoch übersehen, dass von diesem Lauf der Verjährung nur die im Jahre 2003 bereits fälligen Ansprüche, nicht jedoch diejenigen Schäden, die erst zu einem späteren Zeitpunkt aufgetreten und fällig geworden sind, erfasst wurden. § 12 Abs. 1 VVG unterscheidet sich von § 199 BGB, der für den Beginn der Verjährung auf die Entstehung des Anspruches und die Kenntnis des Gläubigers von den maßgeblichen Umständen abstellt. Die Anknüpfung an die in § 11 VVG geregelte Fälligkeit des Anspruchs hat zur Folge, dass die Verjährung auch nach Beendigung der Feststellungen des Versicherers nur insoweit zu laufen beginnt, wie der Gläubiger im Stande ist, Klage auf sofortige Leistung zu erheben. Anders als im allgemeinen Schadensrecht kann er nicht auf eine Feststellungsklage verwiesen werden. Soweit die Leistungen, die ein Versicherer aus Anlass eines bestimmten Versicherungsfalles schuldet, zu unterschiedlichen Zeiten fällig werden, laufen für die einzelnen Teilleistungen auch unterschiedliche Verjährungsfristen (BGH VersR 2002, 698; 1983, 674; RGZ 156, 113; Prölss/Martin, a.a.O., § 12 Rn 13). Die Verjährungsfrist beginnt für Folgeschäden, mit deren Eintritt bereits im Schadensfall zu rechnen war, erst in dem Zeitpunkt, in dem diese Folgeschäden nach außen sichtbar werden, durch den Versicherungsnehmer i.S.d. § 11 Abs. 1 VVG a.F. angezeigt werden und der Versicherer die notwendigen Erhebungen beendet hat. Dies setzt indes voraus, dass sich die Folgeschäden von den bereits angezeigten und vom Versicherer abschließend bearbeiteten Ansprüchen abgrenzen lassen. Ist eine solche Abgrenzung nicht möglich, verjähren auch die Folgeschäden in der für den Ursprungsschaden laufenden Verjährungsfrist. Dies folgt aus dem im gesamten Haftungsrecht geltenden Grundsatz der Einheitlichkeit des Schadens (vgl. hierzu Jahnke, VersR 1998, 1343, 1346) und dem Gebot der Rechtssicherheit, dessen Verwirklichung die Verjährungsfrist des § 12 Abs. 1 S. 1 VVG dient. Nach diesen Grundsätzen sind hier die Ansprüche auf Erneuerung der Tapete in der Küche, im Schlafzimmer und in den Kinderzimmern entsprechend dem Angebot vom 23.6.2008 des Malerbetriebs H unbeschadet der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob sie adäquat-kausal auf das streitgegenständliche Schadenereignis zurückzuführen wären, verjährt. ...