„ … Die zulässige Klage ist begründet. Der Mitversicherten steht gem. § 75 VVG a.F. (§ 45 VVG) ein eigener Deckungsanspruch aus dem Versicherungsvertrag vom 12.1.1999 zu. Dieser Anspruch ist nicht gem. § 6 Abs. 3 VVG a.F., § 6 S. 1 AHB 97 wegen einer Obliegenheitsverletzung der Mitversicherten ausgeschlossen.
Der Kl. macht keinen eigenen Deckungsanspruch geltend, sondern denjenigen der Mitversicherten. Das LG hat bei seiner Entscheidung verkannt, dass es hier um eine angebliche Obliegenheitsverletzung der Mitversicherten geht, nicht um eine solche des Kl. Die Mitversicherung – um eine solche handelt es sich hier – ist Fremdversicherung i.S.d. §§ 74 – 80 VVG a.F. (= §§ 43 ff. VVG) … Den Mitversicherten treffen gem. § 7 Abs. 1 S. 1 AHB 97 die gleichen Obliegenheiten, wie den VN …
a) Die Mitversicherte hat die Obliegenheit zur wahrheitsgemäßen Anzeige des Versicherungsfalles gegenüber der Bekl. nicht vorsätzlich verletzt.
aa) In einem solchen Fall könnten Ansprüche der Mitversicherten gegen die Bekl. gem. §§ 6 Abs. 3 VVG a.F., 6 S. 1 AHB 97 ausgeschlossen sein. Es besteht ein besonderes Bedürfnis des Versicherers nach einer Prävention vorsätzlicher Obliegenheitsverstöße. Der Verstoß gegen eine Obliegenheits- bzw. Mitteilungspflicht ist generell geeignet, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden …
Die Bekl. hat aber weder vorgetragen noch bewiesen, dass die Mitversicherte ihr gegenüber falsche Angaben gemacht hat. Die Mitversicherte wurde auch gegenüber der Bekl. durch den Kl. und dessen Prozessbevollmächtigten vertreten und sie hat ihr gegenüber selbst weder mündlich noch schriftlich Angaben gemacht. Aus dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Kl. vom 2.7.2007 an den Anwalt der Geschädigten geht hervor, dass die Mitversicherte der Bekl. keine Mitteilung gemacht hat. Mit Schreiben v. 1.8.2007 teilte der Prozessbevollmächtigte des Kl. der Bekl. mit, dass sich die Gegenpartei eines Anspruches von 5.230 EUR berühme und tatsächlich keine Anspruchsgrundlage gegeben sei. Er bat um Mitteilung darüber, ob die anlässlich seiner Inanspruchnahme entstandenen Kosten von der Bekl. übernommen würden. Daraus ergibt sich nicht, dass die Mitversicherte gegenüber der Bekl. Ansprüche auf Deckungsschutz gestellt oder Angaben zu ihrer Beteiligung an dem Unfall gemacht hat.
bb) Selbst wenn man in dem Schreiben v. 1.8.2007 eine Mitteilung der Mitversicherten sähe, liegt keine Obliegenheitsverletzung vor. In dem Schreiben hat der Prozessbevollmächtigte des Kl. die Mitteilung an die Bekl. weitergegeben, dass mangels Beteiligung der Mitversicherten an dem Fahrradunfall keine Anspruchsgrundlage gegeben sei.
Dabei handelte es sich um ein Geschäft, das zu seiner Wirksamkeit gem. § 107 BGB der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters bedurft hätte. Es liegt zwar keine Willenserklärung im Sinne der Vorschrift vor, sondern eine geschäftsähnliche oder Rechtshandlung (Palandt/Ellenberger, 70. Aufl. Vor § 104, Rn 4). Auf Mitteilungen oder Anzeigen sind jedoch die §§ 104 ff BGB entsprechend anzuwenden (Palandt/Ellenberger, a.a.O., Rn 6 vor § 104).
Es handelte sich um ein zustimmungsbedürftiges Geschäft i.S.v. § 107 BGB, da die Minderjährige hierdurch nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangen konnte. Bei einer falschen Erklärung gegenüber der Versicherung besteht immer die Möglichkeit, dass hieraus rechtlich nachteilige Folgen eintreten können, dies zeigt der vorliegende Fall.
Der Kl. als gesetzlicher Vertreter hat weder ausdrücklich noch konkludent in eine Erklärung der Mitversicherten – wenn sie denn überhaupt vorlag – eingewilligt. Ihm fehlte für die Bekl. ersichtlich das Erklärungsbewusstsein … Er wollte keine Einwilligung im Sinne von § 107 BGB erteilen, vielmehr gab er lediglich einen Sachverhalt, der ihm von seiner Tochter geschildert worden war, weiter. Der Rechtsfolgen, die nach dem VVG a.F. gem. §§ 6 Abs. 3 VVG a.F., 6 S. 1 AHB 97 bei einer falschen Erklärung eintreten konnten, war sich der Kl. nicht bewusst. Daran hat sicherlich auch der Prozessbevollmächtigte des Kl. bei der Übermittlung des Schreibens v. 2.7.2007 nicht gedacht. Mit dem Schreiben v. 1.8.2007 begehrte er keinen Versicherungsschutz, vielmehr bat er lediglich um Mitteilung darüber, ob die anlässlich seiner Inanspruchnahme entstandenen Kosten übernommen werden könnten.
b) Außerdem kann die Bekl. aus unwahren Angaben des VN bzw. des Mitversicherten nur dann Leistungsfreiheit herleiten, wenn sie den VN vorher auf den drohenden Anspruchsverlust hingewiesen hat (BGHZ 48, 7; OLG Frankfurt VersR 93, 2003). Eine solche Belehrung ist hier nicht erfolgt. Die Belehrungspflicht ist von der Rspr. entwickelt worden, um einen schutzwürdigen VN vor einem unerwarteten Rechtsverlust zu bewahren. Ist ein VN nicht schutzwürdig, dann kann sich der Versicherer bei unwahren Angaben über den Versicherungsfall auf Leistungsfreiheit berufen, auch wenn er die ihm obliegende Belehrungspflicht versäumt hat. Dies ist der Fall, wenn er oder sein Mitversicherter arglistig ihre Aufklä...