VVG § 75
Leitsatz
Ist bestimmt, dass bei Kumulschäden durch Elementarereignisse ein prozentualer Abzug von der Entschädigungsleistung vorzunehmen ist, so ist der Selbstbehalt auch von der Höchstentschädigungssumme abzuziehen.
(Leitsatz der Schriftleitung)
OLG München, Urt. v. 15.10.2010 – 25 U 2639/10
1 Aus den Gründen:
„ … Die zulässige Berufung ist begründet. Sie führt unter Abänderung des erst erstinstanzlichen Urt. zur Abweisung der Klage insgesamt.
Der Nachtrag zum Versicherungsschein für das Jahr 2008 sowie die beigefügte Deklaration über versicherte Gefahren, Entschädigungsgrenzen und Selbstbehalte enthält die Regelung, dass der Selbstbehalt für Schäden durch Elementarereignisse je Fahrzeug und Schadensereignis 1.500 EUR beträgt. Weiter ist bestimmt:
“Werden durch ein und dasselbe Elementarereignis mehrere Fahrzeuge beschädigt (Kumulschaden), beträgt der Selbstbehalt 15 % von der ermittelten Entschädigungsleistung für alle betroffenen Fahrzeuge zusammen, mindestens jedoch der je Fahrzeug geltende Selbstbehalt für Elementarereignisse, maximiert auf das 30-fache.’
Die vorgenannte, hier maßgebliche Regelung stellt nach dem Wortlaut bei einem kumulativen Schaden an mehreren Fahrzeugen bezüglich der Höhe des Selbstbehalts auf den Prozentsatz von 15 % von der ermittelten Entschädigungsleistung für alle betroffenen Fahrzeuge ab, wobei als Mindestbetrag der je Fahrzeug geltende Selbstbehalt für Elementarereignisse – also je 1.500 EUR maximiert auf das 30-fache – festgelegt ist. Danach ist bei den so genannten Kumulschadensfällen als Selbstbehalt ein prozentualer Abzug von der Entschädigungsleistung – unter Berücksichtigung eines Mindestselbstbehalts – eindeutig vereinbart. Es ist nicht auf den Gesamtschaden, der infolge eines Elementarereignisses entstanden ist, sondern auf die ermittelte Entschädigungsleistung abgestellt. Diese ist unter Beachtung der vereinbarten Entschädigungsgrenze von 250.000 EUR als Höchstentschädigungssumme zu ermitteln. Sie beträgt 250.000 EUR. Hiervon war der vereinbarte Vorbehalt von 45.000 EUR abzuziehen. Für diese Auslegung spricht der eindeutige Wortlaut der Bestimmung, die zum Selbstbehalt nicht nur die Höhe des Prozentsatzes festlegt, sondern auch die Bezugsgröße, von der der Abschlag vorzunehmen ist. Hiermit im Einklang steht auch die Darstellung in der Deklaration über versicherte Gefahren, Entschädigungsgrenzen und Selbstbehalte zur Autohauspolice. Dort sind in Spalte 1 die jeweiligen Entschädigungsgrenzen, z.B. für einen einzelnen Pkw bzw. Lieferwagen 150.000 EUR, für alle Schäden aufgrund eines Elementarereignisses 250.000 EUR, in Spalte 2 die jeweiligen Selbstbehalte genannt. Ausweislich der Deklaration ist ein solcher nicht für jeden Versicherungsschaden vereinbart. Nur im Falle der vereinbarten Selbstbehalte ist von der jeweils vereinbarten Entschädigungsgrenze, sofern diese erreicht wird, noch ein Abzug zu machen. Dass dabei die Entschädigungsgrenze ggfs. bei Vereinbarung eines Selbstbehalts unterschritten wird, ist auf den zusätzlich vereinbarten Selbstbehalt zurückzuführen.
Selbstbehalt und Entschädigungsgrenze führen im Schadensfall jeweils zu einer Reduzierung der Entschädigungsleistung. Dass zunächst die Entschädigungsgrenze zu berücksichtigen und dann von der ermittelten Entschädigungsleistung der Selbstbehalt abzuziehen ist, ergibt sich hier aus der versicherungsvertraglichen Regelung des Selbstbehalts. Darauf, ob dann, wenn eine Regelung aus der Vereinbarung nicht ersichtlich ist, der bedingungsgemäß als Entschädigung unter Berücksichtigung der Entschädigungsgrenze errechnete Betrag um den Selbstbehalt vermindert wird (Halbach, in MüKo-VVG, § 75 Rn 13, Kollhosser, in: Prölss/Martin, 27. Aufl., § 56 VVG Rn 15) oder zuerst der Selbstbehalt und dann die Entschädigungsgrenze zu berücksichtigen sind (Martin, Sachversicherungsrecht, 3. Aufl., UI 13; Schauer, BerIK, § 56 VVG Rn 28), kommt es hier, da das Verhältnis durch die konkrete vertragliche Regelung bestimmt wird, nicht an.“