"… Der Kl. steht gegenüber der Bekl. dem Grunde nach ein Anspruch auf Auszahlung einer Versicherungsleistung aus der zwischen den Parteien geschlossenen Kfz-Kaskoversicherung wegen des Diebstahls ihres Fahrzeuges in der Nacht vom 16. auf den 17.12.2010 zu."
a) Die Kl. hat den von ihr zu führenden Entwendungsnachweis in erster Instanz mit Hilfe von Zeugen geführt. An den VN werden wegen der ansonsten drohenden Entwertung des Versicherungsschutzes grds. keine strengen Anforderungen hinsichtlich der Beweisführung gestellt. Seine Redlichkeit wird vermutet und es genügt auf der ersten Stufe der sogenannten Drei-Stufen-Theorie des BGH, dass er Tatsachen vorträgt, aus denen sich das äußere Bild eines Diebstahls mit hinreichender Wahrscheinlichkeit schließen lässt (…). Dies erfordert, dass er ein Mindestmaß an Tatsachen vorträgt, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf eine Entwendung zulassen. Das Mindestmaß ist in der Regel erfüllt, wenn der VN vorträgt und beweist, dass er oder eine andere zum Gebrauch befugte Person das Fahrzeug an einen bestimmten Ort zur einer bestimmten Zeit abgestellt und später nicht mehr vorgefunden hat (Brockmöller zfs 17, 184, 185). In erster Instanz haben sowohl die Zeugin B., die Tochter der Kl. als auch die Zeugin M., Nachbarin der Kl., widerspruchsfrei und plausibel bekundet, dass das Fahrzeug am Abend vor der Tatnacht im Innenhof des Anwesens der Kl. abgestellt worden und am Morgen danach unauffindbar gewesen sei. Anhaltspunkte für eine etwaige Unglaubwürdigkeit der Zeuginnen sind nicht ersichtlich und sind auch von keiner Seite vorgebracht worden. Gestützt wird die Annahme des äußeren Bildes eines Diebstahls zudem dadurch, dass nach der polizeilichen Ermittlungsakte die Kennzeichen des Fahrzeuges im Großraum L. im Nachgang gefunden wurden, nachdem sie offenbar vom Kfz abgeschraubt und weggeworfen worden waren und dass ferner beim später tatverdächtigen Zeugen R. persönliche Dinge und Schulsachen der Tochter der Kl. gefunden wurden, die diese nach eigenem Bekunden in der Tatnacht im Auto gelassen hatte.
Der Annahme des äußeren Bildes eines Diebstahls stehen auch nicht nach dem behaupteten Diebstahl am nächsten Morgen nicht vorhandene Schneespuren am Tatort entgegen. Zum einen setzt nach der Rspr. das äußere Bild eines Diebstahls keine “stimmigen' Einspruchsspuren voraus (vgl. Brockmüller, a.a.O., S. 187 m.w.N.), zum anderen ließe sich diese vermeintliche “Ungereimtheit' auch damit erklären, dass der Schneefall erst nach der Tat eingesetzt hatte, sodass keine Reifenspuren des Wagens der Kl. zu sehen waren.
b) Ist danach auf der ersten Stufe dem VN der Beweis des äußeren Bildes eines Diebstahls gelungen, kann der VR den Gegenbeweis dadurch führen, dass er konkrete Tatsachen nachweist, die die Annahme der Vortäuschung eines Versicherungsfalles zumindest mit erheblicher Wahrscheinlichkeit nahelegen (…). Allein, dass der VN nicht lückenlos schlüssige Angaben macht – wie hier beispielsweise zu den Schlüssel- und Nutzungsverhältnissen – und dabei möglicherweise auch eine Aufklärungsobliegenheit verletzt, kann für sich genommen diese erhebliche Wahrscheinlichkeit nicht nahelegen, wenn nicht noch weitere Verdachtsmomente im Hinblick auf die Vortäuschung einer Straftat vorliegen (…). Derartige Verdachtsmomente kann der Senat in der Gesamtschau dem Vorbringen der Bekl. nicht entnehmen. Auch die beigezogene Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft L gibt hierfür nichts her. Im Ergebnis der persönlichen Anhörung hält der Senat die Angaben der Kl. zudem für glaubhaft. Daher ist im Ergebnis vom Diebstahl des Fahrzeugs der Kl. und damit von einem versicherten Ereignis auszugehen.
2. Von der danach eingetretenen grundsätzlichen Leistungspflicht ist die Bekl. zwar nicht vollständig aber teilweise leistungsfrei geworden.
a) Von einer Gefahrerhöhung durch das Aufbewahren des Fahrzeugscheins im Handschuhfach des klägerischen Autos ist allerdings nicht auszugehen. Gem. § 81 VVG i.V.m. Ziffer A.2.16 der AKB 2008 entfällt der Versicherungsschutz bei vorsätzlich herbeigeführten Schäden, im Falle grob fahrlässiger Herbeiführung kommt eine verhältnismäßige Kürzung des Anspruchs in Betracht. Eine Leistungsfreiheit wegen vorsätzlicher Herbeiführung scheidet aus. Hierfür genügt es nicht, dass die Kl. den Kfz-Schein “vorsätzlich' im Handschuhfach hatte liegen lassen. Vielmehr muss der Vorsatz sich auch auf den Versicherungsfall selbst beziehen (Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. AKB 2008, A.2.16 Rn 3). für letzteres ist nichts ersichtlich.
Auch eine Kürzung wegen grober Fahrlässigkeit kommt insofern nicht in Betracht. Denn mag sich auch im Nachgang zu einem Diebstahl das In-den-Händen-halten des Kfz-Scheins für den Dieb als vorteilhaft erweisen so ist das Belassen des Kfz-Scheins im Auto in aller Regel nicht – und so auch hier nicht kausal für die Entwendung (…).
b) Die Bekl. ist allerdings teilweise leistungsfrei wegen der fahrlässigen Verletzung einer Aufklärungsobliegenheit. Hierbe...