AHB 2011 § 1; AHB BB III; LuftVG § 44
Leitsatz
Eine Modellrakete, die zur Freizeitgestaltung gestartet wird, ist kein Luftfahrzeug.
LG Frankfurt, 21.2.2020 – 2-08 S 12/19
Sachverhalt
Zwischen der Ehefrau des Kl. und der Bekl. besteht ein Haftpflichtversicherungsvertrag, im Rahmen dessen der Kl. mitversichert ist. In den Vertrag wurden zum einen die AHB 2011 und die Versicherungsbedingungen für die H Haftpflichtversicherung einbezogen. In diesen hieß es u.a.:
"III. Kraft-, Luft- und Wasserfahrzeuge"
1. Nicht versichert ist die Haftpflicht des Eigentümers, Besitzers, Halters oder Führers eines Kraft-, Luft- oder Wasserfahrzeugs wegen Schäden, die durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursacht werden.
2. Versichert ist jedoch die Haftpflicht wegen Schäden, die verursacht werden durch den Gebrauch von
a. Luftfahrzeugen, die nicht der Versicherungspflicht unterliegen
…“
Der Kl. erwarb einst bei … eine Rakete. Diese Rakete wies laut der Internetbeschreibung von … eine Länge von 47 cm, einen Durchmesser von 2,5 cm und ein Gewicht von 35 g auf und sah wie folgt aus: (…)
Am 22.2.2015 startete der Kl. auf einem Feldweg bei Bad Homburg diese Rakete.
Zum Zeitpunkt des Starts befand sich in etwa 120 m Entfernung eine Pferdekutsche. Durch das Zischen der Rakete beim Start scheute das Pferd, ein Rad der Kutsche kam vom Weg ab, die Kutsche kippte nach links und der Kutscher verlor die Kontrolle. Als das Pferd wendete, fielen die zwei in der Kutsche befindlichen Personen – u.a. … – heraus. Das Pferd war außer Kontrolle und lief mit der Kutsche zum Stall zurück. Bei dem Versuch, in die Box zu gelangen, blieb die Kutsche an der Stalltür hängen und wurde beschädigt.
Der Kl. hat beantragt, festzustellen, dass die Bekl. verpflichtet ist, dem Kl. aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag VNR Nummer … wegen der Ansprüche der Frau … aus dem Unfall vom 22.2.2015 Versicherungsschutz zu gewähren.
2 Aus den Gründen:
"… Dem Kl. steht gegen die Bekl. ein Anspruch auf Versicherungsschutz wegen der Ansprüche der Frau … aus dem Unfall vom 22.2.2015 zu."
Der Anspruch ergibt sich aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag (…). Nach dem zwischen der Ehefrau des Kl. und der Bekl. geschlossenen Versicherungsvertrag trifft die Bekl. als VR die Pflicht, dem mitversicherten Kl. Versicherungsschutz für den Fall zu gewähren, dass er wegen eines während der Wirksamkeit der Versicherung eingetretenen Schadensereignisses, das einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hatte, für diese Folgen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird.
Diese Voraussetzungen sind allesamt erfüllt.
a. Frau … hat Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gegen den Kl. geltend gemacht und konnte diese hierbei auf § 823 Abs. 1 BGB stützen. Das Schadensereignis hatte dabei sowohl einen Personen- als auch einen Sachschaden zur Folge, da nicht nur die Kutsche beschädigt und das Pferd leicht verletzt, sondern auch die Anspruchstellerin in ihrer Gesundheit beeinträchtigt worden ist.
Das Ereignis, welches zu diesen Schäden geführt hat, basierte auf dem Startvorgang der streitgegenständlichen Rakete, die durch Zischgeräusche beim Start das die Kutsche ziehende Pferd zum Scheuen brachte, woraufhin die Kutsche vom Weg abkam, die Fahrer aus der Kutsche fielen und das Pferd mitsamt der nunmehr entleerten Kutsche zum Stall zurücklief und die Kutsche an der Stalltür letztlich hängenblieb.
b. Der Anspruch des Kl. auf Versicherungsschutz ist auch nicht ausgeschlossen.
Ein Ausschluss des Versicherungsschutzes nach III. der Versicherungsbedingungen (…) ist (…) nicht gegeben.
Nicht versichert sind nach dieser Klausel Schäden, die durch den Gebrauch eines Kraft-, Luft- oder Wasserfahrzeugs entstanden sind, sofern das Fahrzeug dabei der Versicherungspflicht unterliegt.
Wie das AG zutreffend ausgeführt hat, stellt die streitgegenständliche Rakete kein versicherungspflichtiges Luftfahrzeug dar.
Nach § 43 Abs. 2 LuftVG ist der Halter eines Luftfahrzeugs verpflichtet, zur Deckung seiner Haftung auf Schadensersatz eine Haftpflichtversicherung zu unterhalten.
Was ein Luftfahrzeug ist, ist zwar nicht legaldefiniert, nach § 1 Abs. 2 S. 1 LuftVG sind Luftfahrzeuge aber: (wird ausgeführt).
Nach § 1 Abs. 2 S. 2, 3 LuftVG gelten als Luftfahrzeuge auch Raumfahrzeuge, Raketen und ähnliche Flugkörper, solange sie sich im Luftraum befinden, und unbemannte Fluggeräte einschließlich ihrer Kontrollstation, die nicht zu Zwecken des Sports oder der Freizeitgestaltung betrieben werden (unbemannte Luftfahrtsysteme).
Die streitgegenständliche Rakete fällt unter keinen der unter Ziff. 1-11 aufgeführten Gegenstände. Eine Versicherungspflicht ergibt sich auch nicht mit Blick auf § 1 Abs. 2 S. 2, 3 LuftVG
aa. Der streitgegenständliche Gegenstand unterfällt nicht § 1 Abs. 2, S. 1 Ziff. 11 LuftVG, wonach Luftfahrzeuge auch sonstige für die Benutzung des Luftraums bestimmte Geräte sind, sofern sie in Höhen von mehr als dreißig Metern über Grund oder Wasser betrieben werden können.
Diese Geräte sind na...