I. Sachverhalt
Mit einem Schadensfall, der sich nicht während der Verkehrsteilnahme eines Kfz ereignet hat, hatte sich das OLG Koblenz (Beschl. v. 3.7.2019 und 5.8.2019 – 12 U 57/19) zu befassen. Geklagt hatte ein Mann, dessen Auto sich in einer automatischen Waschstraße befand. Auf dem Förderband vor ihm befand sich das Auto der Beklagten. Der Motor des Wagens der Beklagten war abgeschaltet, das Fahrzeug wurde vom Förderband durch die Waschstraße gezogen, als sich am Hinterrad eine der Vorrichtungen löste, die das Fahrzeug auf dem Förderband fixierten. Daraufhin blieb das Fahrzeug der Beklagten stehen. Der Kläger bremste ab, um einen Zusammenstoß zu vermeiden, woraufhin der Rhythmus der einzelnen Waschstationen gestört wurde. In Folge dessen drückte das Gebläse der Trocknungsanlage auf das Heck des Pkw des Klägers und beschädigte es massiv. Der Kläger forderte von der Frau die Erstattung der Reparaturkosten in Höhe von rund 4.500 EUR.
II. Die Entscheidung des OLG
Der Schaden an dem Pkw des Klägers hat sich zu einem Zeitpunkt ereignet, als sich der Pkw der Beklagten mit ausgeschaltetem Motor auf dem Förderband der Waschstraße befand. Das Fahrzeug war zu diesem Zeitpunkt noch vollständig abhängig von den automatisierten Transportvorgängen innerhalb der Waschstraße. Das Gericht hält den Pkw insoweit nach wie vor mit jedem beliebigen Gegenstand vergleichbar, der in gleicher Weise automatisch weitertransportiert und bewegt wird. Die besonderen Gefahren des Betriebes des Kfz (Geschwindigkeit, Ausmaße, Gewicht) haben in diesem Moment keinerlei Relevanz entfaltet.
III. Abgrenzung zu Fällen, in denen es zu Schäden durch Selbstentzündung des Fahrzeugs kam
Das Gericht grenzte den Fall ab
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von einem Urteil des EuGH (Urt. v. 20.6.2019 – C-1007/18), der entschieden hatte, dass eine "Verwendung eines Fahrzeugs" auch dann vorliegt, wenn ein – seit 24 Stunden in einer Garage eines Hauses abgestelltes – Fahrzeug bedingt durch einen Schaden im Schaltkreis Feuer fängt und das Haus beim Brand beschädigt wird und |
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von einer Entscheidung des OLG Köln v. 6.4.2017 (3 U 111/15), in welcher das Gericht einem Gebäudeversicherer einen Schadensersatzanspruch für Brandschäden an einem Gebäude, die durch einen technischen Defekt einer Betriebseinrichtung eines Kfz verursacht worden waren, zugesprochen hatte. Dort war der schadensauslösende Brand durch einen Primärdefekt in der Fahrzeugelektrik nach der Betätigung der Zündung des Fahrzeugs entstanden. Ein naher örtlicher und zeitlicher Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang (Betätigung der Zündung) bzw. mit einer bestimmten Betriebsvorrichtung (Fahrzeugelektrik) war damit gegeben. Anders als im Falle des OLG Köln stand im Fall des OLG Koblenz der Schaden in der Waschstraße dagegen in keinerlei örtlichem und zeitlichem Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebsvorrichtung des Pkw der Beklagten. |
IV. Folgerungen für die Praxis
Der Fall unterscheidet sich von den Selbstentzündungsfällen:
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BGH (Urt. v 26.3.2019 – VI ZR 236/18) : Nach einem Unfall war ein Pkw in einer Werkstatt abgestellt worden. Aufgrund eines Kurzschlusses in der elektrischen Anlage des Fahrzeugs kam es zu einem Brand in der Werkstatt. Der Brand griff auf ein benachbartes Haus über. Der Kurzschluss war auf den Unfall, also auf eine frühere Verkehrsteilnahme und damit letztlich auf einen Vorgang im Rahmen des Betriebs des Fahrzeugs zurückzuführen. Der BGH zieht hier also folgenden Schluss: Wäre das Auto nicht (vor 1 ½ Tagen) in Betrieb gewesen, wäre es nicht in einen Verkehrsunfall verwickelt worden. Ohne den Unfall hätte es keine Beschädigung gegeben – und ohne die Beschädigung keinen Brand. |
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BGH (Urt. v. 21.1.2014 – VI ZR-253/13) : Die Beklagte hatte ihr Fahrzeug in der Tiefgarage des Hauses abgestellt, in dem sie wohnte. Der Kläger hatte sein Fahrzeug daneben geparkt. Aufgrund einer Selbstzündung des Fahrzeugs der Beklagten geriet auch das Fahrzeug des Klägers in Brand. Der BGH gab der Klage statt: Der Schaden am Fahrzeug des Klägers stand in einem nahen örtlichen und zeitlichen Kausalzusammenhang mit dem Brand des Kraftfahrzeuges der Beklagten, der durch den technischen Defekt einer Betriebseinrichtung dieses Fahrzeuges verursacht worden ist. Dass Dritte durch den Defekt einer Betriebseinrichtung eines Kraftfahrzeuges an ihren Rechtsgütern einen Schaden erleiden, gehört zu den spezifischen Auswirkungen derjenigen Gefahren, für die die Haftungsvorschrift des § 7 StVG den Verkehr schadlos halten will. Dabei macht es rechtlich keinen Unterschied, ob der Brand – etwa durch einen Kurzschluss der Batterie – unabhängig vom Fahrbetrieb selbst vor, während oder nach einer Fahrt eintritt. Wollte man die Haftung aus § 7 Abs. 1 StVG auf Schadensfolgen begrenzen, die durch den Fahrbetrieb selbst und dessen Nachwirkungen verursacht worden sind, liefe die Haftung in all den Fällen leer, in denen unabhängig von ei... |