"… II. Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das LG die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen, weil einem weitergehenden Anspruch der Kl. auf Zahlung eines Schmerzensgeldes die Rechtskraft des Urteils im Vorprozess entgegensteht."
1. Der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes gebietet es, die Höhe des der Geschädigten zustehenden Schmerzensgeldes aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadensbildes zu bemessen (vgl. BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschl. v. 6.7.1955 – GSZ 1/55, BGHZ 18, 149, 151 ff.; Urt. v. 6.12.1960 – VI ZR 73/60, VersR 1961, 164 f.; v. 20.3.2001 – VI ZR 325/99, VersR 2001, 876; v. 20.1.2015 – VI ZR 27/14, VersR 2015, 772; v. 10.7.2018 – VI ZR 259/15, juris Rn 6). Verlangt ein Geschädigter für erlittene Körperverletzungen uneingeschränkt ein Schmerzensgeld, so werden durch den Klageantrag alle diejenigen Schadensfolgen erfasst, die entweder bereits eingetreten und objektiv erkennbar waren oder deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden konnte (BGH, Urt. v. 11.6.1963 – VI ZR 135/62, VersR 1963, 1048, 1049; v. 8.7.1980 – VI ZR 72/79, VersR 1980, 975 f.; v. 24.5.1988 – VI ZR 326/87, VersR 1988, 929 f.; v. 7.2.1995 – VI ZR 201/94, VersR 1995, 471, 472; v. 20.3.2001 – VI ZR 325/99, VersR 2001, 876; v. 20.1.2004 – VI ZR 70/03, VersR 2004, 1334; v. 14.2.2006 – VI ZR 322/04, VersR 2006, 1090 Rn 7; v. 20.1.2015 – VI ZR 27/14, VersR 2015, 772 Rn 7 f., v. 10.7.2018 – VI ZR 259/15, juris Rn 6). Lediglich solche Verletzungsfolgen, die zum Beurteilungszeitpunkt noch nicht eingetreten waren und deren Eintritt objektiv nicht vorhersehbar war, an die auch ein mit der Beurteilung des Ausmaßes und der voraussichtlichen weiteren Entwicklung eines Schadens beauftragter Sachverständiger nicht zu denken brauchte, die aber entgegen aller Wahrscheinlichkeit schließlich doch eingetreten sind, mit denen also nicht oder nicht ernstlich gerechnet werden musste und die deshalb zwangsläufig bei der Bemessung des Schmerzensgeldes unberücksichtigt bleiben müssen, werden von dem Klageantrag nicht umfasst und können deshalb die Grundlage für einen Anspruch auf weiteres Schmerzensgeld und Gegenstand eines Feststellungsantrags sein (vgl. BGH, Urt. v. 8.7.1980, a.a.O.; v. 14.2.2006, a.a.O.; v. 20.1.2015, a.a.O.; v. 10.7.2018, a.a.O.).
Ob Verletzungsfolgen im Zeitpunkt der Zuerkennung eines Schmerzensgeldes erkennbar waren, beurteilt sich nicht nach der subjektiven Sicht der Parteien oder der Vollständigkeit der Erfassung des Streitstoffes durch das Gericht, sondern nach objektiven Gesichtspunkten, d.h. nach den Kenntnissen und Erfahrungen eines insoweit Sachkundigen (vgl. BGH, Urt. v. 24.5.1988, a.a.O., v. 7.2.1995. a.a.O.; v. 14.2.2006, a.a.O.). Maßgebend ist, ob sich bereits in jenem Verfahren eine Verletzungsfolge als derart nahe liegend darstellte, dass sie schon damals bei der Bemessung des Schmerzensgeldes berücksichtigt werden konnte (vgl. BGH, Urt. v. 8.7.1980, a.a.O.; v. 24.5.1988, a.a.O.; v. 7.2.1995, a.a.O.; v. 14.2.2006, a.a.O.).
Entscheidend ist demnach, ob ein Geschädigter nach objektiven Maßstäben die konkrete Möglichkeit hatte, den zukünftigen Eintritt einer bestimmten Verletzungsfolge bei der Verfolgung seines Schmerzensgeldanspruchs zu berücksichtigen. Er muss nach Einholung sachkundigen Rats in der Lage sein, zu entscheiden, ob er eine uneingeschränkte Klage erhebt und dabei den Eintritt der Verletzungsfolge als schmerzensgelderhöhenden Faktor geltend macht, oder ob er das Risiko, dass das Gericht die Verletzungsfolge bei der Entscheidung nicht oder nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt, dadurch vermeidet, dass er seine Schmerzensgeldforderung im Wege der offenen Teilklage (vgl. BGH, Urt. v. 20.1.2004 – VI ZR 70/03, juris, Rn 13 ff.) auf die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung eingetretenen Verletzungsfolgen beschränkt und sich so die Möglichkeit einer erneuten Klage für den Fall offen hält, dass die Verletzungsfolge tatsächlich eintritt.
2. Nach diesen Maßstäben ist die Entwicklung zu dem aktuellen Gesundheitszustand der Kl. bereits im Vorprozess objektiv vorhersehbar gewesen und als Möglichkeit sogar konkret vorhergesehen worden.
Dies ergibt sich daraus, dass sie – nach ihren Angaben – weiterhin im Wesentlichen unter derselben Erkrankung leidet wie damals, nämlich unter einer behandlungsbedürftigen Anpassungsstörung im Sinne einer abnormen prolongierten Trauerreaktion und es nicht ohne weiteres zu erwarten war, dass eine Therapie zu einem – vorzeitigen – Behandlungserfolg führen würde.
Ist – wie hier – ein behandlungsbedürftiger Zustand gegeben, so ist die Möglichkeit, dass es zu einem Fehlschlagen der Therapie oder etwa zu einer Chronifizierung kommt, im Rahmen einer Prognose der zukünftigen Entwicklung grds. zu berücksichtigen, weil der sichere Eintritt eines Behandlungserfolgs vielfach nicht unterstellt werden kann. Dabei sind v...