BBUZ § 3 Abs. 2 S. 4
Leitsatz
1. Die Rechtskraft eines Urteils, mit dem der Versicherer zur Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente verurteilt wird, umfasst erst nach dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eintretende Dynamisierungen grundsätzlich nicht.
2. Die Klausel in den AVB des Versicherers einer kombinierten Lebens- und Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, wonach bei Eintritt von Berufsunfähigkeit Leistungen der "Hauptversicherung" dynamisiert werden, schließt für einen verständigen Versicherungsnehmer eine Dynamisierung der Berufsunfähigkeitsrente nach Eintritt des Leistungsfalls aus.
OLG Dresden, Beschl. v. 31.3.2020 – 4 U 2848/19
1 Aus den Gründen:
"… Das LG hat die geltend gemachten Auskunfts- und Leistungsansprüche aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung und den unter Nr. 3 ergänzend gestellten Antrag auf “Beauskunftung und Berücksichtigung' bezüglich der Hauptversicherung im Ergebnis zutreffend abgelehnt."
1. Der Antrag Nr. 1, mit dem eine Dynamisierung der dem Kl. rechtskräftig zugesprochenen Berufsunfähigkeitsversicherung auf 1.545,20 EUR begehrt wird, ist bereits unschlüssig, da sich dieser Betrag unter Berücksichtigung einer jährlichen Dynamisierung von 5 % ab dem 1.11.2007 rechnerisch nicht ergibt und weder erstinstanzlich noch mit der Berufung nachvollziehbar hergeleitet wird.
Ein Anspruch auf eine solche Dynamisierung steht dem Kl. aber ohnehin nicht zu. Wie das LG zutreffend angenommen hat, folgt dies allerdings noch nicht aus der Rechtskraft des Urteils des LG L v. 10.5.2013. Die Rechtskraft beschränkt sich auf den Streitgegenstand des früheren Rechtsstreits, der durch den dortigen prozessualen Anspruch und den ihm zugrunde liegenden Lebenssachverhalt bestimmt wird (st. Rspr., vgl. BGH, NJW 2003, 3058; NJW 1995, 967). Vorliegend war dies die vorgelagerte Frage der Berufsunfähigkeit des Kl. sowie der Zahlungsanspruch ab dem 1.10.2007. Zu möglichen Dynamisierungen hatte sich der Kl. dort nicht erklärt. Vor diesem Hintergrund kommt auch den Ausführungen auf S. 16 des o.a. Urteils keine Bindungswirkung zu. Dort hatte das LG zwar ausgeführt: “Da Berufsunfähigkeit … bereits zum 1.10.2007 eintrat, war der bis zu diesem Zeitpunkt geltende Betrag maßgebend, da die Dynamikanpassung tatsächlich wegen des Eintritts des Leistungsfalls nicht mehr wirksam werden konnte'. Ersichtlich bezogen sich diese Ausführungen jedoch lediglich auf die ab dem 1.11.2007 beanspruchte Dynamisierung auf 1.379,10 EUR. Über die sich daran anschließenden Dynamisierungszeiträume wurde insofern keine Entscheidung getroffen, die Bindungswirkung für das vorliegende Verfahren entfalten könnte (…).
Eine Dynamisierung der Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ist in den vorliegenden Versicherungsbedingungen jedoch an keiner Stelle vorgesehen. Der Versicherungsschein regelt eine solche Anpassung nicht, sondern verweist unter dem Punkt “Dynamische Anpassungen' insofern auf die maßgeblich für die Hauptversicherung geltenden Besonderen Bedingungen für die Rentenversicherung. Dort ist in § 4 Abs. 3 aufgenommen, dass “auch im Leistungsfall Erhöhungen für die Rentenversicherung und eine gfs. eingeschlossene Unfallzusatzversicherung' aufgenommen werden können; eine gleichgelagerte Regelung für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung findet sich dort nicht. In gleicher Weise sieht § 1 Abs. 5 der für die Berufsunfähigkeitsversicherung geltenden Bedingungen B2R lediglich vor, dass bei Eintritt einer BU nur “Leistungen der Hauptversicherung und Unfall-Zusatzversicherung' auf Vereinbarung erhöht werden können. Der durchschnittliche VN wird hieraus bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs auch ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse (…) aus diesem “beredten Schweigen' ohne weiteres entnehmen können, dass Leistungen der BU-Versicherung im Leistungsfall keiner Dynamisierung unterliegen. Zu diesem Verständnis wird er auch deswegen gelangen, weil sowohl der Versicherungsschein als auch die AVB der Bekl. die Dynamisierung der Leistungsansprüche durchgängig mit einer entsprechenden Erhöhung der Beiträge verbinden und damit zum Ausdruck bringen, dass das eine condicio sine qua non für das andere ist. Es liegt angesichts dessen für einen verständigen VN ohne weiteres auf der Hand, dass ihn die Befreiung von der Prämienzahlung während des Leistungszeitraums auch von der weitergehenden Dynamisierung der BU-Rente ausschließt und dass das Leistungsversprechen der Versicherung von vornherein auf die Beträge beschränkt ist, die bis zum Eintritt der Berufsunfähigkeitsversicherung erreicht sind. Dies stellt auch keine überraschende Klausel dar, sondern entspricht dem Leitbild der Berufsunfähigkeitsversicherung. Nach § 3 Abs. 2 S. 4 BBUZ wird eine laufende Berufsunfähigkeitsrente während der Berufsunfähigkeit – abgesehen von etwaigen Erhöhungen aufgrund der Überschussbeteiligung, die hier nur für die Hauptversicherung, nicht aber für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung vorgesehen war...