Leitsatz (amtlich)
1. Die Rechtskraft eines Urteils, mit dem der Versicherer zur Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente verurteilt wird, umfasst erst nach dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eintretende Dynamisierungen grundsätzlich nicht.
2. Die Klausel in den AVB des Versicherers einer kombinierten Lebens- und Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, wonach bei Eintritt von Berufsunfähigkeit Leistungen der "Hauptversicherung" dynamisiert werden, schließt für einen verständigen Versicherungsnehmer eine Dynamisierung der Berufsunfähigkeitsrente nach Eintritt des Leistungsfalls aus.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 03 O 1364/19) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
Gründe
Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Klägers bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht. Das Landgericht hat die geltend gemachten Auskunfts- und Leistungsansprüche aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung und den unter Nr. 3 ergänzend gestellten Antrag auf "Beauskunftung und Berücksichtigung" bezüglich der Hauptversicherung im Ergebnis zutreffend abgelehnt.
1. Der Antrag Nr. 1, mit dem eine Dynamisierung der dem Kläger rechtskräftig zugesprochenen Berufsunfähigkeitsversicherung auf 1.545,20 EUR begehrt wird, ist bereits unschlüssig, da sich dieser Betrag unter Berücksichtigung einer jährlichen Dynamisierung von 5 % ab dem 1.11.2007 rechnerisch nicht ergibt und weder erstinstanzlich noch mit der Berufung nachvollziehbar hergeleitet wird.
Ein Anspruch auf eine solche Dynamisierung steht dem Kläger aber ohnehin nicht zu. Wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, folgt dies allerdings noch nicht aus der Rechtskraft des Urteils des Landgerichts Leipzig vom 10.5.2013 (3 O 1714/09). Die Rechtskraft beschränkt sich auf den Streitgegenstand des früheren Rechtsstreits, der durch den dortigen prozessualen Anspruch und den ihm zu Grunde liegenden Lebenssachverhalt bestimmt wird (st. Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 26. Juni 2003 - I ZR 269/00 - NJW 2003, 3058 unter II 1 a; vom 11. November 1994 - V ZR 46/93 - NJW 1995, 967 unter II 1). Vorliegend war dies die vorgelagerte Frage der Berufsunfähigkeit des Klägers sowie der Zahlungsanspruch ab dem 1.10.2007. Zu möglichen Dynamisierungen hatte sich der Kläger dort nicht erklärt. Vor diesem Hintergrund kommt auch den Ausführungen auf S. 16 des o.a. Urteils keine Bindungswirkung zu. Dort hatte das Landgericht zwar ausgeführt: "Da Berufsunfähigkeit. bereits zum 1.10.2007 eintrat, war der bis zu diesem Zeitpunkt geltende Betrag maßgebend, da die Dynamikanpassung tatsächlich wegen des Eintritts des Leistungsfalls nicht mehr wirksam werden konnte". Ersichtlich bezogen sich diese Ausführungen jedoch lediglich auf die ab dem 1.11.2007 beanspruchte Dynamisierung auf 1379,10 EUR. Über die sich daran anschließenden Dynamisierungszeiträume wurde insofern keine Entscheidung getroffen, die Bindungswirkung für das vorliegende Verfahren entfalten könnte (vgl. allgemein zur Abgrenzung nicht bindender Vorfragen BGH, Urteil vom 24.06.1993 - III ZR 43/92 - juris; (Zöller/Vollkommer, ZPO, 33. Aufl. vor § 322 Rz. 28).
Eine Dynamisierung der Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ist in den vorliegenden Versicherungsbedingungen jedoch an keiner Stelle vorgesehen. Der Versicherungsschein regelt eine solche Anpassung nicht, sondern verweist unter dem Punkt "Dynamische Anpassungen" insofern auf die maßgeblich für die Hauptversicherung geltenden Besonderen Bedingungen für die Rentenversicherung (B3R). Dort ist in § 4 Abs. 3 B3R aufgenommen, dass "auch im Leistungsfall Erhöhungen für die Rentenversicherung und eine gfs. eingeschlossene Unfallzusatzversicherung" aufgenommen werden können; eine gleichgelagerte Regelung für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung findet sich dort nicht. In gleicher Weise sieht § 1 Abs. 5 der für die Berufsunfähigkeitsversicherung geltenden Bedingungen B2R lediglich vor, dass bei Eintritt einer BU nur "Leistungen der Hauptversicherung und Unfall-Zusatzversicherung" auf Vereinbarung erhöht werden können. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird hieraus bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs auch ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse (vgl. allgemein zur Auslegung von AVB BGH, Urteil vom 03.07.2002 - IV ZR 145/01 Rz. 25 m.w.N. - nach juris) aus d...