Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückwirkend befristetes Anerkenntnis in der Berufsunfähigkeitsversicherung
Leitsatz (amtlich)
1. Ein - grundsätzlich nicht zulässiges - rückwirkend befristetes Anerkenntnis liegt auch vor, wenn die gesamte danach zu leistende Berufsunfähigkeitsrente im Zeitpunkt des Zugangs des Anerkenntnisschreibens beim Versicherungsnehmer bereits zur Zahlung fällig ist. Es handelt sich dann um ein unbefristetes Anerkenntnis.
2. Zu den Anforderungen an die Begründung einer "uno actu" mit einem derartigen Anerkenntnis erfolgenden Leistungseinstellung (Fortführung von Senat, NJW 2024, 1883).
Normenkette
VVG § 172 Abs. 1, §§ 173-174
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 28.03.2024; Aktenzeichen 11 O 2679/22) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 28.03.2024, Az. 11 O 2679/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
I. Die Parteien streiten über weitergehende Ansprüche aus drei selbstständigen Berufsunfähigkeitsversicherungen, die der Kläger seit den Jahren 2008, 2009 und 2010 bei der Beklagten unterhält (Anlagenkonvolut K 1).
Mit einem am 24.01.2020 unterzeichneten Antragsformular machte der zuletzt als Berufsfußballer tätige Kläger gegenüber der Beklagten Ansprüche aus den drei Versicherungsverträgen geltend (Anlage K 2).
Unter dem 25.03.2020 sandte die Beklagte dem Kläger zu allen drei Versicherungsverträgen jeweils ein Schreiben, in dem es u.a. hieß:
"Sie erhalten vom 01.08.2019 bis zum 31.03.2020 befristet Leistungen gemäß § 9 (1) der allgemeinen Versicherungsbedingungen der Tarifgruppe SBU ... aus Ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung.
Für die Dauer der Berufsunfähigkeit brauchen Sie zu diesem Vertrag keine Beiträge mehr zu zahlen. Außerdem erhalten Sie eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente von ... Euro.
...
Telefonisch teilten Sie mit, dass Sie gesundheitlich wieder dazu in der Lage sind, Ihrer Tätigkeit als Berufssportler nachzugehen. Nachdem Sie seit Anfang März nicht mehr arbeitsunfähig geschrieben sind, konnten Sie wieder mit dem Training beginnen und sollten auch wieder regulär an Auswärtsspielen teilnehmen. Unsere Leistungen erbringen wir daher bis zum 31.03.2020. Über diesen Zeitpunkt hinaus liegt keine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit mehr vor."
Der Kläger begehrt Leistungen aus den drei Berufsunfähigkeitsversicherungen für den Zeitraum April 2020 bis (einschließlich) Januar 2022. Seine erstinstanzlichen Klageanträge waren zuletzt auf Zahlung von 61.828,14 EUR sowie auf Feststellung der Verpflichtung zur Abrechnung und Auszahlung der sich aus der Überschussbeteiligung ergebenden Zusatzrente gerichtet. Ferner verlangte er Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.085,92 EUR.
Das Landgericht hat dieser Klage ohne Beweisaufnahme überwiegend stattgegeben. Es hat die Beklagte zur Zahlung von 57.380,71 EUR und zu der begehrten Freistellung verurteilt. Außerdem hat das Landgericht festgestellt, dass die Beklagte zur Abrechnung und Auszahlung der sich aus der Überschussbeteiligung ergebenden Zusatzrente verpflichtet sei. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei den Schreiben der Beklagten vom 25.03.2020 um unzulässig rückwirkend befristete Anerkenntnisse handele. Diese Schreiben könnten zwar in Änderungsmitteilungen umgedeutet werden, sie erfüllten jedoch nicht die formellen Voraussetzungen.
Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiterverfolgt. Der Kläger nimmt sein Teil-Unterliegen hin.
II. Der Senat ist gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich an die in erster Instanz festgestellten Tatsachen gebunden. Durchgreifende und entscheidungserhebliche Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellungen ergeben sich nicht. Die maßgeblichen Tatsachen rechtfertigen keine von der des Landgerichts abweichende Entscheidung und dessen Entscheidung beruht auch nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 513 Abs. 1 ZPO).
Zu Recht und mit überzeugender Begründung hat das Landgericht der Klage in dem tenorierten Umfang stattgegeben. Mit den hiergegen erhobenen Einwendungen kann die Berufung nicht durchdringen.
1. Streitgegenständlich sind Leistungen aus drei von dem Kläger bei der Beklagten gehaltenen selbständigen Berufsunfähigkeitsversicherungen in den Tarifen "SBU 08" bzw. "SBU 09". Da die maßgeblichen Klauseln in den jeweils geltenden Bedingungswerken (im Folgenden: AVB-BU; Anlagenkonvolut K 1) und der Wortlaut der Schreiben der Bekla...