Entscheidungsstichwort (Thema)
Verjährung des Stammrechts in der Berufsunfähigkeitsversicherung
Leitsatz (amtlich)
In der Berufsunfähigkeitsversicherung beginnt die Verjährung des Stammrechts auch dann mit dem Ende des Jahres, in dem die Leistungseinstellung im Nachprüfungsverfahren mitgeteilt wird, wenn sie zugleich mit dem Anerkenntnis erfolgt ("uno-actu-Entscheidung"). Ob diese Einstellungsmitteilung den inhaltlichen Mindestanforderungen genügt, ist für den Verjährungsbeginn nicht maßgeblich.
Normenkette
BGB § 194 Abs. 1, § 199 Abs. 1; VVG § 173 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 13.12.2023; Aktenzeichen 11 O 367/23) |
Gründe
I. Die Parteien streiten über Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung, die der Kläger seit Dezember 2006 bei der Beklagten unterhält (Anlage K 1).
Dem Vertrag, der eine Versicherungsdauer von 33 Jahren vorsieht, liegen die Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für die Berufsunfähigkeitsversicherung (im Folgenden: AVB-BU; Anlage K 2) zugrunde. Die Parteien haben eine jährliche Dynamisierung des Beitrags und der garantierten Versicherungsleistung vereinbart (Anlage B 1). Für den Fall einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit sind die Zahlung einer monatlichen Rente von zuletzt 924,43 EUR und die Befreiung von der Beitragszahlungspflicht (zuletzt monatlich 122,56 EUR; Anlage K 11) vorgesehen.
Am 10.05.2013 beantragte der seinerzeit als Aufzugmonteur tätige Kläger Leistungen aus der streitgegenständlichen Versicherung, weil er infolge eines Unfalls vom 13.12.2012 an beiden Füßen verletzt und berufsunfähig geworden sei (Anlage B 3). Die Beklagte trat daraufhin in die Leistungsprüfung ein und teilte dem Kläger mit Schreiben vom 16.04.2014 mit, dass sie ihre Eintrittspflicht ab dem 01.01.2013 anerkenne (Anlage K 3). In dem gleichen Schreiben erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger Folgendes (Hervorhebung im Original):
"Nach den uns vorliegenden Unterlagen sind ab dem 23. August 2013 aufgrund einer innerbetrieblichen Umsetzung wieder als Servicetechniker tätig. Im Hinblick auf die gesundheitliche Verbesserung und der zum 23. August 2013 konkret aufgenommenen Tätigkeit, die Sie aufgrund der Ausbildung und Erfahrung ausüben können, sind die Leistungsvoraussetzungen ab diesem Zeitpunkt nicht mehr gegeben und wir haben daher zum 01. September 2013 die Rentenzahlungen gleichzeitig wieder eingestellt."
Anschließend leistete die Beklagte an den Kläger eine Rentennachzahlung für 8 Monate in Höhe von insgesamt 5.270,32 EUR.
Der Kläger nahm diese Leistungseinstellung hin und beanspruchte zunächst keine weiteren Zahlungen. Am 08.08.2022 informierte er die Beklagte über die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses sowie über eine orthopädische und physiotherapeutische Behandlung. Daraufhin übersandte ihm die Beklagte ein Antragsformular für die Anmeldung eines Versicherungsfalles (Anlage B 7).
Der Kläger macht geltend, dass die Beklagte ihm aufgrund des Leistungsanerkenntnisses vom 16.04.2014 eine Berufsunfähigkeitsrente schulde. Die in dem Schreiben gleichzeitig vorgenommene Einstellung dieser Leistungen zum 01.09.2013 sei unwirksam, da sie nicht den formalen und materiellen Anforderungen einer Entscheidung im Nachprüfungsverfahren genüge.
Er verlangt die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente für den Zeitraum Januar 2019 bis Dezember 2020 in Höhe von insgesamt 18.810,96 EUR sowie Beitragserstattung für den gleichen Zeitraum in Höhe von insgesamt 2.687,77 EUR. Ferner fordert der Kläger Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.295,43 EUR (Anlage K 14).
Das Landgericht hat diese Klage ohne Beweisaufnahme vollständig abgewiesen. Es hat dabei im Wesentlichen darauf abgestellt, dass mögliche Ansprüche des Klägers verjährt seien. Die Verjährungsfrist von drei Jahren habe mit dem Ende des Jahres 2014 zu laufen begonnen, nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 16.04.2024 ihre Leistungsablehnung für alle nach dem 01.09.2013 datierenden Rentenansprüche des Klägers unmissverständlich zum Ausdruck gebracht habe. Ob die zugleich mit dem Anerkenntnis erfolgte Mitteilung über die Leistungseinstellung den formellen und materiellen Anforderungen genügt habe, sei für den Verjährungsbeginn nicht maßgeblich. Anderenfalls müsste ein weit zurückliegender Sachverhalt aufgeklärt werden und es würde eine erhebliche Rechtsunsicherheit eintreten.
Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgt.
II. Der Senat ist gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich an die in erster Instanz festgestellten Tatsachen gebunden. Durchgreifende und entscheidungserhebliche Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellungen ergeben sich nicht. Die maßgeblichen Tatsachen rechtfertigen keine von der des Landgerichts abweichende Entscheidung und dessen Entscheidung beruht auch nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 513 Abs. 1 ZPO).
Zu Recht und mit überzeugender Begründung hat das Landgericht einen Anspruch des Klägers gegen die Bek...